COLOGNE CONFERENCE | 25. 9. - 1. 10. 2015
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Neues, Innovatives, Kultiges und Altbewährtes
Ein Festival-Resümé
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Auch in diesem Jahr bot die COLOGNE CONFERENCE wieder Neues, Innovatives, Kultiges und Altbewährtes. Es ist nicht nur ein Forum für Filmschaffende, das internationale Film- und Fernsehfestival sorgt auch immer wieder für ein großes Interesse beim Publikum, das schon mal die Trends von morgen begutachten konnte. Die Regisseure Paolo Sorrentino aus Italien, der Österreicher David Schalko, der Franzose Mathieu Almaric und der US-Amerikaner Joshua Oppenheimer erhielten am Ende des Festivals Preise, wie auch die Schauspielerin Nora von Waldstätten. Drei der Preisträger standen für das traditionelle Werkstattgespräch am Ende des Festivals zur Verfügung.
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Als Eröffnungsfilm war Ewige Jugend gezeigt worden. Dem italienischen Regisseur Paolo Sorrentino ist nach dem Riesenerfolg seines oscar-gekrönten Films La Grande Bellezza wieder ein cineastisches Meisterwerk gelungen. In einem Schweizer Wellnesshotel philosophieren die Altstars Michael Caine und Harvey Keitel über das Leben, die Liebe, verpasste Chancen, erfüllte und unerfüllte Träume. Eingebettet in die großartige Alpenlandschaft entfalten sich hier Sehnsüchte und die Herausforderungen des Lebens mehrerer Protagonisten, zu denen Rachel Weisz, Paul Dano und Jane Fonda gehören. Die Schauspieler, die Kameraführung, der Einsatz von Musik sind vom Allerfeinsten: Ein Fest für Filmfans. Sorrentino wird zurecht als einer der Meister des europäischen Kinos gefeiert. Während des Werkstattgesprächs erläuterte Sorrentino seine Vorgehensweise: „In meinen Filmen liegen Komödie und Tragik immer nah beieinander. Vielleicht liegt das an der Tradition der Commedia dell'arte in Italien. Ich schreibe meine Filme übrigens selber. Irgendwie wüsste ich nicht, wie ich ein Drehbuch von jemand anderem verfilmen sollte. Die Musik spielt bei mir eine große Rolle. Die habe ich meist schon im Kopf, während ich schreibe. Genauso wie die Hauptdarsteller meines zünftigen Films, die allerdings erst davon erfahren, wenn ich das Drehbuch fertig habe.“ Sorrentino hatte sich sehr gefreut, für Ewige Jugend gleich zwei so große alte Herren wie Michael Caine und Harvey Keitel vor die Kamera zu bekommen. „Meine Hauptcharaktere sind nicht sehr sympathisch. Ich aber liebe die, die sonst keiner liebt“, sinniert Sorrentino, „die sind asozial, bewegen sich außerhalb der Gesellschaft und sind sehr reich. Sie haben nicht begriffen, dass Menschen mit weniger Geld deshalb nicht weniger glücklich sein müssen. Trotzdem würde ich sagen, dass mein Hauptthema die Schönheit ist. Meine Absicht ist es, in der Hässlichkeit etwas zu suchen, das es schön macht.“
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Harvey Keitel und Michael Caine in Ewige Jugend | (C) Wild Bunch Germany
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Der neue Film von Joshua Oppenheimer, The Look of Silence, fand große Beachtung - eine ungewöhnliche und tiefgründige Dokumentation über den vielfach unbekannten Genozid in Indonesien Mitte der 60er Jahre. Mit großer Ruhe und Vorsicht geht Oppenheimer dem Mord an geschätzt über einer Millionen Menschen nach, wahrend die Täter immer noch politischen Einfluss haben. Oppenheimer hatte schon 2012 The Act of Killing herausgebracht, in dem die Mörder mit ihren Taten prahlen und sie vor der Kamera nachstellen. In The Look of Silence geht der Optiker Adi seinem Geschäft nach und passt einigen der Täter neue Brillen an. Währenddessen befragt er sie nach der Vergangenheit. Die meisten der getöteten Indonesier wurden an abgelegenen Orten gefoltert und niedergemetzelt, einem aber gelang halbtot die Flucht, so dass der Mord an ihm öffentlich wurde. Er hatte einen Namen, Ramli, und der hallt im Bewusstsein der Überlebenden nach, weil sein Name für die Tötung von sehr vielen steht. Der Protagonist des Films, Adi, ist sein Bruder, der erst nach Ramlis Tod geboren wurde. „Das Leben der Menschen wird von der Angst zerstört“, sagte Oppenheimer, „es ist die Angst, die auch mit der Straflosigkeit zu tun hat, denn die Täter wurden nie zur Verantwortung gezogen.“
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The Look Of Silence | (C) Koch Media
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Der österreichische Regisseur David Schalko wurde vor allem durch seine Fernsehserie Braunschlag bekannt, mit der 2011 Furore machte. Nun stellte er die Miniserie Altes Geld vor, in der ein vermögender alter Patriarch so krank ist, dass er eine neue Leber braucht. Da er die legal nicht bevorzugt bekommen kann, vererbt er demjenigen sein Vermögen, der ihm eine besorgt. Mit seiner bissigen und ungeschönt präsentierten Satire trifft Schalko den Nerv der Zeit und des begeisterten Publikums. Der renommierte Burgschauspieler Gert Voss war für die Hauptrolle vorgesehen, verstarb aber unerwartet. Daraufhin besetzte Schalko die Rolle völlig gegen den Strich mit dem extravaganteren Udo Kier, der sich als Familienekel sichtlich wohl fühlt. An seiner Seite spielen Sunnyi Melles, Nora von Waldstätten und Nicholas Ofczarek als allzu willige Erbanwärter.
Auch die BBC war wieder mit einer bemerkenswerten Produktion vertreten: Wolf Hall. In der sechsteiligen Miniserie verkörpert der Ausnahmeschauspieler Mark Rylance den englischen Adeligen Thomas Cromwell, der im 15. Jahrhundert zum Berater des englischen Königs Heinrich VIII. Aufstieg und von einigen Historikern als der erste moderne Politiker interpretiert wird. In zeitgenössischem Umfeld lässt Regisseur Peter Kosminsky die Welt bei Hofe in einer gefährlichen Zeit des Umbruchs erstehen. Heinrich VIII. will sich von seiner ersten Ehefrau scheiden lassen, weil die ihm keinen Thronerben gebären kann, und bricht dabei mit dem Papst und der katholischen Kirche.
Der große Favorit des Festivals war die US-Serie Mr. Robot, deren erster Teil gezeigt wurde. Sie spielt im Hackermilieu. Der psychisch kranke IT-Spezialist Elliot (Rami Malek) gerät in eine anarchische Gruppe von Hackern, die sein Talent für dubiose Zwecke ausnutzen wollen.
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Die 25. COLOGNE CONFERENCE ist weitgehend ihren Erwartungen gerecht geworden und hat einen spannenden Überblick über das internationale Film- und Fernsehschaffen gegeben.
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Helga Fitzner - 4. Oktober 2015 ID 8908
Weitere Infos siehe auch: http://www.cologne-conference.de
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