Filme, Kino & TV
Kunst, Fotografie & Neue Medien
Literatur
Musik
Theater
 
Redaktion, Impressum, Kontakt
Spenden, Spendenaufruf
Mediadaten, Werbung
 
Kulturtermine
 

Bitte spenden Sie!

KULTURA-EXTRA durchsuchen...

Interview


Rutger Hauer als Maler Pieter Brueghel in Die Mühle und das Kreuz endlich wieder einmal in einer Hauptrolle

Max-Peter Heyne traf ihn auf dem Filmfest Münster



Lebendiges Wimmelbild

Der niederländische Schauspieler Rutger Hauer, der wegen seines kurzen, blonden Haarschopfs und seiner wasserblauen Augen als „holländischer Paul Newman“ gilt, ist vor allem durch seine Rolle als emotionsbegabter, künstlicher Mensch an der Seite Harrison Fords im amerikanischen Science-Fiction-Klassiker Blade Runner von 1982 berühmt geworden. Zuvor mimte Hauer in Spielfilmen und Serien in Holland, aber auch in der Bundesrepublik den jugendlichen Draufgänger (z. B. Floris von Rosemund, 1976). Frei nach seinem Motto „Die Miete muss reinkommen“, schreckte Rutger Hauer nie vor der Mitwirkung an extrem schnell und billig produzierter Hollywood-Zweit- und Drittware zurück. Doch mit zunehmender Reife wurde der charismatische Hauer dies- wie jenseits des Atlantiks gerne zur Veredelung aufwändiger Produktionen wie z. B. Sin City (2004), Batman Begins (2005) oder auch der deutschen Krimikomödie Knockin’ on Heaven’s Door (1997) in prominenten Nebenrollen besetzt.




Foto (C) Neue Visionen Filmverleih



Auch im wortkargen, aber visuell atemberaubenden Spielfilm Die Mühle und das Kreuz des polnischen Regisseurs Lech Majewski muss Hauer überwiegend durch bloße Präsenz Wirkung entfalten. Dafür darf der markante Mime aber endlich einmal wieder die Hauptrolle spielen, nämlich den flämischen Maler Pieter Brueghel den Älteren, der im Jahre 1564 eines seiner berühmtesten Gemälde schuf: „Die Kreuztragung Christi“. Brueghel verlegte auf seinem frühen „Wimmelbild“ – rund 500 Personen bevölkern die 124 x 170 cm große Leinwand – die Passionsgeschichte von Jerusalem in das von den Glaubenskriegen zerrüttete Flandern des 16. Jahrhunderts. Der Exil-Pole Majewski, der seine Karriere als Maler begonnen hat und heute überwiegend Videokunst produziert, erweckt Brueghels detailreiches Gemälde vermittels digitaler Tricktechnik zum Leben. Dazu dienten verschiedene computeranimierte Landschaftsmotive, aber auch eine riesige, von Majewski selbst gemalte Kopie des Brueghel-Bildes, als Hintergrundbilder, in die andere digitale Schichten – jene mit den Schauspielern und Dekors – hineinkopiert wurden.

Dazu mussten Rutger Hauer und Kollegin Charlotte Rampling häufig vor so genannten Blue Screens agieren – unifarbenen Vorhängen in einem leeren Studio. Für den versierten Schauspieler keine neue Erfahrung: „Mit digitaler Aufnahmetechnik geht alles viel schneller, die Szene ist manchmal schon abgedreht und ich denke, ich war doch noch gar nicht soweit“, sagt Hauer. „Als ich mit der Schauspielerei anfing, hat der Aufbau eines Filmsets mindestens eine Stunde gedauert. Und heute: Da ist ein grüner Vorhang, vor dem man sich in einem bestimmten Ausschnitt hin- und her bewegt. Schon nach zehn Minuten geht‘s weiter. So lernt man schneller zu arbeiten, eine echte Herausforderung!“

Dass über Rutger Hauer so wenig zu lesen ist, hängt damit zusammen, dass der aus Holland stammende Hollywoodstar die Presse regelrecht meidet, - teils, weil er meint, Schauspieler hätten nichts Wichtiges zu berichten, vor allem aber weil er meint, Journalisten würden zuviel Unwichtiges berichten. Im Grunde hält er jedwede Berichterstattung über Stars und Showbiz für eine höchst unseriöse Art des Geldverdienens, was er seinen Gesprächspartner trotz harscher Worte („crap“) allerdings nicht spüren lässt. Im Gegenteil: Einen so gesprächigen, offenherzigen und unprätentiösen Star wie Rutger Hauer erlebt man als Interviewer nur äußerst selten!

