August Strindberg: DER PELIKAN (Bühnen der Stadt Köln)
Der schmale Raum verengt sich nach hinten, an seinem Ende befindet sich ein Fenster. Eine Frau starrt, dem Publikum abgewandt, unbeweglich auf den hellen Lichtfleck. Auf den ersten Blick scheint es, als säße eine Behinderte im Rollstuhl. Verkrüppelt ist allerdings nur ihr Seelenzustand. Sie hat ihr Personal stets ungerecht behandelt und auf Kosten ihrer vernachlässigten Kinder der Gesellschaft ein luxuriöses Leben vorgaukelt.
Der einzige Lebensinhalt der eleganten und rücksichtslosen Witwe besteht darin, alles für sich zu beanspruchen und nicht teilen zu müssen. Heimlich hortet sie Nahrung und Heizmaterial, doch in ihrem Herzen verspürt sie nur eiskalte Bitterkeit. Wie eine Fliege, die von der Helligkeit magisch angezogen wird, versucht die Witwe mehrmals das hohe Fenster zu erreichen. Aber die Bemühungen, in eine freundlichere Welt zu springen, scheitern.
Bei der Suche nach dem versteckten Nachlass des Vaters gerät ein entlarvendes Schreiben in die Hände des ständig hungernden und frierenden Sohnes. Er macht seine Schwester, die unter den Intrigen der dominanten Mutter große Schmach leidet, zur Komplizin und setzt als Feuerteufel dem gescheiterten Familien-Haufen ein Ende.
Unter dem Titel "Der Scheiterhaufen" wurde das Familiendrama August Strindbergs 1908 in Wien uraufgeführt.
Regisseur Uwe Hergenröder inszeniert mit strengen und wohl dosierten Mitteln ein kafkaeskes Horror-Szenario. Das Spiel mit plakativem Licht, sparsame Musik-Einblendungen und Momente des Schweigens illustrieren die Tragik eines Menschen, dem die Fähigkeit zur Selbstreflexion verloren geht und der dann eine unheilvolle Kettenreaktion von Gefühlskälte, Hass und Rachegedanken auslöst.
Im irrealen Farbschatten-Spiel bleiben die Personen Phantome einer gespenstischen, gutbürgerlichen Sackgasse. Das Los des Geschwisterpaares erinnert an das Verhältnis zwischen Hänsel und Gretel und der Hexe. Mit präzisem Spiel haucht Susanne Barth dieser Hexen-Gestalt Leben ein. Eine übermächtige, kranke und erschreckend realistische Figur, die im spukhaften Reigen verletzter und leidender Opfer weder Liebe, Trauer noch Gewissensbisse empfindet.
Die absolut sehenswerte Inszenierung mit einer überzeugenden Leistung aller Darsteller vermag auch ein junges Publikum, welches ansonsten zeitgenössische Autoren bevorzugt, zu begeistern.
v. - red / 24.02.2001
Premiere 16.2.2001 in der Schlosserei
Inszenierung: Uwe Hergenröder
Bühne und Kostüme: Ulrich Schulz
Dramaturgie: Simone Kranz
Licht: Klaus Welz
mit: Susanne Barth, Thomas Bischofberger,
Gunda Aurich, Andreas Grötzinger, Grete Wurm
Bühnen der Stadt Köln, Tel: 0221/ 22128400
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