12. achtung berlin - new berlin film award | 13. - 20. 4. 2016
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Mann im Spagat
Eröffnungsfilm
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Wie uns die Kino-Experten seit Jahren weiß machen wollen, steckt der deutsche Film tief in der Krise. Viel Grund zum Jammern, wie noch bei der Berlinale im Februar, haben Hajo Schäfer und Sebastian Brose, die beiden Leiter des achtung berlin-Filmfestivals, dessen 12. Ausgabe am vergangenen Donnerstag im Kino International eröffnet wurde, allerdings nicht. Spielt das Festival auch in einer anderen Liga, so hat es sich doch über die Jahre fest im Kalender der Berliner Filmenthusiasten etabliert. Und nun wird es nach dem letzten Jahr sogar noch etwas internationaler. Viele Filme des reichhaltigen Programms sind von Berliner Filmschaffenden mit verschiedenstem Migrationshintergrund, oder von RegisseurInnen, die gerade neu nach Berlin gezogen sind. Und was man internationalen Großfestivals voraus hat: Sieben der zwölf Filme im Spielfilm-Wettbewerb sind oder handeln von Frauen. Noch bis zum 20. April laufen die rund 80 Spiel-, Dokumentar-, Kurz- und mittellangen Filme in vier Berliner Kinos und den Neuen Kammerspielen in Kleinmachnow.
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Zum Auftakt des Wettbewerbs gab es aber einen echten Jungsfilm von Timo Jacobs zu sehen. Nach Klappe Cowboy! (2012) ist Mann im Spagat - Pace Cowboy, Pace die zweite Arbeit des Schauspielers und Regisseurs über sein Alter-Ego, den pfiffigen Berliner Lebenskünstler und BMX-Radler Cowboy. Entdecker von Timo Jacobs ist Kult-Regisseur Klaus Lemke, der sich bekanntlich seine DarstellerInnen immer direkt von der Straße castet. Mit Kein großes Ding war Lemke 2014 erstmals bei achtung berlinMann im Spagat deutlich anzumerken. Auch Cowboy (Timo Jacobs selbst) sprüht vor verrückter Ideen. Als praktizierender Freischwinger sowie Erfinder und Hersteller des dazu passenden esoterischen Wassers leitet er außerdem noch das Chapter Kreuzberg der „Agentur für Weltatem“.
Doch der Vertrieb des Freischwinger-Wassers stagniert ebenso wie die allgemeine finanzielle Lage Cowboys, der seine kranke Mutter (Dorothea Hagena) anstatt in den mondänen Seniorensitz „Soho Savoy Ritz“ mit Elvis-Hologramm-Show ins Altersheim für Briefmarkensammler und BVG-Mitarbeiter geben muss. Bisher hatte Cowboy sich mit Diensten in der Sado-Maso-Szene über Wasser gehalten, nun will er einen ökologisch nachhaltigen Fahrradkurierdienst gegen das stinkende Pendant des benachbarten Motorockers Tschick McQueen (herrlich finster Clemens Schick) und seiner Partnerin Angel (Hanni Bergesch) etablieren. Worauf diese den bösen Teufel vom Herrmannplatz (wie immer sehr diabolisch: Claude-Oliver Rudolph) aus der Flasche lassen.
Außerdem schneit Cowboy noch die schöne Fey (DT-Schauspielerin Natalia Belitski) von der „Agentur für Weltatem“ ins Haus, die sein Unternehmen zwecks finanzieller Zuschüsse evaluieren soll, aber schnell Job mit Gefühl vermengt und gleich bei ihm einzieht. Mit einer Fahrrad-Rallye der schrägen Typen quer durch Berlin will Cowboy punkten und das nötige Personal für den Kurierdienst an den Start bringen. Die große Flucht nach vorn, die zunächst auf dem Berliner Pflaster landet.
Der Berliner Großstadtdschungel war schon immer Filmset, Spielwiese und Rennstrecke für Leute mit Kreativwahn und erhöhtem Hang zur Selbstdarstellung. Auch Timo Jacobs feiert das als Parade der unbeirrten Lebenskünstler und großspurigen Originale. Mann im Spagat ist dabei nicht nur als ironische Persiflage und komödiantische Farce angelegt, sondern auch als ein großes, filmisches Märchen über sympathische Verlierer, die wie Stehaufmännchen jeden Tag immer wieder am Start sind, ob es nun um die Kunst, Liebe oder den großen Weltfrieden geht.
Leider ist das inhaltlich auf Dauer doch etwas dünn und redundant. Zum großen Spaß taugt es allemal, und was das sicher mit viel Herzblut und Engagement entstandene Filmchen rettet, ist neben den tollen Kostümen der Einsatz von großen Mimen und Entertainern wie Meret Becker, Rolf Zacher, Friedrich Liechtenstein oder Olli Schulz, die selbst in Nebenrollen, oder als nölender Running Gag eine blendende Figur machen.
Bewertung:
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Mann im Spagat | (C) Timo Jacobs Productions
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Stefan Bock - 16. April 2016 ID 9256
MANN IM SPAGAT - PACE COWBOY, PACE (D 2016)
Regie: Timo Jacobs
Buch: Federico Avino, Timo Jacobs
Kamera: Dominik Friebel
Ton: Robert Fuhrmann
Szenenbild: Claudia Steinert
Kostüm: Anna Schmidbauer
Produzent: Timo Jacobs Produktion Timo Jacobs PROD.
Darsteller: Timo Jacobs, Clemens Schick, Natalia Belitski, David Scheller, Meret Becker, Hanni Bergesch, Rolf Zacher, Claude Oliver Rudolph, Olli Schulz, Dorothea Hagena, Friedrich Liechtenstein
Weitere Infos siehe auch: http://www.achtungberlin.de
Post an Stefan Bock
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