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Interview

Das bärtige Büroekel Stromberg machte ihn „reich und hässlich“, wie Christoph Maria Herbst im Interview sagt



Christoph Maria Herbst als Stromberg - Foto © NFP Verleih



„Ich wollte nie, dass Bernd Stromberg nur

eine Abziehfigur ist.“

„Als der schlimmste Chef Deutschlands“ (Pressezitat) errang der 1966 in Wuppertal geborene und in Köln lebende Schauspieler Christoph Maria Herbst große Popularität in der Pro7-Fernsehserie Stromberg als leitender Angestellter eines fiktiven Versicherungskonzerns. Nach zehn Jahren mit fünf TV-Staffeln, die durchschnittlich 1,6 Millionen Zuschauer in der Zielgruppe der 14 bis 40jährigen erreichten, und über einer Million verkaufter DVDs haben die Stromberg-Fans sogar bei der Finanzierung des Kinofilms geholfen, der ab 20. Februar in deutschen Kinos startet. Das bärtige Ekel mit der Halbglatze, der nach unten tritt und nach oben buckelt, spielt wiederum Christoph Maria Herbst (46), der im Gespräch das glatte Gegenteil seiner Rolle ist: freundlich, aufgeschlossen, unkompliziert und fröhlich.


* * *


Herr Herbst, die Figur Stromberg lässt sie einfach nicht los. Schlimm oder schön?

Christoph Maria Herbst:
Ich habe Stromberg eine Menge zu verdanken – umgekehrt aber auch! Fluch oder Segen? Ich habe keinen Grund, zu lamentieren. Stromberg ist eine sehr markante Figur, die eine enge Bindung zu den Zuschauern hervorgerufen hat. Ich glaube, der Erfolg hat auch damit zu tun, dass wir die Serie in den letzten zehn Jahren nicht zu Tode inflationiert haben. Stattdessen haben wir vorsichtig dosiert, und man freute sich auf die beste Zeit im Jahr, wenn wieder Stromberg wurde – eine Aufgabe, der ich mich sehr gerne gewidmet habe. Die Haltung, aufs Leben zu gucken wie Stromberg ist beim Drehbuchautor Ralf Husmann viel mehr zu Hause als bei mir. Es ist als Schauspieler eine Freude, die Dialoge von Husmann sprechen zu können. Dabei ernst zu bleiben ist nicht immer ganz leicht beim Drehen. Die Verwandlung zu Stromberg gelang mir per Memory-Effekt: Die Barthaare für diesen Klobrillenbart drückten sich innerhalb von drei Wochen von innen raus.


Die vielen Fans ist es zu verdanken, dass es jetzt einen Stromberg-Kinofilm gibt.

C. M. H.:
Das ist in der Tat rührend, dass innerhalb von nur sechs Tagen nach dem Aufruf in den Medien eine Million Euro von den Fans zusammengekommen sind. Das Crowd-Investment, also die direkt eingezahlte Beteiligung an dem Projekt, war ein Motivationsschub für das Team und hat das Gefühl der Verantwortung für den Film noch gestärkt. Basisdemokratischer geht es nicht! Die Fans sind zusammen mit den Machern gereift und haben wieder ihren guten Geschmack bewiesen. Wenn wir großen Erfolg haben, kriegen die Einleger ihr Geld zurück. Aber wir waren ja im Grunde auch im Fernsehen schon ein Nischenprodukt und werden nicht an den Blockbustern gemessen werden können.


Ist Stromberg für Sie eine typisch deutsche Figur?

C. M. H.:
Es gibt einen Abklatsch der Serie in Spanien, da sieht der Darsteller genau so aus wie ich als Stromberg und agiert genauso chauvinistisch. Deswegen kann man nicht ohne weiteres sagen, dieser fremden- und frauenfeindliche Typus ist sehr deutsch, er ist leider universell. Ein Geheimnis des Erfolges der Serie scheint mir, dass Stromberg jene politisch unkorrekten Dinge ausspricht, die Andere nur denken. Sicher gibt es Augenblicke, in denen ich den Bernd Stromberg verabscheue. Aber es gibt niemals Momente, in denen ich sage: Das kann ich nicht spielen. Es ist nun mal Stromberg in diesem Moment. Innerhalb des Stromberg-Kosmos macht es Sinn. Und es widert mich trotzdem an. Aber das ist auch das Schöne: Wenn es mich nicht anwidern würde, wie kann ich dann erwarten, dass es dem Zuschauer so geht? Denn wir wollen doch Figuren spielen, die den Zuschauer bewegen, die ihm durch den Kopf gehen und ihn den Kopf schütteln lassen. Den Stromberg will ich so spielen, dass man ihn in den Arm nehmen, ihm gleichzeitig aber auch in den Hintern treten will.


Der Film spielt überwiegend außerhalb des Büros und Stromberg erscheint im Verlaufe der Handlung selbst als Opfer größerer Intrigen.

C. M. H.:
Ralf Husmann war als Autor klar, dass wir für den Kinofilm raus den Kulissen müssen, weil die Bürosituationen innerhalb der Serie bereits durcherzählt waren. Deshalb der Betriebsausflug im Film. Schon der Fernsehserie tat es gut, dass die Themen immer mehr ins Menschelnde gingen. Stromberg sollte die Zuschauer immer auch berühren. Im Kinofilm gibt es sogar rührende Momente, in denen Stromberg gegenüber seinem Schwarm seine verletzliche Seite zeigt, dass auch er sich letztlich nach Liebe sehnt. Und er muss feststellen, dass die Bosse von ganz oben noch viel scheinheiliger agieren als er. Das Ende bleibt also unversöhnlich, denn die Realität ist noch viel schonungsloser als das, was wir zeigen.


Stimmt es, dass einige Fernsehzuschauer Stromberg für eine Dokumentation hielten?

C. M. H.:
Ja, nach der ersten Staffel 2004 bekam ich einmal in einer Fußgängerzone Prügel angedroht, weil jemand dachte, ich bin ein echter Chef, der seine Angestellten quält. Nach einer Weile haben es aber alle mitbekommen, dass Stromberg-Fiktion ist und nicht mit versteckter Kamera in einem echten Büro aufgenommen wurde. Aber dass wir gar nicht sehr weit weg von der Realität sind, belegen einige Zuschriften, in denen es heißt: „Wenn ihr glaubt, ihr macht da Comedy, täuscht ihr euch. Bei uns im Büro spielt sich das jeden Tag so ab.“ Es gab auch Anfragen von Firmen an meine Schauspielagentur, ob sie einmal den Herrn Stromberg für eine Veranstaltung der Versicherungsbranche engagieren dürften. Ich habe auch von einigen weiblichen, offenbar unter einem schweren Vaterkomplex leidenden Fans Heiratsanträge bekommen. Das scheinen mir aber arg verstrahlte Frauen zu sein.





Christoph Maria Herbst als Stromberg - Foto © NFP Verleih


Max-Peter Heyne - 20. Februar 2014 (2)
ID 7621
Weitere Infos siehe auch: http://www.stromberg-der-film.de/


Filmbesprechung Stromberg - Der Film

Post an Max-Peter Heyne



 

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