Allein und nicht
allein in
São Paulo
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Bewertung:
Baby ist der Kosename von Wellington, einem 18jährigen brasilianischen Jungen, der gerade seine zweijährige Jugendstrafe abgesessen hat und – zu Beginn des gleichnamigen Films von Marcelo Caetano - einfach nur zurück nachhause will. Doch da, wo er vor zirka 24 Monaten noch wohnte, gibt es kein Zuhause mehr: Die Eltern sind angeblich weggezogen und haben keine Adresse hinterlassen. Auch gab es während seiner Haftzeit, außer paar Telefonaten mit der Mutter, keine weiteren Kontakte zwischen ihm und seinen Eltern; die Mutter schien, nicht nur sozial, vom Vater abhängig zu sein, und dieser lehnte seinen leibhaftigen Sohn, seitdem er wusste, dass er schwul ist, kategorisch ab…
Der nicht mal 60 Kilo wiegende João Pedro Mariano [diese Gewichtsangabe verrät der von ihm gespielte Escort bei einer seiner späteren prostituierenden Dienstleistungen gegenüber einem spürbar schwereren und viel, viel älteren Sexkunden] verkörpert den am Anfang ziel- und obdachlos durch São Paulo irrenden Wellington und trifft, als er sich nachts in einem Pornokino etwas Abwechslung vom tristen Durch-die-Stadt-Streunen verspricht, rein zufällig auf Ricardo Teodoro (als 42jähriger Sexarbeiter Ronaldo). Der Ältere bietet dem Jüngeren ein Dach über dem Kopf, und nach und nach entspinnt sich zwischen ihnen eine ungleiche und umso leidenschaftlichere Liebesbeziehung; und Ronaldo nennt ihn fortan “Baby”, ja und Wellington (Ronaldos “Baby”) fühlt sich mehr und mehr zu ihm (Ronaldo als Vater-Ersatz) hingezogen.
Regisseur und Drehbuchschreiber Caetano erzählt in seinem Film…
“...die authentische und mitreißende Geschichte eines queeren Erwachsenwerdens im Sexworkermilieu. Er nähert sich den Figuren und Schauplätzen seines Films ohne Vorurteile und mit großer Empathie an und feiert die Solidarität zwischen den sexuellen Außenseitern, ohne die Schattenseiten des Milieus zu kaschieren.” (Quelle: salzgeber.de)
Ein hochemotionaler Parcours durch die Höhen und v.a. Tiefen eines Überlebensdaseins, dem die beiden Hauptfiguren unbarmherzig ausgeliefert sind: Das wie auch immer angeschaffte Geld (für Sexleistungen oder “gehandelte” und selbst gepanschte illegale Drogen) reicht nie aus, und immer wieder sehen sich die zwei – erst im Doppel, dann jeder für sich – Gefahren ausgesetzt, die ihr kleinkriminelles Leben arg bedrohen.
Schließlich beginnt sich “Baby” Wellington von seinem väterlichen Beschützer und Liebhaber zu distanzieren, was der so Zurückgestoßene schwer oder nicht zu ertragen vermag; er stellt ihm nach, zeigt seine Eifersüchte und verprellt den Jungen, dessen selbstbewusster Trotz ihm weh tut und erschreckt, mehr als ihm lieb sein kann; kurzum: Vieles und alles läuft allmählich aus dem Ruder.
Ronaldo gerät wegen seiner eifersüchtigen Nachstellerei in eine Schlägerei, bei der ihm ein Fußknöchel gebrochen wird, sodass er als Sexarbeiter nicht mehr funktionieren kann. Ein Konkurrent von ihm (der reiche bisexuelle Alexandre, gespielt von Marcelo Várzea) begehrt und beschenkt Ronaldos “Baby” – als er durch Zufall dahinterkommt, dass sein Schützling mal im Knast war, lässt er ihn fallen; und der Gefallene scheint wiederum ins Bodenlose abzustürzen.
So geht es hin und her.
Auch Ronaldos pubertierenden Sohn, dessen Mutter und Ronaldos ehemalige Freundin Priscella (Ana Flavia Cavalcanti) nebst deren lesbische Freundin Jana (Bruna Bertazzo) lernen wir kennen – und alle haben sofort eine warme Zuneigung zu “Baby”; das im Film zu sehen und zu spüren, tut schon sehr berühren.
Zum Filmende begegnen sich die beiden Ungleichen, und wiederum per Zufall, in einem Bus, und sie umarmen und küssen sich; und alles war wahrscheinlich, trotz der vielen Auf’s und Ab’s für sie, gelebte Liebe und gelebtes Leben, also war es gut.
Sehr schöner Film.
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Baby (Drehbuch und Regie: Marcelo Caetano) - mit João Pedro Mariano (li) und Ricardo Teodoro | (C) CUP FILMES
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Bobby King – 19. März 2025 ID 15193
Weitere Infos siehe auch: https://salzgeber.de/baby
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