Licht- und Schattenspiele im Film bei der Retrospektive der BERLINALE
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Die im Schatten sieht man nicht
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Die filmhistorische Retrospektive der BERLINALE ist in diesem Jahr ausnahmsweise keiner Person und keinem Genre gewidmet, sondern einem filmischen Gestaltungsmittel: der Beleuchtung. Unter dem Motto „Ästhetik der Schatten“ werden vierzig europäische, japanische und amerikanische Filme aus den Jahren 1915-1950 gezeigt, die sich durch besondere Beleuchtungsstile auszeichnen und in denen die Licht-und-Schattenspiele mal poetische, mal heitere, mal bedrohliche Wirkungen entfalten. In Schwarz-Weiß-Dramen wie Friedrich Wilhelm Murnaus 1927 in Hollywood gedrehtem Liebesfilm Sunrise, Marcel Carnés Hafen im Nebel von 1938 mit dem jungen Jean Gabin oder Orson Welles' Citizen Kane von 1941 spielt die ausgeklügelte Lichtdramaturgie eine entscheidende Rolle für die atmosphärische Gestaltung der Filme. Wurde in den Anfangsjahren der Filmgeschichte meist in Glasateliers oder in sehr hell ausgeleuchteten Studios gedreht, erlaubte die Entwicklung lichtempfindlicheren Filmmaterials den Kameramännern und Beleuchtern der 1920er und 30er Jahren eine differenziertere, sich stärker an der Stimmung der Szenen orientierende Ausleuchtung.
Insbesondere im deutschen Stummfilmdrama experimentierten die Filmschaffenden mit starken Kontrasten zwischen Hell und Dunkel, die durch Zusatz- und Spotlichter verursacht wurden. Über die Dirnentragödie mit Stummfilmstar Asta Nielsen schrieb die Kritikerin Lotte H. Eisner nach ihrer Uraufführung 1927 in Berlin, „dass Laternenlicht von düsteren Ecken herströmt, halbdunkle Hausflure sich geheimnisvoll auftun“, indes fehle es „an fahlem Phosphorglanz in den Nachtszenen, in denen Verwesung zu schimmern scheint“. Für den Horrorklassiker Das Cabinet des Dr. Caligari (1920), der als brandneue Digitalkopie am Sonntag um 12 Uhr mit Live-Orgelmusik in der Berliner Philharmonie aufgeführt wird (12. 2. um 23 Uhr auf ARTE), malte das Team von Ausstatter Hermann Warm sogar künstliche Schatten direkt auf die schräg gebauten Kulissen.
Die von der Deutschen Kinemathek Berlin zusammen mit dem New Yorker Museum of Modern Art kuratierte Retrospektive verweist durch die Auswahl der Filme auf internationale Querverbindungen. So ließ sich der amerikanische Regisseur John Ford für Filme wie den John-Wayne-Western Stagecoach/Ringo (1939) und das Farmerepos Früchte des Zorns (1940) von F. W. Murnaus akzentuierter Lichtführung inspirieren, während japanische Regisseure wie Henry Kotani für Melodramen wie Light of Compession (1926) wiederum die amerikanischen Techniken adaptierten. Die japanischen Vor- und Nachkriegsfilme, die hierzulande teils noch nie zu sehen waren, bilden einen Schwerpunkt der Reihe, denn an ihnen ist die Weiterentwicklung von hell-harmloser, die Graustufen betonende, hin zu düster-dramatischer Ausleuchtung besonders gut erkennbar. Eine Brücke zwischen Gestern und Heute schlagen die alte, 1946 von Jean Cocteau gedrehte, und die brandneue, als „Berlinale-Special“ ausgewählte, farbige Verfilmung des französischen Märchens von der Schönen und dem Biest, La Belle et la bête.
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That Night's Wife (Japan 1930) - Foto (C) Kawakita Memorial Film Institute, Tokio
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Max-Peter Heyne - 7. Februar 2014 (2) ID 7583
Ästhetik der Schatten – Filmisches Licht 1915-1950
Retrospektive bis 16. 2. 2014
Gleichnamiger Katalog im Schüren Verlag
19,90 €
Weitere Infos siehe auch: http://www.berlinale.de
Post an Max-Peter Heyne
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