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„Komm mir nicht so! Wer hatte das Sagen? Wer hatte die Hosen an?“ Energisch und laut wehrt sich Gracie (Julianne Moore) gegen das Bild, das Joe (Charles Melton) von sich zeichnet, als Opfer in ihrer Beziehung. Sie sitzt aufrecht im Bett. Er sitzt emotional bewegt, beinahe zerknirscht, kleinlaut vor ihr. Beide lernten sich vor über zwanzig Jahren kennen, sie war 36 und er 13 Jahre alt. Gracie behauptet aufgebracht, er habe sie verführt und so die Beziehung forciert. Charlie überlegt stockend und verunsichert, ob er tatsächlich freiwillig als Kind mit ihr eine Beziehung einging.

Gracie ging, aufgrund ihrer Affäre in den 90er-Jahren, für längere Zeiträume ins Gefängnis, wobei sie bereits schwanger von dem damaligen Siebtklässler war. Nach Gracies Gefängnisaufenthalt blieb das Liebespaar zusammen und heiratete bald. Heute sind Joe und Gracie Eltern dreier gemeinsamer, fast erwachsener Kinder, Honor (Piper Joy Curda), Mary (Elizabeth Yu) und Charlie (Gabriel Chung). Der Besuch eines aufstrebenden Fernseh-Starlets, Elizabeth Berry (Natalie Portman), bringt die, in einem Eigenheim mit Meerblick im US-Bundesstaat Georgia lebende Familie nun gehörig durcheinander. Die Schauspielerin soll Gracie verkörpern, in einen Film über die, als Skandal in den Boulevardmedien ausgeschlachtete Beziehung mit Joe.

Natalie Portman spielt die Hauptrolle der Elizabeth als sich mitunter gewohnheitsmäßig verstellende, ambitionierte „Detektivin“ mit leisem Hang zum Voyeurismus. Sie möchte scheinbar ganz in die Identität Gracies eintauchen, wenn sie sich sogar zu körperlichen Merkmalen und dem Benehmen des Menschen Notizen macht, für den sie gecastet wurde. Elizabeth erfährt gleich zu Beginn, dass Gracie aufgrund der Reichweiten des Skandals es gewohnt ist, Kisten mit Fäkalien im Briefkasten vorzufinden, die sie lässig entsorgt. Elizabeth erlebt, wie Gracie ihre Kinder bemuttert und sich um ihren Mann sorgt. Die Schauspielerin trifft während ihrer Recherche Gracies damaligen Anwalt, Gracies Ex-Ehemann und Gracies Sohn aus der ersten Ehe, der in Joes Alter ist. Sie wird mit Häme und Unsicherheiten konfrontiert. In Gegenwart Gracies ahmt sie angestrengt ihre Gesten nach und übt konzentriert ihre Mimik ein, was für Situationskomik sorgt. Bald sucht sie auch Joes körperliche Nähe.

*

Regisseur Todd Haynes wählte mit seinem Filmtitel May December (2023) eine umgangssprachliche englische Bezeichnung für Altersunterschiede in Partnerschaften. Der US-amerikanische Regisseur arbeitete mit Julianne Moore (Oscarpreisträgerin 2015 für Still Alice) bereits mehrfach zusammen, unter anderem 2007 für die Bob Dylan-Biographie I’m not there oder auch für Dem Himmel so fern (2002). Das 112-minütige Drama lebt insbesondere von dem nuancierten Zusammenspiel von Moore und Charles Melton. Der heute 33-jährige Newcomer mit koreanischen Wurzeln und Cherokee-Vorfahren erhielt für seine distanziert-schüchterne, schwerfällige Darstellung des Joe mehrere Filmpreise, unter anderem eine Golden Globe-Nominierung als bester Nebendarsteller. Auch Portman und Moore waren 2024 als beste Hauptdarstellerin (Musical/Komödie) respektive als beste Nebendarstellerin für den Golden Globe nominiert.

Das leise Melodrama, das am Anfang Szenen des familiären Alltags um Gracie und Joe einfängt, avanciert bald subtil zu einem abgründigen Psychothriller, wenn unbequeme Wahrheiten drohen ans Licht zu kommen und Joe und Gracie zunehmend emotional zerrissen agieren. May December ist ein schöner, verstörender, zarter und komplexer Frauenfilm über Lebenslügen.

Leider bietet die Ende 2024 erschienene DVD kein Bonusmaterial, obwohl es sich hier aufgrund zahlreicher Filmpreise angeboten hätte. So war unter anderem Samy Burch 2024 für das beste Originaldrehbuch oscarnominiert.

* *

May December basiert lose auf einem realen Fall. Die amerikanische Lehrerin Mary Kay LeTourneau (1962-2020), eine verheiratete Mutter von vier Kindern, verführte in den 90er-Jahren ihren damals zwölfjährigen Schüler Vili Fualaau. Nach mehreren Gefängnisstrafen veranlasste LeTourneau eine Aufhebung eines Kontaktverbotes zu Fualaau. Beide heirateten und bekamen zwei Kinder. Das Geschehen inspirierte namhafte Autoren zu literarischen Werken und 2000 Lloyd Kramer sowie 2006 Richard Eyre zu starbesetzten Verfilmungen.
n. k. - 4. Januar 2025
ID 15086
https://www.wildbunch-germany.de


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