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Dokumentarfilm

Cobain - Montage of Heck, ein Dokumentarfilm von Brett Morgen über den charismatischen Kopf der US-amerikanischen Grunge-Band Nirvana



Bewertung:    



Neben Janis Joplin, Jim Morisson und Jimi Hendrix war Kurt Cobain, Sänger und Kopf der Anfang der 1990er Jahre recht erfolgreichen Grunge-Band Nirvana aus Seattle (Washington), das wohl bekannteste Mitglied im Klub, der mit 27 Jahren gestorbenen Rockmusiker - mit dem Unterschied, dass er selbst entscheidend daran mitgewirkt hatte. Am 5. April 1994 schoss sich Kurt Cobain, mit einer Selbstladeflinte in den Kopf. Vorangegangen waren Wochen der Abgeschiedenheit, Depressionen und Jahre des exzessiven Drogenmissbrauchs. Cobain, der Held einer ganzen Generation von Jugendlichen, schien den schnellen Ruhm und den Kult, der sich um ihn aufgebaute hatte, nicht verarbeiten zu können.



Kurz Cobain | © Arts Alliance


Dokumentarfilmer Brett Morgen sucht in erster Line keine Erklärungen für den Tod Cobains, auch geht er keinen Verschwörungstheorien nach. Er zeigt in Cobain - Montage of Heck die andere, bisher kaum bekannte Seite des Rockstars, als sensiblen, vielseitig begabten Künstler, der als eigentlicher Outsider Zeit seines Lebens in der ihm zugedachten Leader-Rolle einer desillusionierten Jugend doch auch nur nach Normalität und Anerkennung suchte.

Dazu hat Brett Morgen die Erlaubnis der mitproduzierenden Cobain-Tochter Frances Bean erhalten, erstmals den in einem Lagerhaus befindlichen persönlichen Nachlass des Musikers zu sichten.

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Der 1967 in der Kleinstadt Aberdeen (Washington) geborene Kurt Cobain hat ein schier unermessliches Konvolut, bestehend aus Tagebuchaufzeichnungen, Demotapes mit Musik- und Sprachaufnahmen, sowie viele Zeichnungen, Comicgeschichten und andere Objekte der Bildenden Kunst hinterlassen. Dieses nun für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu haben, ist vielleicht der größte Verdienst des Filmprojekts von Brett Morgen. Den Titel für seinen Film entlehnte er einem der vielen Mixtapes von Kurt Cobain. Montage of Heck entstand ca. 1988 und enthält eine von Cobain kreierte Mischung aus manipulierten Radiomitschnitten, Geräuschen und eigenen Demoversionen. Und so hat auch Morgen seine Dokumentation aus Familienfotos, privaten Home-Videos, Konzertmitschnitten, Zeitungsartikeln und animierten Spielszenen (von Stefan Nadelman und Hisko Hulsing) aus dem Leben Kurt Cobains im wahrsten Sinne des Wortes montiert.

Passagen aus Gesprächen, die der Regisseur mit den geschiedenen Eltern und der Schwester Cobains, dem ehemaligen Bandmitglied Krist Novoselic, der Freundin aus früheren Tagen Tracy Marander und natürlich Courtney Love, der in den Medien viel geschmähten Witwe des Rockmusikers, geführt hat, stehen wie beglaubigende O-Ton-Kommentare daneben. Der Zuschauer erfährt Details über die verkorkste Kindheit und Jugend Cobains. Fotos der Eltern lassen den American Way of Live der Fifties wieder auferstehen. Zwei, die jung geheiratet haben, im Glauben, die Liebe würde ewig halten, und sich dann doch auseinander lebten. Mutter und Vater erzählen aus heutiger Sicht über ihren Sohn, dessen Energie sie nicht zu bändigen vermochten. Kurt schwankt immer wieder unverstanden zwischen den Fronten, wird von Mutter über Vater zu den Großeltern weitergereicht. Die heile Familie, die er sich wünscht, und die sein Vater erst mit einer anderen Frau verwirklicht hat, bietet für den rebellierenden Außenseiter auf Dauer keinen Halt.

