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Premierenkritik

Fliegendes

Holländer-

schiff



Randall Jakobsh (als Daland) und Iain Paterson als Der fliegende Holländer an der Oper Leipzig | Foto (C) Tom Schulze

Bewertung:    



Beim letzten Fliegenden Holländer an der Oper Leipzig vor zehn Jahren (unter der Regie des damals erst 29jährigen Michael von zur Mühlen) muss es ziemlich rund gegangen sein, die BILD-Zeitung schrieb damals: "Eine Frau beschmiert sich die Arme mit Blut, eine echte Stripperin steht halb nackt auf der Bühne, im Hintergrund läuft ein Ekel-Video." usw. Futter für'n Skandal also, als welcher dann die Inszenierung - auch oder v.a. wegen der als Filmeinsprengsel aufgezeigten Kampfhundeattacken oder Schlachthausszenen - unverzüglich wieder abgesetzt wurde. Ich war nun damals leider nicht vor Ort, um die Geschehnisse "rein objektiv" und sachdienlicher Weise zu bewerten; aber macht ja nix, dafür gibt's halt die BILD, um das dann nachzulesen...

*

Aktuell - und in der Inszenierung und dem Bühnenbild von Michiel Dijkema - tut Biedermeierisches dominieren, was nicht ganz verkehrt zu seien scheint, denn Richard Wagner schrieb sein ungestümes Jugend-Ding in den vorrevolutionären 1840ern, nachdem er seiner Dirigentenanstellung in Riga urplötzlich verlustig wurde und (auch auf der Flucht vor seinen Gläubigern) über die Ostsee Richtung London segelte. "Die länger als zwei Wochen dauernde Reise war durch stürmische See verzögert worden, das Schiff geriet fast in Seenot." Sowieso (schreibt Wikipedia) hätte diese Überfahrt "ihm Stimmung und Charakter der Sage vor Augen" geführt, ihn also zu dem Holländer gewissermaßen inspiriert. Noch mehr als das könnten am Ende sogar Heinrich Heines unterschiedliche fliegende Holländer-Auslassungen (z.B. Aus den Memoiren des Herren von Schnabelewopski) ideenprägend für den später immer passionierter werdenden Antisemiten gewesen sein. Und nicht von ungefähr greift die Regie daher mit einigen auf stockgefleckter Buchseitentapete vorgeschlagenen Zitaten auf besagtes "Traumgespann" (Heine & Wagner) fingerzeigerisch zurück...

Spektakulärer freilich und noch viel, viel, viel beeindruckender:

Die mit einem Mal und so wohl nicht erwartbar gewesene Hervorbrechung des dreimastigen, sechssegligen Riesen-Holländer-und-Geister-Schiffes überm offenen Orchestergraben bis weit ins Parkett hinein - so etwas Spektakuläres habe ich in meinem ganzen Wagneropern-Liveerleben nie vorher gesehen; es gab hierfür Szenenapplaus, und die Smartphones fingen (völlig ungeachtet ihres urheberrechtlich bedingten Foto-Film-Verbots) zu knipsen und zu filmen an. Sensationeller bühnenbildnerischer Coup!!!!!




Der fliegende Holländer mit seinem überdimensionalen Geisterschiff in der Regie (und mit dem Bühnenbild!) von Michiel Dijkema - an der Oper Leipzig | Foto (C) Tom Schulze


* *

Ulf Schirmer hat die dreiaktige und durch jeweilige Akt-Abschlüsse auffallende Fassung letzter Hand gewählt, was all diejenigen rein hörerisch befremdet haben dürfte, die die ungleich zwingendere und auch "flüssigere" pausenlose Variante (Urfassung?) des Holländers bis da bevorzugt haben könnten.

Das Gewandhausorchester Leipzig ist um balanciertes Laut und Leise regelrecht bemüht; obsiegt haben "natürlich" die Crecsendi hin zum Forte und Fortissimo - das wiederum schlägt sich nicht unspürbar auf die hierdurch geschund'nen Stimmbänder Christiane Libors (Senta) und Ladislav Elgrs (Erik) nieder. Am gekonntesten kommt Iain Paterson (Holländer), rein vom Stimmtechnischen her, mit sich und seiner Rolle klar; besonders unaustauschbar-individuell klingt das jedoch dann auch nicht. Randall Jakobsh (Daland) und Karin Lovelius (Mary) überzeugen in der Ganzheit ihrer Darbietung am ehesten; Dan Karlström (Steuermann) fällt wenig auf und stört sodurch auch nicht.

Grandios, genialisch: Chor + Zusatzchor der Oper Leipzig (Einstudierung: Thomas Eitler-de Lint)!!

Total-Begeisterung am Schluss; rhythmisches Klatschen.

Andre Sokolowski - 31. März 2019
ID 11316
DER FLIEGENDE HOLLÄNDER (Oper Leipzig, 30.03.2019)
Musikalische Leitung: Ulf Schirmer
Inszenierung und Bühne: Michiel Dijkema
Kostüme: Jula Reindell
Licht: Michael Fischer
Choreinstudierung: Thomas Eitler-de Lint
Dramaturgie: Elisabeth Kühne
Besetzung:
Senta ... Christiane Libor
Mary ... Karin Lovelius
Daland ... Randall Jakobsh
Erik ... Ladislav Elgr
Der Steuermann ... Dan Karlström
Der Holländer ... Iain Paterson
Opernchor, Zusatzchor und Komparserie der Oper Leipzig
Gewandhausorchester Leipzig
Premiere war am 30. März 2019.
Weitere Termine: 22.04. / 12., 17., 30.05. / 10.06.2019


Weitere Infos siehe auch: http://www.oper-leipzig.de


http://www.andre-sokolowski.de

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