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CD-Besprechungen:

MORNING BEFORE

The New Romantics

Strange Fruit 003
Mai 2001 / 14 DM


Daß es mit der Kultur der Rock- und Popmusik in diesem Lande eine etwas heikle Angelegenheit ist, ist eine Binsenweisheit. Ohne über die Maßen hinaus verallgemeinern zu wollen, es ist schon auffallend, daß der Teil an Veröffentlichungen aus deutschen Landen, der eine eigene Qualität aufweist, vorwiegend aus den Metropolen kommt. Das sind seit halt doch, ob man es mag oder nicht, Hamburg, die Region Rhein/Ruhr und Berlin.

Ganz schlimm verhält es sich mit Musik aus Baden-Württemberg, in einem kleinen Umkreis von gerade mal 50 Kilometern tummelt sich die wunderbare Dreifaltigkeit (dreifache Einfalt, wenn man so will), bestehend aus den Flippers, Pur und den Fantastischen Vier, die es seit Jahr und Tag fertig bringt, Intelligenz und Geschmack ihrer Mitmenschen massiv zu beleidigen und diesen Unfug auch noch millionenfach zu verkaufen. Und daß Tübingens bekanntester Musikant ausgerechnet Dieter Thomas Kuhn ist, macht die Sache auch nicht besser.
Ansonsten regiert das blanke Epigonentum, jeder Trend, der Jahre zuvor in der Zivilisation populär war, wird im Ländle endgültig zugrunde gerichtet.

Morning Before kommen aus Waldbronn, das liegt in der Nähe von Karlsruhe. Dafür können sie natürlich nichts.
Dem der Platte beiliegenden Photo zu entnehmen, sind die Bandmitglieder allesamt recht jung, woran nichts auszusetzen ist, schön, wenn junge Menschen gemeinsam musizieren.

Doch jetzt genug des Vorgeplänkels, kommen wir zum Wesentlichen, der MCD Morning Before: The New Romantics.
Glaubt man dem Platteninfo, hat die Band nichts Geringeres getan, als die zeitgenössische Rockmusik in Deutschland entscheidend zu bereichern.
Nun sind solche Infos natürlich nicht dazu da, mit der Belanglosigkeit der betreffenden Combo hausieren zu gehen, aber wenn so dick aufgetragen wird, wie hier, ist das schon einmal eine genauere Betrachtung wert.

Die vier Jungs und ihre Sängerin gehen mit sehr großem Eifer und sehr viel Ernst zur Sache.
Und das ist der Haken an diesem Machwerk. Man hat die Welt erkannt, sie sogar ein wenig verstanden, und dem Rest der Menschheit müssen diese Einsichten entgegengeschrien werden.
Daß Musik auch mit Freude, Spaß, gar Humor, zu tun haben kann, hat sich bis zu Morning Before noch nicht herumgesprochen.

Gewiß, handwerklich ist diese Platte absolut in Ordnung, auch die Produktion ist einigermaßen professionell, bloß, wen interessiert's?

Die Platte beginnt, wie originell, mit einer Glockenspielmelodie, und dann gibt's keine Gnade mehr. In sechs kaum unterscheidbaren Stücken werden dem mehr oder weniger geneigtem Publikum sämtliche ausgelutschten Klischees an den Kopf geworfen, die im Grenzbereich von Heavyrock, Crossover, Emorock, oder wie der Schmonzes halt heißen soll, schon tausendfach verbraten worden sind.

Auch nicht originell ist der Beitrag der Sängerin, der auf Dauer an meinen letzten Zahnarztbesuch erinnert, wobei ich meiner sympathischen Zahnärztin und ihrer ganz bezaubernden Assistentin hiermit Unrecht tue.

Das ist eigentlich schade, alldieweilen die gute Julia Löffler beim letzten Stück der Platte mit dem Hammertitel "Words" andeutet, daß sie durchaus singen kann, wie auch die ganze Band bei diesem Stück zeigt, daß da irgendwo ein Potential schlummert, und vielleicht sind sie ja auch in einem dieser Jahre in der Lage, Musik zu veröffentlichen, die eine eigene Qualität besitzt.
Aber die Verweigerung eines Talents kann ja auch Methode haben.

Kommen wir nun zum absoluten Höhepunkt dieser Platte, den Texten:

"As I keep walking, I wonder what it really is, that makes us pray before we die."(Soliloquy)

"If you were asked what pleases you more, a nest of young birds or a night spent with (sic!) dancing, before you answer please think twice, please think twice. What many people forget, at least it seems to me, is that the small things are the details which make every life worth living."(Nights spent dancing)

Das Info zur Platte, welcher Hasenschädel das auch immer geschrieben haben mag, bezeichnet diese prätentiöse Pennälerlyrik als "die bislang besten Lyrics der Band".

Ein Fazit zum Schluß?
"Ist der Kosmos, ist das All, nicht wie ein Pirelli-Reifen?
Mal hier mal dort, mal überall, schwarz und prall, kaum zu begreifen?"(Walter Moers)

j.s. - red / 14. September 2001
weitere Infos auch unter: Strange Fruit 003

"The New Romantics" was written and performed by Morning Before. Lyrics written by Matthias Rauch and Julia Löffler. Recorded, engineered, produces and mastered by Andi Schorpp at Schorpp Studios. Karlsruhe/Germany in the spring of 2001.
Kerstin Kenz played flute on "Words"
Electronics on "Soliloquy" by Thorsten Maier

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