Mensch,
Ole!
Im Gespräch mit LARA-Regisseur Jan-Ole Gerster
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Jan-Ole Gerster (li.) im Gespräch mit Max-Peter Heyne | Foto (C) MP
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Auf die Ähnlichkeiten in Inhalt, Dramaturgie und Tonlage zu seinem ersten Film Oh Boy angesprochen, sagt Lara-Regisseur Gerster [anlässlich der Premiere seines Films beim Internationalen Filmfestival Karlovy Vary], diese seien ihm bisher “nicht bewusst gewesen”. Offensichtlich habe ihm das Originaldrehbuch des slowenischen Autors Blaž Kutin deswegen so gefallen.
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Jan-Ole Gerster: Blaž hat das Drehbuch schon vor elf Jahren geschrieben und es mir auf Englisch zum Lesen gegeben. Die Geschichte hat mir auch wegen der ambivalenten Hauptfigur damals spontan sehr gefallen, habe aber erst einige Anläufe für ein anderes Projekt versucht. Dass es mit der Verfilmung von Lara einige Zeit gedauert hat, war insofern nicht schlimm, da die Geschichte mit ihren Konflikten zeitlos und universell wirkt.
Wie in Oh Boy wird ein Konflikt zwischen einem Elternteil und einem erwachsenen Kind innerhalb eines Tages erzählt, der zu einem Wendepunkt im Leben der Hauptfigur wird. Das sind erstaunliche Parallelen.
JOG: Vielleicht haben diese Aspekte zu mir gesprochen, ohne dass ich mir dessen bewusst war. Ich habe das jedenfalls beim Lesen nicht reflektiert, bemerkte aber, dass die Tonalität im Drehbuch ähnlich war. Mich hat vor allem der Aspekt angesprochen, dass von einem Menschen erzählt wird, der eine große Leidenschaft für eine Sache hat. Das sind ja per se interessante Figuren, die für etwas brennen.
Das konnte man von Tom Schillings Figur in Oh Boy nicht gerade sagen. Dennoch hat er auch unter Konflikten gelitten, mit denen er sich genau wie Lara nicht gerne auseinandersetzt.
JOG: Ja, sie lebt eine widersprüchliche Integrität – eine Leidenschaft zu haben, der sie sich nicht widmet, die sie nicht lebt, aus Angst zu scheitern. Solche Versagensangst kenne ich aus dem Kontext des Studiums an der Filmhochschule. Aus Ehrfurcht vor der Sache oder weil man sich manchmal Urteile zu sehr zu Herzen nimmt, schreckt man vor der Umsetzung seiner Ideen zurück. Ich glaube, dass kennt jede(r) von uns, dass man Angst hat, es nicht unbeschadet zu überstehen, gerade wenn große Leidenschaften im Spiel sind. Zur besonderen Qualität der Story gehört für mich auch, dass es ein Stück weit offenbleibt, ob Lara aus ihrer Feststellung, dass es nicht richtig war, ihre Leidenschaft für Musik zu unterdrücken, Konsequenzen zieht.
Corinna Harfouch erweist sich als Idealbesetzung. Hattest du beim Casting gleich an sie gedacht?
JOG: Ja, weil ich finde, dass sie es meisterhaft versteht, ernste, tragische Situationen mit subtilem Humor zu brechen. Corinna ist eine extrem lustige Person, die um die Absurditäten des Lebens weiß. Sie zieht die Ernsthaftigkeit der Figur aber auch nicht ins Lächerliche, sondern verleiht Lara in vielen Szenen eine Lebendigkeit, die etwas von der Zerrissenheit ihrer Figur durchscheinen lässt. Denn auch Menschen mit einer ganz bestimmten Ausstrahlung an der Oberfläche haben einen Hintergrund, der komplexer ist.
In dem Kleid, dass sich Lara für den Konzertabend kauft, sieht Corinna Harfouch umwerfend aus!
JOG: Das wurde zusammen mit Corinna eigens angefertigt und nicht gekauft. Ja, es sieht fantastisch aus, und sie war glücklich damit. Wir haben etwas gesucht, dass zur Figur passt und Strenge und Eleganz zugleich ausstrahlt. Deshalb haben wir auch den Mantel noch in letzter Minute geändert, der nicht zu farbig wirken sollte.
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Leider konnte Corinna Harfouch Mitte Juli nicht noch ein zweites Mal nach Karlovy Vary fahren, um den Preis als beste Darstellerin entgegen zu nehmen, denn sie hat einen Tag später an ihrem Wohnort in Brandenburg eine Theaterbühne eröffnet.
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Jan-Ole Gerster und Corinna Harfouch beim Filmfestival in Karlsbad/Karlovy Vary | Foto (C) Manfred Thomas
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Interviewer: Max-Peter Heyne - 10. November 2019 ID 11804
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