 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
 |
Das Engagement des Deutschen Musikrats für Neue Musik ist nicht hoch genug zu loben, und angesichts der gelungenen Werkauswahl Ernst August Klötzkes auf der aktuellen WERGO-CD kommt überschwängliches Lob leicht über die Lippen. Denn die verdienstvolle Reihe "Edition Zeitgenössische Musik" ist damit fraglos um eine kostbare Perle bereichert worden! Die nicht einfache Aufgabe eines Portraits wurde gelöst, indem für die Zusammenstellung eine Komposition für Frauenchor aus dem Jahre 1999, ein Werk für Schlagquartett (ebenfalls 1999 uraufgeführt) und ein Musikstück für Klavier und Tonband aus 1995 ausgewählt wurden. Auch eine CD mit der soliden Spieldauer von mehr als einer Stunde kann das umfangreiche Schaffen des 1964 geborenen Komponisten nur in bescheidener Weise dokumentieren. Aber in Zusammenwirken mit den kompetenten Kommentaren im Booklet rundet sich die Produktion zu dem vom Deutschen Musikrat formulierten Anspruch, einen Einblick in die Entwicklung jüngster Musik zu geben. Mehr noch! Die Summe der nun auf Tonträger zu hörenden Werke ist keine bloße, längst überfällige Präsentation, die den Katalog um einen Komponisten-Namen erweitert, sondern macht nachdrücklich auf einen höchst interessanten Tonschöpfer aufmerksam und weckt zugleich Neugierde auf Mehr. Klötzke, der zeitgleich Lesen, Schreiben und Klavierspielen lernte und kurze Zeit später bereits zu komponieren begann, war später Kompositionsschüler von Nicolaus A. Huber. Er schrieb für das Hessische Staatstheater Wiesbaden Schauspielmusiken (z.B. Woyzeck, Romeo und Julia, Die Räuber) und Ballettmusik sowie unter anderem Auftragswerke für den SDR Stuttgart und für das Westfälische Sinfonieorchester (UA Recklinghausen). Seit 1998 ist Klötzke neben seiner Tätigkeit als künstlerischer Leiter der "musik theater werkstatt" auch Dramaturg am Wiesbadener Staatstheater. Klötzkes Kammeroper "Die Legende vom armen Heinrich" mit dem Libretto von Tankred Dorst wurde im Dezember 2001 in Wiesbaden mit großem Erfolg uraufgeführt. Bei einer so engen Verbindung zur Bühnenwelt vermag es nicht zu überraschen, dass sich seine musikalischen Ideen oftmals an Dichtungen und klassische Traditionen entzünden und dann zu einem Feuer aus "avantgardistischem Übermut und lyrischer Verrätselung" auflodern. Unter Verwendung einer Vorfassung von Hölderlins Gedichts "Menons Klage um Diotima" behandelt das bizarre Chorwerk "Time Lag" in spielerischer Weise Aspekte von Raum und Zeit und hinterfragt die Aufgabe von Perfektion und Bedeutung. Die Komposition für Schlagquartett "Tautolos´ stummer Briefträger (EWG)" ist ein Beispiel sowohl für die musikalische als auch für die theatralische Intentionen in Klötzkes musikalischem Schaffen. Der nach Wunsch des Komponisten in Szene zu setzende musikalische Wettkampf erschließt sich den Hörern der CD freilich nur durch die hilfreiche Beschreibung im einführenden Kommentar. Das eigentlich aus zwei Teilen bestehende effektvolle Werk für Klavier und Tonband "Dies Gesicht (Facies Nigra I)" zielt in Struktur und Wirkung auf ein verblüffendes Resultat. Der mittels Tonband und Mikrofonen aufgezeichnete sparsame und ungewöhnliche Klaviervortrag ermöglicht im zweiten Teil des Musikwerks als rückwärts abgespielte Aufnahme dem Pianisten den Dialog mit seiner eigenen musikalischen Interpretation. Die verfremdeten Klavierklänge, die neben der teilweisen elektrotechnischen Umsetzung sicher auch ein hervorragendes Musikinstrument und außergewöhnliche pianistische Fähigkeiten erfordern, sind Bestandteil eines gespenstisch anmutenden Traumprotokolls. (Schon alleine diese Aufnahme macht den Kauf der CD zu einem Muss!) v.-red. / 01. Januar 2002 |
 |
|
