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Noch bis 6. Juli 2014 | ALICE - Museum für Kinder (im FEZ Berlin)

SAG, WAS WAR DIE DDR?

Ein Geschichtsabenteuer für Kinder und Jugendliche


Ausstellung Sag, was war die DDR? | Bildquelle: FEZ Berlin



Schwereloser Zeitflug zum gel(i)ebten Kindsein

Als ich den Titel dieser Ausstellung (weiß nicht mal wo genau) gelesen hatte, kriegte ich auf einmal Lust "retour" zur Kindheit. Ist zwar schon ein paar Jahrzehnte her, das Einmalige, was sich sowieso dann erst viel später, meistens un- oder unterbewusst, zurückerinnern lässt - doch Kindsein, und obgleich nur nachvollzogenes und nachbereitetes, ist prinzipiell ja möglich; bis zum Ernstfall Alzheimer hätte der Eine wohl ein bisschen länger Schonfrist als der Andere - also: Auf gehts!

Das FEZ in der Wuhlheide, "Europas größtes gemeinnütziges Kinder-, Jugend- und Familienzentrum" (Quelle: FEZ), beherbergt auch ein Museum für Kinder; dieses heißt ALICE. Ich treffe dort als erstes Katrin (31) sowie Hannes (18). Beide tragen ALICE-T-Shirts, und so folgere ich, dass sie etwas mit der Ausstellung zu schaffen haben, und ich spreche sie ganz einfach an... Sie, Katrin, eine Westberlinerin, antwortet mir auf meine Frage, wie sie damals und in welchem Alter eigentlich die Mauer-Öffnung miterlebt hätte, dass sie da auf den Schultern ihres Vaters saß, mit dem sie, siebenjährig, vom Berliner Stadtteil Schöneberg nach Mitte fuhr, um live dabei zu sein. Ihn, Hannes, einen Ostberliner, gab's zu dieser Zeit noch nicht, und also würde er dann fast so "unbetroffen" mit dem vorliegenden Stoff und mit den dargestellten Materialien zum Thema Sag, was war die DDR? in Konfrontierung sein so wie die durch die Ausstellung gemeinte Zielgruppe von "jungen Zeitforscherinnen und Zeitforschern aus Ost und West".




Ein Blick in die Ausstellung Sag, was war die DDR? | Bildquelle: FEZ Berlin



6 Beispiel-Biografien werden (gleich rechts neben dem Eingang) auf Tafeln vorgestellt, ich lese die Namen Katrin, Uwe, Jan & Jörg, Robert, Matthias, Angela. Die Ausgewählten listen, aus der gegenwärtigen Erwachsenenperspektive, ihre jeweiligen Viten auf. Im Raum verteilt "erleben" wir sie dann als voneinander unabhängige Heranwachsende; das erfolgt - für uns Besucher - durch die Auslegung und/oder nachempfindende Gestaltung von privaten Tagebuchaufzeichnungen bzw. ganzen Tagebüchern, die in jeweiligen einzelen Kabinen (stilisierten Kinderzimmern?) justament vorhanden sind und worin wir dann blättern also lesen können.

Das - nach meinem unmaßstäblichen Empfinden - wohl berückendste Kinder- bzw. Jugendschicksal kriegen wir am Beispiel von Angela nachvollzogen. 1982 muss dann so ein Schicksalsjahr für sie gewesen sein. Da hatte sie so plötzlich einen Draht zu Punks bekommen und lief lange Zeit mit ihnen mit; so etwas war den staatsbesorgten Staatsbeschützern seinerzeit gewiss nicht nur suspekt, sondern ganz sicherlich ein Dorn im Auge - lange Rede kurzer Sinn: Sie wurde observiert und sieben Wochen lang, vor allem wegen ihres kritischen Gedichts Anklage (s.u.) , in die Stasi-Untersuchungshaft gesteckt...




Angelas Gedicht Anklage, dessen Kopie die Besucher der Ausstellung Sag, was war die DDR? zum erinnernden Nachlesen mitnehmen können



Das sind die beiden Seiten zur Biografie von Angela, die in einem Gruppen-Tagebuch, das für die jungen Ausstellungsbesucher zum Mitnehmen und Ausfüllen ausliegt, zu finden sind



Gezeigt werden Angelas Reiseschreibmaschine und ihre 120 Seiten starke Stasi-Akte. Ich will nochmal einen Blick auf ihren Lebenslauf (gleich rechts neben dem Eingang) werfen und notiere mir nur Dieses hier: "Lebe heute mit zwei Katzen alleine, helfe gerne Tieren in Not und ziehe mich neben meiner Arbeit, aufgrund von diversen Traumatisierungen meines Lebens, auch gerne zurück." Das liest sich traurig.


* * *


Freilich waren Kind- und Jugendzeit beiweitem nicht für alle damaligen Kinder oder Jugendlichen aus und in der DDR gleichlautend traurig oder negativ belastet. Darauf tun dann auch die Macher des von mir Gesehenen und Abgeschrittenen in einer undidaktischen Vermittlungsweise und beinahe schwerelosen Leichtigkeit abhebend Wert legen - sogar ein Ufo ist ins Zentrum installiert; auf diesem können, je auf einem Zettel unter unterschiedlich große Glasglocken gelegt, alle Besucher ihre Vorstellungen oder Träume, wie die Welt in 20 Jahren so beschaffen wäre, ablegen.

Die Zeitreise läuft unter anderem auch mit dem Ausstellen von Kleidungsstücken (weißen Pionierblusen, blauen und roten Halstüchern, Eichsfelder FDJ-Hemden) und Zeitungen und Zeitschriften (Bummi, Atze, Die ABC-Zeitung, Frösi oder Mosaik und Neues Leben usw. usf.) einher; alles so Dinge, die ich lange nicht mehr sah und die mir unerwartet angenehm-vertraut vorkommen wollten; sehr, sehr merkwürdig das Alles.

Selbst die alte "Pionierchronik der Klasse 1a bis 4a der Käthe-Kollwitz-Schule Wittenberg von 1977-1980" wies doch starke Parallelen zu den eigenen Kindheits- und Schulerlebnissen von damals wieder auf - Begriffe wie "Elternaktiv" oder wie "Gruppenrat" oder wie "Patenbrigade" oder wie "Altstoffsammeln" oder wie "Manöver Freundschaft" hatten einen regelrecht bezaubernden Aha-Effekt bei mir zur Folge. Diese doch schon allumfassende Umsorgung inkl. dieser ganzen pädagogischen und schultumhaften Fast-schon-Einverleibung des (entindividualisierten) Gruppenwesens - - einesteils bekam ich das doch irgendwie entnervend mit, und andernteils ließ es mich, freilich erst viel später, vollbewusstseinsmäßig nachbegreifen, dass ich eigentlich dann nie das Gruppenwesen wurde oder war, als welches sich diese Erzieher und Erzieherischen mich (als Menschen resp. Einzelwesen) vorzustellen fähig und bereit gewesen wären.

Komisch, oder? Ist halt lange her.



Bewertung:    



Andre Sokolowski - 15. November 2013
ID 7371
FEZ-Berlin
Straße zum FEZ 2
12459 Berlin

fon: 030-53071-0
fax: 030-53071-111
info@fez-berlin.de


Weitere Infos siehe auch: http://www.fez-berlin.de/


http://www.andre-sokolowski.de



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