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71. Internationale Filmfestspiele Berlin

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Language Lessons



Viele unserer Mitmenschen lernen wir heutzutage nur noch online kennen. Manchmal ergeben sich daraus längere und intensivere Bekanntschaften, und von solch einem Beispiel erzählen die Filmschaffenden Natalie Morales (Drehbuch, Darstellung, Regie) und Mark Duplass (Drehbuch, Darstellung, Produktion). Die Handlung wird komplett über die Bilder erzählt, die auf den Computerscreens der beiden Protagonisten zu sehen ist:

Die Spanischlehrerin Cariño (Morales) schaltet sich mit Adam (Duplass) zusammen, der von seinem Ehemann Dutzende Spanischstunden geschenkt bekommen hat, obwohl er eigentlich schon ganz passabel Spanisch sprechen kann. Dass das schwule Paar offenbar gut betucht ist, lässt sich aufgrund des riesigen, exklusiven Designerhauses vermuten, das im Bildausschnitt zu sehen ist. Cariño, die kubanischer Abstammung ist und als Online-Lehrerin im amerikanischen Miami lebt, nimmt tapfer das Tauziehen mit dem leicht renitenten Adam auf, der das Geschenk nicht sonderlich ernst nimmt.

Schon bei der dritten Online-Lektion erfährt Cariño, dass sich bei Adam eine Tragödie ereignet hat, die den weiteren Verlauf der Online-Sprachstunden in eine andere Richtung lenkt. Sie und Adam erzählen einander private Dinge und unterhalten sich über Gott und die Welt, wobei auch Cariño eines Tages ein trauriges Erlebnis offenbart.

Die kubanisch-amerikanische Schauspielerin Natalie Morales, die Regie führte, und Mark Duplass arbeiteten schon bei der Serie Room 104 zusammen. Hier spielen sie eine anrührende, heitere wie tragische Beziehung durch, die sich über Computer-Bildschirme entwickelt und intensiviert. Wie es wohl jede/r von uns schon einmal erlebt hat, wird die Fragilität und Künstlichkeit solcher Beziehungen umso deutlicher, je mehr Intimität und Offenheit die Gesprächspartner herzustellen versuchen. Denn es handelt sich eben nicht um eine persönliche Begegnung, bei der die Nuancen zwischenmenschlicher Kommunikation identifiziert und Missverständnisse und Erwartungen klarer thematisiert werden können. Cariños Emotionswechsel sind für Adam ebenso wenig durchschaubar wie Adams Launen für sie.

Der Film stellt Fragen, die angesichts der Verlagerungen von Kommunikation ins Netz hochaktuell sind, z.B. wie sehr man Andere wirklich kennenlernen kann, wenn man mit ihnen online Geheimnisse ausgetauscht hat? Das Drehbuch lotet dabei sämtliche Tiefen aus, die sich aus dem Handikap einer platonisch-oberflächlichen Beziehung ergeben können und überzeugt mit Witz, schwarzem Humor und Wirklichkeitsnähe. Die Fokussierung auf die beschränkten Blickwinkel der Protagonisten lässt auch die Zuschauer*innen intensiv an ihrem Schicksal teilnehmen, und eh man sich versieht, sind sie uns schon nach kurzer Zeit ans Herz gewachsen. Großen Anteil daran hat auch das grandiose, nuancierte Spiel von Morales und Duplass, die ihre zwei sehr verschiedenen Charaktere so sympathisch interpretieren, dass man sie sich als Zuschauer*in allzu gerne als Gesprächspartner für einen Videochat wünscht.



Language Lessons | © Jeremy Mackie


Bewertung:    

Max-Peter Heyne - 8. März 2021
ID 12798
Weitere Infos siehe auch: https://www.berlinale.de/


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