Für ihre Verfilmung der Liebesgeschichte Edward VIII. mit Wallis Simpson (Filmtitel: W. E.) engagierte Madonna den deutschen Kameramann Hagen Bogdanski
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Kameramann Hagen Bogdanski bei einem Dreh in Berlin - Foto (C) Senator Film Verleih
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Im Jahre 1936, inmitten einer angespannten weltpolitischen Lage, geriet die Monarchie des Vereinigten Königreichs Großbritannien in eine existentielle Krise, weil der angehende König Edward VIII. auf Krone und Einfluss zugunsten der Liebe seines Lebens verzichtete. Was so unnachahmlich romantisch klingt, war damals ein ungeheurer Skandal. Denn Edwards zukünftige Frau Wallis Simpson war bürgerlich, Amerikanerin, noch nicht geschieden und wirkte außerdem ungebührlich temperamentvoll. Was mag die Frau, die eine europäische Macht in ihren Traditionsgrundfesten erschütterte, angesichts der ungeheuren Anfeindungen gegen sich gefühlt und gedacht haben? Dieser Frage ist die Sängerin Madonna für ihre zweite Regiearbeit, dem stimmungsvollen, aber wohltuend unsentimentalen Film W. E. (für „Wallis und Edward“) nachgegangen.
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W. E. (Plakat) - Foto (C) Senator Filmverleih
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Um sich der Person Wallis Simpson und deren unbekannten Innenleben anzunähern, verknüpft Madonna recht geschickt zwei Zeitebenen: Die der dreißiger Jahre, kurz bevor Edward VIII. zurücktritt, und die von 1998, als eine junge, historisch interessierte Frau erfährt, dass viele persönliche Gegenstände der von ihr bewunderten Wallis Simpson bei einer öffentlichen Auktion versteigert werden sollen. „Der historische Aspekt ist für einen Kameramann immer besonders interessant, und in diesem Fall ist natürlich die Verknüpfung zweier Perioden, also 1937 und 1998, spannend. Diese Rückblenden boten mir sehr viele Möglichkeiten“, sagt der Berliner Hagen Bogdanski, der für die elegante visuelle Verquickung der verschiedenen Zeit- und damit auch Stilepochen in W.E. verantwortlich zeichnet. Seit das Stasi-Drama Das Leben der Anderen 2006 einen „Oscar“ als bester ausländischer Film erhielt, ist auch Bogdanski in Hollywood bekannt und begehrt. Seine Arbeit ist zusammen mit der exquisiten Musik des in Krakau geborenen und nun in Hollywood lebenden polnischen Komponisten Abel Korzeniowski ein wichtiger Faktor dafür, das W. E. das Interesse des Zuschauers wachhält, auch wenn die Figuren und die verschachtelte Filmerzählung nicht immer ganz überzeugen.
Zur Vorbereitung von W. E. nutzten Bodganski und Madonna verschiedenste Quellen: „Wir lasen viele Bücher, sahen uns eine Menge Bilder an und natürlich auch etliche andere Filme. Es war also eine abwechslungsreiche Mischung aus Kunst, Film und Fotografie, die uns als visuelle Referenz für die verschiedenen Stilelemente in unserem Film diente“, erläutert der Kameraexperte, der dafür oft im Hause der Sängerin zu Gast war: „Wir trafen uns immer in einem großen Arbeitszimmer bei Madonna zuhause. Dort breitete sie all die Fotos, Bildbände und Filme aus, die wir dann danach sortierten, welche uns gefielen und welche nicht. Dann überlegten wir, wie wir diese tollen Bilder in bewegte Aufnahmen übertragen oder was wir uns bei einem experimentellen Film von Jean-Luc Godard abgucken konnten“, berichtet Bodganski.
Um die verschiedenen Situationen und Stimmungen, in denen sich die beiden weiblichen Hauptfiguren befinden, visuell zu unterstreichen, entschieden sich die Regisseurin und ihr Kameramann dafür, in verschiedenen Filmformaten zu drehen: „Für einige besonders nostalgische Momente setzten wir sogar Super 8 ein – wie in alten Heimvideos“, berichtet Hagen Bogdanski: „Das half uns dabei, die Geschichte der Liebe zwischen Edward und Wallis so zu erzählen als hätte sie damals jemand gefilmt und die Aufnahmen ins Archiv gepackt.“ Viele Szenen drehte Bogdanski mit dem Steadycam-Verfahren, bei dem sich der Kameramann die gesamte Ausrüstung um den Körper schnallt, um im Raum besonders beweglich zu sein und quasi um die Figuren herumzutanzen. Für solche ‚Choreografien‘ kam Madonnas Tanzerfahrung zu Gute.
Trotz der politischen (und feministischen) Untertöne ist W. E. für Hagen Bogdanski „ein Liebesfilm. Natürlich steckt darin auch noch eine ganz andere Dimension, aber für mich waren die beiden Liebesgeschichten und die Art und Weise, wie sie miteinander verknüpft sind, das Entscheidende.“ Überhaupt sind die emotionalen Aspekte einer Geschichte für Bogdanski das Hauptkriterium für die Auswahl der Angebote: „Ich hätte nichts dagegen, eines Tages auch mal einen Blockbuster zu drehen. Aber prinzipiell interessieren mich statt Action und Effekten eher menschliche Geschichten über Liebe, Hass, Vertrauen, Kinder.“
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Hagen Bogdanski und Madonna am Set von W. E. - Foto (C) Senator Filmverleih
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Max-Peter Heyne - 21. Juni 2012 ID 00000006046
Weitere Infos siehe auch: http://we.senator.de/
E-Mail an unseren Filmkritiker Max-Peter Heyne
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