Chronologisch wird Kurt Cobain Werdegang bildlich nachvollzogen. Ausschnitte aus Home-Videos der Eltern zeigen Kurts frühes Talent zur künstlerischen Performance. Der Junge spielt auf der Gitarre, zeichnet viel und sucht unablässig nach Bestätigung. Dabei wirkte er oft auch sehr verletzlich. Der Ex-Nirvana-Bassist Novoselic weist auf diese Seite hin, wenn er darüber spricht, wie Cobain auf schlechte Kritiken reagierte und keinerlei Demütigungen ertragen konnte. Immer wieder zieht sich der Musiker tagelang zurück. In diesen introvertierten Phasen produziert Kurt Cobain aber den Großteil seiner Kunst. Die Energie dafür nimmt er förmlich aus dem Bauch. Songs aus dem Magen wie es Cobain, der seit frühster Jugend an unerklärlichen psychosomatischen Schmerzen leidet, nennt.

Der schnelle Hype der Band Nirvana und der ganze darauf folgende Rock’n’Roll-Lifestyle scheinen ihn aber kaum zu interessieren. Bei den eingeblendeten Interviews wirkt Cobain oft wie abwesend, während Krist Novoselic eher das Image des coolen Underdogs pflegt. Nur in den Konzerten geht der Sänger und Bandleader sichtlich aus sich heraus. Dieses Abreagieren aufgestauter Aggressionen ist auch in den vielen Skizzen, dahingekritzelten Songtexten und teils sehr aggressiv wirkenden Comicstrips, die Morgen immer wieder in den Film einmontiert, erkennbar. Ein ebenfalls recht wirkungsvolles Mittel sind die künstlerisch animierten Tagebuchpassagen, die einen Einblick in die Gedankenwelt des jungen Kurt bieten.

Das Familienleben, das Kurt Cobain immer fehlte, scheint er dann in der Heirat mit der Rocksängerin Courtney Love endlich gefunden zu haben. Auch hier gibt es bisher nie gezeigtes Filmmaterial aus der heimischen Wohnung, das beide mit ihrer Tochter Francis Bean zeigen. Man scherzt miteinander, feiert Geburtstag und singt "Amazing Grace". Aber auch hier scheint Kurt oft wie abwesend. Brett Morgen beteuert in einem zusätzlichen 12minütigen Interview zum Making Of, dass er den Film vor allem für Francis Bean gemacht habe. Sie hat dem Regisseur in dieser Hinsicht auch völlig vertraut. Morgen lässt die sehr intimen Bilder aus dem Familienvideos unkommentiert. Ob sie eine heile oder nur eine Scheinwelt zeigen, bleibt dem Empfinden des Betrachters überlassen. Dass das Paar lange Zeit heroinabhängig war, ist bekannt. Morgen lässt noch einmal in Zeitungsausschnitten die damalige Medien-Kampagne als beispielloses Zeichen einer Dämonisierung Revue passieren. Darüber scheint zumindest Kurt Cobain nicht hinweggekommen zu sein.



Courtney Love | © Arts Alliance


Auf den Suizid selbst geht der Regisseur in seiner Dokumentation nicht mehr ein. Was aber auf keinen Fall zu kurz kommen darf, ist natürlich die Musik Kurt Cobains und seiner Band Nirvana. Brettt Morgen setzt an das Ende seines Films Ausschnitte aus der denkwürdigen MTV-Unplugged-Session im November 1993 in New York. Die letzte Tour der Band im März 1994 brach Cobain dann ab. Nirvanas größter Hit "Smells like Teen Spirit" ist zur Hymne der sogenannten Genration X geworden. Ob Kurt Cobain wirklich deren Sprecher war, oder nicht doch eher ein sensibler nach Anerkennung ringender Künstler und Mensch, kann nun anhand dieser Dokumentation nachvollzogen werden. „All in all is all we are.“

Stefan Bock - 8. April 2015
ID 8556
Weitere Infos siehe auch: http://cobainfilm.com


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