Theaterkritik
Norbert Ebel: Ox und Esel (Horizont Theater, Köln)
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Norbert Ebel: Ox und Esel (Horizont Theater, Köln)
Ein tierisches Krippenspiel für die ganze Familie
Ox möchte sich über seine mit Stroh gefüllte Krippe hermachen und entdeckt darin einen quäkenden Säugling.
Hunger ist keine ideale Begleiterscheinung für Geduld und kluge Entschlüsse. So macht der hungrige Ox seinen Freund, den Esel, verantwortlich und besteht darauf, dass sein Stallgefährte das Kind wegschafft.
Es ist klar, dass das hilflose Geschöpf umsorgt werden muss, doch über die richtigen Maßnahmen werden sich die beiden Tiere so schnell nicht einig.
Norbert Ebel erzählt die Weihnachtsgeschichte aus der Sicht der beiden Stallbewohner und hat ein wahrhaftiges Krippenspiel geschrieben, denn im Mittelpunkt des Interesses steht dem missgelaunten Ox zunächst natürlich seine Krippe.
Dem heimeligen Bühnenbild kommt die Atmosphäre der kleinen, intimen Spielstätte sehr entgegen. Die Aufmerksamkeit konzentriert sich dabei auf den Streitpunkt der vierbeinigen Freunde.
Die originellen Kostüme haben Witz und verraten Liebe zum Detail. Dies gilt sowohl für die mit riesigen Sicherheitsnadeln befestigten Schwänze der Vierbeiner, als auch für die angedeuteten äußeren Merkmale der Figuren. Da genügen Fellmützen mit markanter Zeichnung oder entsprechender Ohrenstellung.
Die Botschaft des Stücks ist so transparent wie manch vorhersehbarer Gag, beispielsweise die Slapstickeinlagen im Spiel mit der horizontal geteilten Pendeltür des Stalls. Indem Regisseur Volker Hein auf die Umsetzung solcher Einfälle nicht verzichtet, intensiviert er den Spaß des Publikums. Er scheut auch nicht turbulente Szenen, die das junge Publikum so schätzt, und schafft insgesamt einen differenzierten und dynamischen Ablauf der Ereignisse, wobei lebhafte Aktionen und zarte Szenen mit Raffinesse aufeinander abgestimmt und mit einer gehörigen Portion Humor versehen sind.
Hein kann seinem lustvoll agierendem Schauspielergespann vertrauen: unterhaltsam und höchst vergnüglich ist es, den Disput von Ox und Esel zu verfolgen.
Wie können Ox und Esel das vor Hunger schreiende Kind füttern und anschließend trocken legen? Die tolpatschigen Versuche, dem Kind Milch zu geben und schließlich doch in rührender Weise Muttersatz zu bieten, sind im Ergebnis ulkige Bilder, die man nicht vergisst.
Mittels der Klarinette, die das in der Krippe liegende Kind synchronisiert, gibt das winzige Bündel Kommentare in einem reichen Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten ab, von Wimmern bis hin zu recht heftigen Unmutsäußerungen, um an das Gewissen von Ox und Esel zu appellieren.
Mit der in allen Situationen subtilen Darstellung der Figuren finden Andreas Strigl als Ox und Martin-Maria Vogel als Esel die richtige Balance zwischen der Andeutung tierischer Eigenschaften und einer ausdrucksstarken menschlichen Mimik. Komisch und anrührend zugleich ist, wie die geistig etwas ungelenken Tiere in der artgerechten Verhaltensstudie menschliche Züge und Schwächen aufdecken - so, als wären die Tiere die besseren Menschen...
Das intelligente Krippenspiel des Horizont Theaters belustigt auch durch die Wortgefechte der Kontrahenten untereinander und die mit Wortverdrehungen gespickte Verhandlung mit den Häschern des "Herrn Rodes".
Nach dem Theaterbesuch von "Ox und Esel" dürften die Titelhelden in der Beliebtheitskala der Krippenfiguren Kultstatus erreichen.
In der stimmigen Inszenierung wird das außerordentliche Krippenspiel zum echten Kunststück, an dem alle Generationen ihren Spaß haben. Schade nur, dass es sich um ein saisonbedingtes Stück handelt. Daher ist es erfreulich, "Ox und Esel" schon ab Anfang November auf dem Spielplan entdecken zu können.
Neben einem stets vollen Haus verdient die reife Leistung aller Akteure, dass dieses absolut sehenswerte und kurzweilige Spiel mit Theaterpreisen und Einladungen zu Theaterfestivals ausgezeichnet wird.
v.-red. / 6.11.2000
Premiere 5.11.2000 im Horizont Theater, Thürmchenswall 25, 50668 Köln
Regie: Volker Hein
Bühne: Siggi Schulz
Bauten: Helmut Kreipl, Siggi Schulz
Kostüme: Markus Brockhaus
Klarinette: Sabine Barth
mit: Andreas Strigl, Martin-Maria Vogel
Telefonische Kartenvorbestellung: 0221/131604
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