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Konzertkritik

Misa Azteca / Requiem

Werke von Joseph Julian Gonzalez und Mark Hayes


Bewertung:    



Mit Händels Saul, Ein deutsches Requiem von Brahms, Bruckners Messe in f-Moll und seinem Te Deum sowie Schuberts Lazarus war auch die 13. Ausgabe des Festivals Internazionale di Musica e Arte Sacra wieder der deutschen Musik gewidmet. Doris Hagel, Leo Kraemer und Ingo Metzmacher standen beispielsweise am Pult, aber auch von den Solisten kamen viele aus Deutschland. Gestern abend allerdings wurde diese "Linie" unterbrochen, und in der Basilica Sant’Ignazio di Loyola waren zwei zeitgenössische (süd)-amerikanische Werke zur Aufführung gebracht:

Die Misa Azteca von Joseph Julian Gonzalez und das Requiem von Mark Hayes.

*

Der amerikanische Komponist Joseph Gonzalez hat seine Misa Azteka 1997 komponiert. Uraufgeführt wurde diese musikalische Zelebration für Orchester, Chor und Solisten in sieben Sätzen ein Jahr später beim renommierten El Cervantino Festival in Guanajuato, Mexiko. In diesem Oratorium vermischen sich zwei Kulturen und Religionen zu einer unschlagbaren Symbiose. Mit indianischem Trommelgedonner geht es los, und dann bricht auch gleich der Chor, der mindestens aus 80 Sängern besteht, mit auf. Das spanisch-aztekisch gesungene Kyrie wird durch ein pompös-melodisches Gloria für Chor und Tenor in lateinischer Sprache abgelöst. Der Bariton Victor Chan kommt aus Mexiko und hatte Mühen, mit der nachhallenden Kuppelakkustik klarzukommen... Gewaltig und an Orff erinnerend: das Graduale für Chor und Soprano - es ist komplett in der für uns absolut nicht nachvollziehbaren Azteken-Sprache verfasst. Als Material hierfür hielten mexikanische Cantares her, die aus einem Manuskript aus dem 16. Jahrhundert stammen... Charisma Millers hohe klare Stimme setzt sich besser durch als die der Mezzosopranistin Linda Scott. Das Credo gehört dem Tenor und ist wieder in spanisch-lateinischer Sprache verfasst. Es ruft Reminiszenzen an die mexikanische Volksmusik hervor und ist sehr rhythmisch. Das rauschende Sanctus, das dann erstmals zeitgenössische Passagen birgt, ertränkt die Mezzo-Solistin fast komplett. Vielleicht haben die ersten drei Reihen auf den pompösen Stühlen mehr gehört. Dann und wann wirft die dynamische und quirlige Dirigentin aus Chicago, Teresa Russel, den Kopf zurück, um den Solisten, die vor ihr stehen, verzweifelte Blicke zuzuwerfen, um sie mit den verrückt spielenden Trommeln wieder zu vereinen. Es hörte sich aber trotzdem toll und doch wieder gewollt an. Das Agnus Dei wird daraufhin von aztekischen Kriegstrommeln eingeleitet, und man darf sich so allerlei religiös-pagane Rituale vorstellen; es gehört dem Chor, Tenor und Sopran. Beim letzten Teil, Ite Misa Est, hatten dann wieder Orff und Strawinsky Pate gestanden. Nach einer progressiv aufgebauten Spannung ging dieses bombastische Werk mit Trommelhagel zuende. Im Programmheft stand auch, dass Gonzalez von Bachs H-Moll-Messe beeinflusst war. Das habe ich nicht gehört – mag aber an der Akustik gelegen haben.

* *

Religiöse zeitgenössische Musik hat oft auch etwas konventionellere Züge, es soll ja die Kirchgänger nicht verschrecken. Das hat sich auch beim zweiten Werk gezeigt. Der 1953 geborene amerikanische Komponist Mark Hayes dirgierte selber sein Requiem, das 2013 in New York im Lincoln Centre uraufgeführt wurde. Er hat sich auch nicht so richtig an Atonales und Disharmonisches gewagt, sondern gründlich die verschiedenen Requiems von Mozart, Brahms, Faure und Duruflé studiert - und das hat man auch gehört... Hayes vertonte nur sechs der zwölf traditionellen Texte eines Requiems. Traditionell lösen sich Trauer, Angst, Wut, Frieden und Hoffnung ab. Nach dem wehmütigen Requiem ein lieblich-helles und klassisch-herkömmliches Kyrie, abgelöst von einem sehr zornig-wütigen und ein wenig jazzigem Dies Irae für Chor und Bariton, der Rest dieser Komposition ist nur für Orchester und Chor gedacht. Eine interessante Rhythmusänderung kündigt das Sanctus an, bei dem ein sich wiederholendes liebliches Glockenspiel vorherrscht. Sein Agnus Dei ist reizend und seicht und hört sich wie Filmmusik zu einer Rosamunde-Pilcher-Schnulze an: hoffnungsvoll und kuschelig. Leuchtend und sehnsuchtsvoll in C-Dur: das Lux aeterna. 

Mit weit ausschweifenden Melodien und permanent sich verändernden und neu entwickelnden Tonarten fängt er die gesamte Spannweite der Emotionen und spirituellen Erleuchtung ein. Hayes hat das Werk seinen Eltern gewidmet.

Musiziert hat das Orchestra Roma Sinfonietta, das mir unter Teresa Russell fast besser gefallen hat. Der Chor war aus verschiedenen amerikanischen Chören zusammengewürfelt.



Foto (C) Christa Blenk


Christa Blenk - 28. Oktober 2014
ID 8203
Weitere Infos siehe auch: http://www.fondazionepromusicaeartesacra.net


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