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BERLINALE 2018

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7 Tage in Entebbe



Die Entführung einer Air France-Maschine am 27. Juni 1976 auf dem Flug von Athen nach Paris durch zwei Mitglieder einer palästinensischen Terrorgruppe, der PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas) und zweier deutschen Mitglieder der linksextremistischen Revolutionären Zellen, spielt in der deutschen Öffentlichkeit keine so große Rolle wie die zahlreichen Attentate durch Mitglieder der RAF in den Jahren zuvor und danach. Die Dutzende deutsche Leben gefährdende Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ durch Linksextremisten und radikale Palästinenser, die ein gutes Jahr später ebenfalls in Zentralafrika endete, verdrängte diesen nicht minder spektakulären und tragischen Terrorakt.

Im Kino spielt er zuletzt als Nebenhandlung des Films über den ugandischen Militärdiktator Idi Amin, Der letzte König von Schottland, eine Rolle. Die letzte Verfilmung der Entführung selbst stammt noch aus den 1970ern. Der brasilianische Regisseur José Padilha, der 2008 den Goldenen Bären für den packenden Thriller Tropa de Elite erhielt und zu Beginn seiner Karriere schon einmal über einen Entführungsfall einen Film gedreht hat (Ônibus 174), konnte sich für seine Filmversion der Terrortat auf neu recherchierte Erkenntnisse stützen (Drehbuch: Gregory Burke). Dies betrifft insbesondere die Abläufe im verlassenen Flughafengebäude der ehemaligen ugandischen Hauptstadt Entebbe, in das die vier Entführer nach der Landung alle Passagiere und Besatzungsmitglieder verbrachten.

Ausgerechnet unter den Augen des vollkommen unberechenbaren Diktators Idi Amins wurden die 270 Geiseln dem Kommando des hochrangigen PFLP-Kämpfers Fais Dschabers und weiterer PFLP-Männer unterstellt. Sie behielten mehr als 100 der Geiseln, vorwiegend israelischer Herkunft, eine Woche lang in ihrer Gewalt und verlangten die Freilassung zahlreicher Terroristen und Linksextremisten, die in Israel, Frankreich, Japan und der Bundesrepublik in Haft saßen. Für die Trennung der Passagiere nach Israelis und anderen Staatsbürgern geschieht in José Padilhas Film nicht auf Initiative der deutschen Mittäter. In den Rückblenden äußert insbesondere Wilfried Böse (gespielt von Daniel Brühl) im Vorfeld der Aktion Bedenken, welchen abschreckenden Eindruck die Gefährdung des Lebens jüdischer Bürger durch deutsche Attentäter sein würde.

Die PFLP-Anhänger selektieren dennoch, stellen sich damit gegen den erklärten Willen Böses und provozieren eine härtere Gangart der israelischen Regierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin (Lior Ashkenazi), der mit seinem Verteidigungsminister Shimon Peres (Eddie Marsan) wegen seiner Absicht, eine Verhandlungslösung zu versuchen, im Dauerclinch liegt. Die Meinungsunterschiede bzw. die unterschiedlichen Grade an Kaltblütigkeit zwischen den Terroristen auf der einen Seite und der israelischen Politiker auf der anderen Seite sorgen für ein differenziertes, glaubwürdiges Bild der Ereignisse, und Regisseur Padilhas nutzt das Hin und Her der Temperamente zusätzlich zum Spannungsaufbau.

Dabei spielen Augenzeugenberichte eine Rolle, die besagen, dass Wilfried Böse in Entebbe mehrfach betonte, niemand solle zu Schaden kommen, und bis zum Schluss gewisse Skrupel gezeigt hat. Demgegenüber lässt Brigitte Kuhlmann im Film aus Angst, als Frau als zu weichlich angesehen zu werden, kaum eine emotionale Regung zu und bekämpft ihre Nervosität mit Tabletten. Die Britin Rosamund Pike wurde wohl aus Proporzgründen gecastet, aber leider schadet in der Originalfassung ihr leichter Akzent ihrem ansonsten sehr glaubhaften Spiel (zumindest für deutsche Ohren).

Wie absurd die politisch-ideologischen Argumente der Terroristen von Anfang an sind, beweisen mehrere absurde Situationen, die der Film schildert, darunter die Ängste jüdischer KZ-Überlebender, als Repräsentanten eines vermeintlich faschistischen (!) Israels eliminiert zu werden. Absurde Situationen ergeben sich aber auch durch manche diplomatische Doppelmoral, z.B. beim Umschmeicheln des Größenwahns Idi Amins (Nonso Anozie) durch israelische Geheimdienstler, die ihn einst als Putschist unterstützt hatten. Die Befreiungsaktion der nach Uganda geflogenen israelischen Einheiten inszeniert Padilhas mitreißend, aber nicht spekulativ. Ihm ist ein nuancenreicher Politthriller gelungen, der einen Teil seiner Spannung auch aus dem widersprüchlichen historischen Kontext ziehen kann.

Bewertung:    



7 Tage in Entebbe | (C) Liam Daniel

Max-Peter Heyne - 23. Februar 2018 (3)
ID 10547
Weitere Infos siehe auch: http://www.berlinale.de


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