WETTBEWERB
Rabiye Kurnaz vs. George W. Bush
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Bewertung:
Der Bremer Murat Kurnaz, Jahrgang 1982, saß von 2001 bis 2005 unschuldig, in Guantanamo, dem US-Gefangenenlager auf Kuba. Fünf Jahre sind 1.825 Tage. Murat Kurnaz hat darüber sein Buch Fünf Jahre meines Lebens geschrieben.
Der deutsche Regisseur Andreas Dresen stellt in seinem Spielfilm Rabiye Kurnaz vs. George W. Bush das Leben der energischen, humorvollen Mutter von Murat, Rabiye Kurnaz, in den Mittelpunkt: die fünf Jahre ihres Lebens.
Am Anfang des Filmes, als Murat nicht in seinem Bett im Bremer Reihenhaus liegt, sondern abgehauen ist, geht Rabiye Kurnaz, seine Mutter, Hausfrau, sofort los. Sucht in der Moschee den Schuldigen, fragt bei Freunden nach.
Murat ist verhaftet worden, doch Rabiye ist sich sicher: „Murat hat nichts Schlimmes gemacht, er ist kein Taliban.“ Die Tochter: „Er sieht aber so aus.“ Die Mutter erbost: „Und wie siehst du aus, wie deutsche Friseuse.“ Damit ist dieses Thema für sie beendet.
Wer im Gefängnis ist, braucht einen Anwalt. Über das Telefonbuch unter "Rechtsanwalt" findet Rabiye Kurnaz den Bremer Anwalt Bernhard Docke. Sie beauftragt ihn, fast gegen seinen Willen, ihren Sohn zu verteidigen.
Murat wurde nach Guantanamo verschleppt. Was das heißt, ahnt Rabiye noch nicht. Bis heute heißt Guantanamo Inhaftierung ohne Grund, ohne Anklage, ohne Anwalt, ohne Prozess, ohne Besuch. Mit Folter wie Waterboarding, Schläge, in Käfige gesperrt, in Ketten gelegt. Schlafentzug, Höllenlärm, ständig grelles Licht, grausame Verhörmethoden. Kontaktsperre, Experimente an den Gefangenen. Weltweit anerkannt ist, dass die CIA-Folter- und Verhörmethoden dort gegen die Menschenrechte verstoßen. Guantanamo - ein Gefängnis zum Verschimmeln bei lebendigem Leib.
Ein zäher Kampf beginnt - um Informationen, Akteneinsicht, Auskünfte. Hoffnungen müssen zurückgeschraubt werden für einen Inhaftierten ohne Anklagegrund und ohne Prozess irgendwas zu erreichen, davon kann man nur träumen. Doch Rabiye will nichts davon wissen. Mit ihrem ureigenstem Humor, ihrer Herzenswärme, mit Verstand und Pragmatismus gesegnet, versucht sie die Dinge, die ihr nicht passen, passend zu machen. Bernhard Docke ist immer an ihrer Seite. In der Türkei, in Deutschland, in Washington. Sie an seiner.
Der Film zählt die Tage durch. Fünf Jahre sind 1.825 Tage. Tage wie Brei, Jahre wie Brei, wo Rabiye nichts von Murat hört. Das hervorragende Drehbuch mit dem Fingerspitzengefühl von Leila Stieler hat dem Film die Leichtigkeit verschrieben, die die umwerfende schauspielerischer Arbeit von Meltem Kaptan (türkische Schauspielerin und Commedienne) als Rabiye wie auch die brilliante Leistung von Alexander Scheer (Gundermann) umsetzen. Denn zwischendrin ist zwei Jahre nichts passiert. Dieser Stillstand erforderte seine Stilmittel.
Entgegen aller Widerstände treibt Rabiye Kurnaz die Sache unerbittlich weiter. Sie vernachlässigt ihren Mann und ihre anderen Kinder, fliegt in die Türkei, spricht mit Ministern. Fliegt nach Washington, nimmt am March teil, hält eine anrührende Rede. Schafft es bis zum Supreme Court. Ein Taxifahrer in Washington erkennt Rabiye Kurnaz und fährt sie umsonst in seinem Taxi. „Ich will mich nicht mehr für mein Land schämen müssen.“
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Rabiye Kurnaz vs. George W. Bush von Andreas Dresen | (C) Andreas Hoefer / Pandora Film
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Bitter am Fall Kurnaz ist, dass die Amerikaner Kurnaz bereits 2002 freilassen wollten. Die Deutschen haben abgeblockt und dies verhindert. Bitter auch, dass der damalige Kanzleramtschef und Außenminister Walter Steinmeier, der zeitgleich zum Filmstart auf der BERLINALE zum zweiten Mal als Bundespräsident gewählt wurde, dafür verantwortlich war.
Regisseur Andreas Dresen und auch Schauspieler Alexander Scheer fordern auf der Pressekonferenz, dass sich die Bundesregierung für die gestohlenen fünf Jahre bei Murat Kurnaz entschuldigt. „Man könne Murat Kurnaz nicht die fünf Jahre zurückgeben, aber man könne eine Schuld eingestehen und sich entschuldigen.“
Eine weitergehende Forderung sollte jedoch auch gestellt werden die der sofortigen Schließung von Guantanamo. 38 Menschen sind noch im Jahr 2022 dort zu Unrecht inhaftiert.
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Hilde Meier - 17. Februar 2022 ID 13465
Weitere Infos siehe auch: https://www.berlinale.de
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