Grund und
Boden
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© ARD Degeto Film/Letterbox Filmproduktion GmbH/Leroy&Rose/Mathias Bothor
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Bewertung:
Der Journalist und Schriftsteller Alexander Osang steuerte das bemerkenswerte Drehbuch zu der noch bemerkenswerteren 6-teiligen Miniserie The Next Level, die Freitagabend im Ersten erstausgestrahlt wurde und nunmehr in der ARD Mediathek zu finden ist, bei.
Die Handlung:
"Berlin, Endstation einer Hochzeitsreise um die Welt: Josh und Zofia aus New York suchen nach dem ultimativen Kick – eine Nacht im Technoclub 'Reaktor'. Harte Tür, mächtige Bässe – endlich drin! Plötzlich ist Zofia in der Masse verschwunden. Eine Notfall-SMS vom Clubteam und eine dramatische Nacht im Krankenhaus folgen. Dort erfährt Josh am Morgen vom Tod seiner Frau. Im Wartesaal bekommt Rosa die Tragödie mit und bietet dem geschockten Touristen ihre Hilfe an. Sie glaubt, genau wie Josh, dass Zofia kaum an 'ein bisschen Ecstasy' gestorben sein kann. Aber was ist passiert? In ihrer Redaktion ist Rosa für ihre einflussreichen Portraits und Reportagen bekannt, für ihre Fähigkeit, den Menschen nahe zu kommen und hinter das Offensichtliche zu schauen. Bei ihren Recherchen stößt die Journalistin auf die Clubmitarbeiterin Paula. Sie ist keine geringere als die Tochter des bestens vernetzten Immobilieninvestors Brenner, den Rosas Freund, der ehrgeizige Sprecher des Berliner Wirtschaftssenats Mark, für ein Großprojekt umwirbt. Je mehr Rosa über den charismatischen Ex-Bürgerrechtler erfährt, umso mehr sieht sie in ihm die Story. Während Brenner die Reporterin stoppen möchte, taucht sie nun in die dunkle Seite der Berlin-Mythen ein. Rosas Suche führt sie inmitten eines erbitterten Kampfes um die Deutungshoheit über eine Stadt – und über einer Liebesgeschichte, die mit dem Tod endet." (Quelle: letterbox-filmproduktion.de)
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Es geht in erster Linie um Jens Harzer (als Bodo Brenner), den es, kurz nachdem er zur Wende Mitbegründer des Neuen Forums war, in die USA verschlug, um dort was Neues anzufangen - im Zuge der sog. Tequila-Krise (lt. IWF der "ersten Finanzkrise des 21. Jahrhunderts") ergatterten er und seine dort gegründeten Firmen, wahrscheinlich durch Aktienkäufe, ein unglaubliches Vermögen, mit dem er dann zurück nach Ost-Berlin kam, um (beispielsweise) die Karl-Marx-Allee dort aufzukaufen. Seither giert er nach immer mehr Immobilien und verbindet das mit einer mehr oder weniger sentimentalen "Rückgewinnung" seines früheren Wohn- und Lebensraums als eingefleischter Ossi; seine anhaltende Hinzugehörigkeit demonstriert er unter anderem in die Gründung von Kunstgalerien - auch der Technoclub "Reaktor" (als dessem wahrheitliches Vorbild der Berliner "Berghain" steht) ist längst schon seins...
Ja und an jenem Tatort im "Reaktor" beginnt die von Lisa Vicari (als Rosa Bernhard) teils investikativ erkundete Zeitungs-Story um besagten Immobilienhai, aber auch um Ben Lloyd-Hughes & Jenny Walser (als US-amerikanische Weltreisende Josh & Zofia Feinstein). Ein handlungsmäßiger Doppelstrang also.
Wir werden über die geschmeidig daherkommenden aber umso hochsuspekteren Immobiliengeschäfte der Berliner Regierenden um Birge Schade (als Senatorin Susanne Lentz) aufgeklärt - dort arbeitet übrigens auch Jerry Hoffmann (als Rosas Freund).
Der Haupt-Fokus der Miniserie richtet sich auf den (filmisch fiktiven, wohl gemerkt) totalen Ausverkauf des Grund und Bodens von Berlin! Ab da nahm nämlich der als Gentrifizierung definierte "Umbau" der Wohn- und Unbewohnbarkeitsstatt ihren hartnäckigen Lauf...
Jens Harzer scheint für seine Rolle des unangreifbar und aalglatt durch Berlin und seine (Unter-)Welt wie ein Mephisto im Engelsgewand Unherschweifenden prädestiniert zu sein. Aus ihm äugen zum einen die totale Ruch- und Rücksichtslosigkeit einer benachteiligten Mehrheit gegenüber, zum anderen sein tragisches Verzweifeltsein wegen der menschlich unerreichbaren und ihn wohl mehr verachtenden Tochter Paula (gespielt von Paula Kober).
Auch gibt es eine nicht endgültig aufgelöste Querverbindung "zu früher": Michaela Winterstein (als Rosas Mutter Petra) hätte bis zur Wende ein wahrscheinlich auch sexuelles Verhältnis zum Ex-Bürgerrechtler gehabt; und da sich die Mutter von Paula, die auch Petra kannte, angeblich suizidal verabschiedete, könnte der Vater von Rosa, also Petras Tochter, vielleicht sogar der Bodo Brenner sein, oder?
Na jedenfalls kommt zum bitteren Ende der gut durchwirkten Filmgeschichte heraus, dass die Amerikanerin Zofia, die zu Filmbeginn diese Überdosis Drogen im "Reaktor" nahm, ebenso suizidal veranlagt gewesen sein muss wie Paulas Mutter [s.o.] - aber eigentlich war es noch "einfacher als gedacht", denn: Sie verabreichte sich selbst die Überdosis Drogen, und zwar vor den Augen ihres Mannes Josh, mit dem sie plötzlich nicht mehr zusammen sein wollte; aber in die USA wollte sie auch nicht zurück; eine bis zu diesem Todesentschluss völlig unentschlossen Umhergetriebene - bis sie's halt tat. So war das, und nicht anders.
Unbedingt sehenswert!
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Jens Harzer (als Bodo Brenner) in The Next Level | (C) ARD Degeto Film/HR/rbb/NDR/Letterbox Filmproduktion/Real Film Berlin/Mathias Bothor
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Bobby King - 3. Februar 2025 ID 15129
THE NEXT LEVEL (D 2024)
Regie: Pia Strietmann und Julia Langhof
Drehbuch: Alexander Osang
(Bearbeitung: Ipek Zübert und Thomas Gerhold)
Kamera: Jakub Bejnarowicz und Simon Dat Vu
Kostümbild: Nici Zinell
Szenenbild: Juliane Friedrich
Besetzung:
Rosa Bernhard ... Lisa Vicari
Petra Bernhard ... Michaela Winterstein
Bodo Brenner ... Jens Harzer
Josh Feinstein ... Ben Lloyd-Hughes
Zofia Feinstein ... Jenny Walser
Jan Lewandowski ... Krzysztof Pieczynski
Tomasz ... Artjom Gilz
Mischa Kaufmann ... Vinzenz Wagner
Paula Reichenberg ... Paula Kober
Tamara Jensen ... Jasmina Kuhnke
Mark Lingen ... Jerry Hoffmann
Irfan Sehic ... Kailas Mahadevan
Matt Kowalski ... Torsten Merten
Senatorin Susanne Lentz ... Birge Schade
u.v.a.
Erstausstrahlung im Ersten: 31.01.2025
https://www.ardmediathek.de/
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