Dem medienscheuen Hauer kommt zugute, dass er Aufgaben wie in Die Mühle und das Kreuz wie eine sportliche Übung auffasst und großen Spaß an der Abwechslung, aber auch an den Absurditäten seines Berufes hat: „Ich sehe alles als eine Übung an. Wir Schauspieler können hin und wieder geniale Momente liefern, aber sehr viel hängt vom Regisseur ab. Wir können nur bei jedem Film unser Bestes geben, abwarten und hoffen, dass das Endergebnis einen Sinn ergibt“, stellt Hauer nüchtern fest. Über seine bekannteste Rolle bilanziert er: „‘Blade Runner‘ war die Erfahrung, wie ein Film, der bei seinem Start nicht besonders erfolgreich war, durch ein treues Publikum Teil einer subkulturellen Strömung und damit sehr populär wurde. Das war sehr schön für mich: Festzustellen, dass der Film über die Jahre eine Gefolgschaft mobilisiert hat und dass es ein Verständnis dafür gab, was ich mit meiner Rolle versucht hatte. Ich hatte nicht vermutet, dass so etwas geht“, sagt der holländische Mime.

Als Roboter-Figur, so dachte sich Rutger Hauer damals, „kann ich ohne große Hemmungen alles in die Rolle hineinlegen, was ich wollte. Die Idee, ihn besonders menschlich erscheinen zu lassen, indem ich ihm etwas Seele, Humor und einen Sinn fürs Poetische gebe, hat Regisseur Ridley Scott akzeptiert, und ließ mich machen.“ Überhaupt sei seine US-Karriere eine Kombination aus „Zufall und glücklichen Umständen“, meint Hauer: „Als Schauspieler muss ein bisschen dumm oder besessen sein, zumal in Hollywood, diesem engen Flecken Erde.“

Gleich seine erste Rolle wurde kurzfristig gestrichen und er sollte trotz gültigem Vertrag nicht bezahlt werden, berichtet Hauer: „Da hat mein Anwalt gedroht, und ich dachte, das war’s dann wohl. Stattdessen habe ich bald danach richtiges Geld verdient – unglaublich! Was mir passiert ist, ist ein richtiges Wunder.“

Und was hat sich in den letzten dreißig Jahren in Hollywood verändert? Hauer äußert sich ernüchtert: „Ich denke, eine wesentliche Änderung ist auch, dass die Türen in Hollywood sich für einen jungen Schauspieler aus dem Ausland nicht mehr so leicht öffnen wie für mich 1980. Man hat nicht mehr solche Chancen, einfach entdeckt zu werden. Ich weiß nicht, was man tun muss, aber die Türen stehen nicht mehr offen, eine Green Card kommt nicht auf einen zugeflogen. Viele Schauspieler wollen ihre Karriere ausgerechnet im schrecklichen Los Angeles starten, wo einer den anderen hasst, speziell unter Schauspielern. Warum? Filme werden überall gemacht.“


Max-Peter Heyne – red. 28. November 2011
ID 00000005505
Die Mühle & das Kreuz
Spielfilm/Drama
Großbritannien/Schweden/Polen 2011
Regie: Lech Majewski
92 min
35 mm und digital
1,85:1
Dolby SRD
FSK 12
Verleih: Neue Visionen Filmverleih

Weitere Infos siehe auch: http://www.neuevisionen.de


E-Mail an Max-Peter Heyne



 

FILM Inhalt:

Rothschilds Kolumnen

BERLINALE

DOKUMENTARFILME

DVD

EUROPÄISCHES JUDENTUM IM FILM
Reihe von Helga Fitzner

FERNSEHFILME

HEIMKINO

INTERVIEWS

NEUES DEUTSCHES KINO

SPIELFILME

TATORT IM ERSTEN
Gesehen von Bobby King

UNSERE NEUE GESCHICHTE


Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal

 


Home     Datenschutz     Impressum     FILM     KUNST     LITERATUR     MUSIK     THEATER     Archiv     Termine

Rechtshinweis
Für alle von dieser Homepage auf andere Internetseiten gesetzten Links gilt, dass wir keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung und Inhalte haben!!

© 1999-2024 KULTURA-EXTRA (Alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar!)