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CD-Besprechungen:

LES BABACOOLS

Compañeros 36


Wenn eine durch zahlreiche Auftritte zu regionalem Bekanntheitsgrad aufgestiegene Live-Band (eine Bandbiographie berichtet in dezenter Übertreibung von “Trilliarden Live-Auftritten“ seit dem Gründungsjahr 1991) wie „Les Babacools“ für ein Jahr ins Studio geht, besteht das größte Problem darin, die musikalische Energie, Spontaneität und Lebensfreude, die die neunköpfige Band laut Aussagen begeisterter Fans im Übermaß auf der Bühne auszeichnet, über einen langen, komplizierten und arbeitsteiligen Aufnahmeprozess, wie er heute in jedem Digitalstudio gegeben ist, zu erhalten und nunmehr in das reduzierte Format einer CD in authentischer Qualität zu transferieren. Ein zumindest nicht leichtes wenn nicht gar unmögliches Unterfangen! Nun die Gesetze des Marktes verlangen es so, und wer kann es sich schon erlauben ihnen zu widerstehen. Dem Fan, noch vom Nachbeben eines dionysischen „Les Babacools“-Konzertes überwältigt, sitzt halt das Portemonnaie lockerer, als wenn er sich im Plattenladen einem mühseligen Entscheidungsprozeß aussetzen muss. Nun ja, auch „Les Babacools“ scheinen sich des Risikos einer Studioaufnahme bewusst zu sein, wie sonst ist es zu erklären, dass „Compañeros 36“ (2003) nach ihrer ersten CD "Rude Radio" aus dem Jahre 1998 erst ihre zweite Veröffentlichung ist.



„Compañeros 36“ gibt einen Überblick über einen musikalischen Mikrokosmos, den die Band selbst mit dem einprägsamen Etikett „Raggafunkin’“ versehen hat. Reggae, (P-)Funk, Hip-Hop, Jazz, Salsa, Ska, Latin und Hardcore-Gitarren-Rock werden zu einer eingängigen Melange vermixt, wobei bei jedem Song die Anteile neu ausbalanciert werden. Gesprochen und gesungen wird in Französisch, Englisch, Spanisch und manchmal sogar in der Heimatsprache Deutsch, wobei sich die beiden Sänger bei ihrer Arbeit abwechseln. Acht Männer und eine Frau bilden den Hauptkern der Gruppe. Eine Percussion-Rhythmusgruppe sorgt für das pulsierende südamerikanische Fundament, Keyboards und Gitarren für die Melodien, Saxophone und Trompeten für die zupackenden Spitzen.
Fulminant mit harten Gitarrenriffs, spaciger Bass-Linie und hartem Sprechgesang eröffnet „Back Off“. Das anschließende „Fantasma“ nimmt die zuvor entstandenen Härte wieder völlig heraus und schafft mit einem salsagetränkten Midtempo-Ska lockere Feierabendstimmung. Von nun an kann sich der Zuhörer entspannt zurücklehnen, bis auf wenige Ausnahmen wie zum Beispiel dem härteren und im Tempo variierenden „Champion Sound“. „Diamonds“ ein ruhiger Reggae mit einnehmendem Gesang vertieft die Gelöstheit, und der Wunsch nach einem eiskalten Caipirinha keimt nun langsam auf.
Die Motive, die die Band dazu bewogen hat, das anschließende Radiointerviewgeplänkel mit der irritierten Moderatorin auf die CD zu nehmen, sind für mich nicht nachvollziehbar. Das Ganze besitzt den brachialen Charme eingeschobener Werbeblöcke, wie es üblicherweise bei den Privatsendern gehandhabt wird.
Das nun folgende latinohafte „Pachinga“ überzeugt und versöhnt wieder; anschließend sorgt „Champion Sound“ mit seinen strukturierenden Gitarrenriffs für musikalische Abwechslung; nur „General Levy meets Caramelo“ enttäuscht, weil es zum hundersten Male das Thema „the human drum“ und andere sonderbare Mundgeräusche variiert. Auch durch die ständige Wiederholung des Wortes „Babacool“ wird dieser Song nicht besser. Sehr schön „Microwave Girl“ mit Nicoähnlichem Gesang, akustischer Gitarre und einem zwingenden Refrain – erinnert stark an die Independent-Popsongs der 1980er und 1990er.

Stark südamerikanisch wird es dann auf der zweiten Hälfte der Platte, wo Salsa und andere Latinostile eine überraschend authentische Atmosphäre schaffen. Hier gibt es zwar die eine oder andere Länge, nichtsdestotrotz sind hier musikalische Könner zu Werke, die eine abwechslungsreiche und im besten Sinne beschwingende Musik kreieren. Wie Calexico mit ihrem furiosen Konzert in Karlsruhe im Juli 2003 bewiesen haben, passt Crossover wie kaum eine andere Musik zu diesem heißen Sommer und schafft eine ausgelassene und befreiende Atmosphäre, die sogar verhalten beginnende Konzerte in einen Hexenkessel verwandeln können . Im Winter haben wir dann noch immer ausreichend Zeit, die neue Nick Cave und andere Perlen zu hören.
Kleiner Tipp für „Les Babacools“. Wann verwandelt ihr Tübingen in einen Hexenkessel, der nächste Sommer kommt bestimmt!

k.s. – red. / 1. September 2003
Besetzung:
- voc.: MC Caramelo
- voc.: Dr. Grenada
- git.: Tobi Tobasco
- bass: Discophil
- drums: buzz-T
- keys: Chris Ising
- perc.& trump.: El Salsero
- ten sax & polysix: Flo
- alto sax: Reena (Raggareena)

Internetsite: http://www.babacools.com unter der Rubrik /Soundfiles/ lassen sich alle Songs (gekürzt auf ca. zwei bis drei Minuten) der besprochenen Platte im mp3-Format anhören.

 

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