DAS WINTERMÄRCHEN/RICHARD III.
Hexenkessel Hoftheater
Begonnen hat das Hexenkessel Hoftheater in einem Berliner Hinterhof. Das war vor zehn Jahren. Jetzt bespielen sie eine Freilichtbühne im Herzen Berlins, betreiben die hippste Open Air Bar der Hauptstadt, die Strandbar, gegenüber der Museumsinsel. Und sie spielen Shakespeare - und zwar in eigener Übersetzung und "so, wie der Meister es gewollt hätte". Also: keine modernisierenden Regiekonzepte, keine aktualisierenden Interpretationen, keine herbei gezwungene Kunst. Stattdessen gerades klares Spiel, fantasievolle Kostüme, ein bisschen Volkstheater, ein bisschen Spektakel.
Foto: Marlies Ludwig als Richard III
Gespielt wird zurzeit: Das Wintermärchen, eine Wiederaufnahme der ersten Produktion, und der nicht tot zu kriegende Richard III. Ein virtuoser Musiker, der sich dank elektronischer Hilfe auf mehreren Instrumenten selbst begleitet, führt uns durch das Wintermärchen. Ein sizilianischer König verdächtigt seine Frau der Untreue, verfeindet sich dadurch mit seinem besten Freund, ein toter Sohn, eine ausgesetzte Tochter, eine tote Königin. Sechzehn Jahre später, im Schäfer-Ambiente in Böhmen, fügen sich die Geschichten zu einem Happy End. Die Kinder der Könige finden zueinander, sogar die tote Königin ersteht wieder auf. Die vier Schauspieler finden kaum Zeit, mehr als die komplizierte Geschichte zu präsentieren, der Inhalt ist aber auch spannend genug. Und hin und wieder gelingen ein paar hübsche lustige Szenen, wenn ein Eisbär auftritt etwa, oder wenn auf dem Schafschurfest das Volle Wolle Lied erklingt.
Richard III. kommt auch als Farce daher, als böse naturgemäß. In chicen Kostümen agieren sieben Damen durch das Stück. Freilich verlieren sich leise Töne auf der Laufsteg-Bühne gegen den Lärm von außen, also wird gerufen, geschrieen, geflucht. Das Drama in seiner zeitlosen Kraft setzt sich durch alle Oberflächlichkeiten durch und Marlies Ludwig als Richard von Gloster beherrscht ihre Figur souverän zwischen selbstironischer Schauspielattitüde und (im positivern Sinne) pathetischer Nonchalance. Ihr zur Seite Kristin Albrecht als Buckingham und Ellen Schieß und Carsta Zimmermann (letztere beide in verschiedenen Rollen), die im bunten Spiel Akzente setzen.
Nein, große Kunst darf man nicht erwarten, aber einen gelungenen Sommerabend an der Spree.
Sven Lange / 7. August 2003
Siehe auch: www.hexenkessel-hoftheater.de
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