71. Internationale Filmfestspiele Berlin
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Doch rybaka (Tzarevna Scaling)
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Die Fischverkäuferin Polina (Alina Korol) schläft schlecht, weil sie sich Sorgen um ihren Bruder macht. Ein Tee, den ihr eine seltsame alte Frau schenkt, verwandelt ihren Schlaf in ein Märchen. In einer surrealen Gegenwelt nimmt sie an einem Wettstreit teil, der zeigen soll, ob sie als einfache Fischverkäuferin auch das Zeug zur Tzarevna, zur Zarentochter, hat. Skurriles, ausschließlich weibliches Personal, darunter eine sehr belesene Prüfungsbeauftragte (Viktoria Lisovskaya) nimmt sich Polina an, wobei es offensichtlich weniger um das Absolvieren der Prüfungen selber geht, sondern darum, als künftige Zarentochter einen gescheiten, selbstbewussten Eindruck zu hinterlassen.
Die Regisseurin Uldus Bakhtiozina, die auch ihre eigene Drehbuchautorin und Kostümbildnerin ist, hat mit stilsicherer und leichter Hand ein opulentes, in jeder Hinsicht verzauberndes Märchen inszeniert, dass von den vielen Zitaten und Bezügen zur russischen Mythologie und Märchenwelt lebt. Manche davon sind für westeuropäisches Verständnis schwer zu entziffern, was das Vergnügen am Betrachten dieses ebenso opulenten wie originellen filmischen Universums in keiner Hinsicht schmälert.
Uldus Bakhtiozina bietet in ihrem Langfilmdebüt grandiose Traumszenarien, die gänzlich ohne digitale Effekte auskommen. Stattdessen entwirft sie Tableaus und Bühnenbilder, die mit viel Liebe zum Detail perfekt ausgestattet sind und in der die üppigen Kostüme, das exaltierte Make-Up, der Einsatz von Retro-Technologie und die sowjetische Nachkriegs-Architektur große Wirkung entfalten. Es gelingt ein Paradoxon, denn trotz aller Extrovertiertheit des Handwerklichen und Schauspielerischen ist der Film in sich stringent erzählt und dekoriert. Sprich: Kein banales, realistisches Element stört hier die perfekt durchkomponierte, märchenhafte Szenerie. Fast ausschließlich agieren weibliche Figuren, die eine beneidenswert elegante, selbstbewusste Haltung auszeichnet. Dem gegenüber steht die ironische Behandlung des Maskulinen: Wenn Männer auftreten, dann als Parodie auf ihre Bündnisse und ihr Gehabe, wobei eine Boygroup in weißen Geißbock-Kostümen sich als eine Art Kinder-Laientheater zum Gespött macht.
Doch rybaka "schöpft aus einer Fülle von mythologischen Figuren und Symbolen. Slawischer Kopfschmuck, Kostüme, sowjetische Interieurs – nichts ist hier zufällig gewählt. So durchdacht und kenntnisreich diese Verweise auch sind, so zwängen sie die Erzählung nie in ein enges Korsett“, so die Beschreibung auf der BERLINALE-Homepage, der wir uns vorbehaltlos anschließen. Ein seltenes Beispiel handwerklich perfekter, hintersinniger Unterhaltung, die ebenso inspiriert wie amüsiert.
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Doch rybaka | © Uldus Bakhtiozina
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Bewertung:
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Gabriele Leidloff & Max-Peter Heyne - 8. März 2021 (3) ID 12797
Weitere Infos siehe auch: https://www.berlinale.de/
Post an Gabriele Leidloff
Post an Max-Peter Heyne
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