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72. BERLINALE

PERSPEKTIVE DEUTSCHES KINO

Schweigend steht der Wald


Bewertung:    



Ein mit Gruselelementen und spektakulären historischen Bezügen gewürzter deutscher Krimithriller um eine junge Forstpraktikantin, die in einem Waldstück in der Oberpfalz merkwürdige Beobachtungen macht: Eine seltsame Lichtung mit anderer Flora inmitten der dicht bewaldeten Umgebung gibt Anja (Henriette Confurius) Rätsel auf. Sie forscht trotz einer unangenehmen Begegnung mit dem geistig zurückgebliebenen Xaver weiter, um die Eigenheiten des Waldbodens besser zu erfassen. Xaver ist ein lokaler Waldschrat, den die Polizei trotz gewisser Vorkommnisse unbehelligt lässt, bis dieser etwas später brutal seine bettlägerige Mutter erschlägt (was Regisseurin Saralisa Volm klugerweise ausspart, um die Antipathien nicht in die falsche Richtung zu schieben).

Dass Anjas rein wissenschaftlichen Tätigkeiten für einige Dorfbewohner nicht gerade harmlos sind, wird in den geschilderten Parallelhandlungen deutlich, in die sowohl der frühere Polizeichef (fies: August Zirner), sein Sohn und Nachfolger auf der Inspektion (Robert Stadlober), als auch die Familie Xavers verwickelt sind. Weitere Todesfälle und knallharte Mauscheleien und Intrigen schrecken die etwas naive Anja auf, aber nicht ab, denn im dunklen Tann mit der ominösen Lichtung verschwand ihr Vater vor 20 Jahren auf ungeklärte Weise.

Gekonnt verschleiert das Drehbuch von Wolfram Fleischhauer die schreckliche, an dunkle historische Kapitel verknüpfte Wahrheit, die die Zuschauer*innen zusammen mit der Protagonistin erst nach und nach erfahren. Erst ganz am Schluss droht sich die Story an diesen schwerwiegenden Bezügen etwas zu verheben, aber die durchweg glaubwürdigen Dialoge, der authentische Lokalkolorit und die nuancierten, nicht übertriebenen schauspielerischen Leistungen verhindern das. Der Spannungsbogen baut sich stetig auf und wird gehalten und das zunehmend ins alptraumhafte kippende Setting unterstützt den Schrecken, der sich sukzessive aus dem scheinbar Gewöhnlichen entwickelt. Hier sind insbesondere die Kameraarbeit von Roland Stuprich und das Szenenbild von Renate Schmaderer hervorzuheben.

Saralisa Volms Debüt erinnert zwar an ähnlich gestrickte Im-Wald-da-sind-die-Räuber-Mysterythriller wie Tannöd (2009) oder Das finstere Tal (2014), das schmälert aber nicht das Vergnügen. Dass die 1984 geborene Regisseurin, die zunächst Kunstgeschichte studierte und Bücher und Hörspiele schrieb, erst jetzt einen Film für die große Leinwand inszeniert hat, ist ein bisschen schade. Denn das Talent, einen mit psychologischen und historischen Untiefen versehenen Stoff unterhaltsam und ohne Peinlichkeiten umzusetzen – das hat sie.



Schweigend steht der Wald von Saralisa Volm | (C) POISON/if... Productions

Max-Peter Heyne - 19. Februar 2022 (2)
ID 13472
Weitere Infos siehe auch: https://www.berlinale.de


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