Veranstaltung

Berlin: Tag und Nacht transmediale.06 ++reality addicts++club transmediale.06++special exhibition: gaesteliste +1

Die transmediale.06 ist Tag und Nacht im Gange. Die Zentren des Festivals, die Akademie der Künste am Hanseatenweg (tagsüber) und die Maria am Ostbahnhof (nachts, Veranstaltungsort des club transmediale.06) sind rege besucht. Mit Warteschlangen an der Kasse muss man tagsüber wie nachts rechnen, das Angebot des Festivals ist jedoch dementsprechend hochwertig und umfangreich.

Was läuft tagsüber?

Das Thema der diesjährigen Transmediale, „Reality Addicts“, also die Abhängigkeit von und die Sucht nach Realitäten sowie die Zusammenhänge zu einem Humor, der diese Wirklichkeiten unterläuft, sind Thema der Konferenz (5 Panels, 4 Einzelvorträge), der Ausstellung „Smile Machine“ und des Bereichs „Film und Video“, der sich wiederum in zehn Programme unterteilt. Jeden Tag erwarten die Besucher zwei bis drei filmische Schwerpunkte wie zum Beispiel „imagine native“ am Montag, wo in Anlehnung an das jährlich in Toronto stattfindende Festival, das sich als Plattform für künstlerische Arbeiten von „First Nations Canadians“ und indigener Völker weltweit versteht, mehrere Filme gezeigt werden. Weitere filmische Schwerpunkte sind „collateral surface“ am Sonntag, „close distances“ am Dienstag u.s.w.
Der „Salon“, die Plattform der transmediale.06 für künstlerische Projekte der Gegenwart, lädt täglich zu Podiumsdiskussionen zu aktuellen Fragen der Kunst und der digitalen Kultur. Kuratoren wie Kritiker beleuchten Kunstszenen einzelner Länder, Künstlerinnen und Künstler der Smile Machines Ausstellung sprechen über ihre Werke und am Abend beschließen performative Auftritte das Programm.

Sprechen die genannten Programmpunkte zu einem Großteil ein interessiertes Fachpublikum sowie die Kunstschaffenden selbst an, bietet die Ausstellung Smile Machine auch einem breiteren Publikum interessante Einblicke in und Anknüpfungspunkte an das gegenwärtige Kunstgeschehen.
Viele der Kunstwerke laden den Besucher zur Interaktion ein. So begab sich beispielsweise eine der Ausstellenden, Agnes Meyer-Brandis, auf die (fiktive) Suche nach unterirdischen Eisbergen. Per Mausklick kann der Besucher selbst die Sonde steuern, die in die Tiefe der Erde führt. (Ihr Beitrag ist für den transmediale.06 award nominiert).


Auf der Suche nach dem unterirdischen Eisberg (Ausstellung Smile Machines, Agnes Meyer-Brandis: SGM Iceberg Probe)


Petit Mal von Simon Penny und The Helpless Robot von Norman White animieren ebenfalls zum Agieren und Reagieren: Petit Mal, eine kistenartige Konstruktion mit Eisengriffen auf einem Drehgestell, lädt den Besucher ein, ihn zu bewegen und reagiert darauf, indem er nach jeder Berührung immer harscher werdende Befehle gibt. Der Helpless Robot, ein rollstuhlähnliches Konstrukt, reagiert ebenfalls sensibel auf seine Umgebung – die menschenähnlichen Situationen, die so zustande kommen, können durchaus den Besucher selbst, der erschrocken zurückweicht oder neugierig nähertritt, zum Gegenstand des Humors machen.

Interessant auch die zahlreichen Videos und Installationen: Das Video von Tamy Ben-Tor zeigt eine Folge von tabubrechenden Parodien über Hitler, allesamt von Frauen gespielt und darauf ausgelegt, die Verlegenheit des Zusehers selbst aufzuzeigen, der das Tabu bricht und sich beim Lachen „erwischt“.


Ein weiteres politisch brisantes Projekt präsentieren The Yes Men mit ihrer Video-Dokumentation "Dow does the right thing", das die Künstler in gefakter Identität bei einem Vortrag vor Bankiers und Unternehmern in leitender Position zeigt, um diesen eine revolutionäre Technik zu präsentieren: Diese soll den „akzeptierbaren Grad an Risiken“ berechnen, mit dem ein Unternehmen in verschiedenen Ländern rechnen muss, und zwar insbesondere was den Verlust von Menschenleben betrifft. Die zustimmende Reaktion des Publikums regt nicht nur zum Nachdenken an, sondern ist erschreckend.

transmediale.06 bei Nacht: Being Bold! und die Ausstellung Gästeliste +1

Neben dem umfassenden Programm bei Tag findet auch heuer wieder parallel dazu nachts der club transmediale statt. Being Bold! lautet das Motto, dieses meint „kühn, frech, heftig, unerschrocken, wagemutig, unverschämt und drastisch“ und soll das Wesen guter Underground Musikkultur bezeichnen. Metal is Back! heisst es beispielsweise am Sonntag, wenn Blindsnake, Next Life, Orthreim und Al Naafiysh auf der Mainstage des MAO auftreten und eine Aufsprengung des Genres in Angriff nehmen. Experimentelle elektronische Musik von Francisco Lopez und Guy Tavares gibt es am selben Abend auf der Second Stage zu hören. In absoluter Dunkelheit...


Bis 11. Februar werden nun jeden Abend andere KünstlerInnen ihre musikalischen Projekte im MAO präsentieren. Korrespondierend dazu findet die Ausstellung Gästeliste +1 im „General Public“ am Prenzlauer Berg statt, die Fotografien von Martin Eberle, Marco Microbi und Remco Schuurbiers sowie Audio- und Videoaufnahmen der vergangenen 6 Festivalausgaben zeigt. Der Platz auf der Gästeliste als vermeintlicher Garant für ein besonderes Erlebnis ist auch verbunden mit dem Zugang zum Clubheiligtum: Dem Backstagebereich. Eberle, Microbi und Schuurbiers zeigen eine andere Seite des Berliner Clublebens. Gezeigt werden Aufnahmen von Künstlern kurz nach ihrem Auftritt, während der Performance, Absurditäten des Clublebens oder einfach der Veranstaltungsraum: Auch ohne Gäste. Der Kamera-Roboter „Dokumat 500“ ist heuer während den Veranstaltungen unterwegs und erstellt automatisierte Zufallsaufnahmen.


Friederike Schwabel - Berlin Redaktion, 4. Februar 2006
ID 00000002232
club transmediale.06

Single Night-Ticket:
8–15.- €

3-Day-Ticket:
> 30.- €

An der Abendkasse (Maria am Ostbahnhof) oder in der Akademie der Künste erhältlich
Tel. 49/(0)30/200 57 2000
von 11.00 bis 20.00 Uhr

GÄSTELISTE +1

Ausstellung mit Arbeiten von Martin Eberle [DE] / Marco Microbi [DE] / Remco Schuurbiers [NL/DE] / Niklas Roy [DE]

Öffnungszeiten: 2–11/02 > 14–19:00
// General Public > Schönhauser Allee 167c, 10435 Berlin


Weitere Infos siehe auch: http://www.clubtransmediale.de/