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ruhm
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Der französische Komponist Maurice Ravel (1875-1937) wäre heute (am 7. März 2025) 150 Jahre alt geworden – und so wurde/ wird in diesem Jahr nicht nur von Seiten der Musikwelt gern an ihn erinnert und gedacht.
Auch die in Luxemburg geborene Filmemacherin Anne Fontaine (Coco Chanel, 2009) reihte sich jetzt aktuell mit ihrem Biopic Bolero in den Kreis der weltweiten Erinnerer oder Gedenker ein. Ihr Plot geht so:
“Paris 1928: Der Komponist Maurice Ravel erhält von der exzentrischen Tänzerin Ida Rubinstein den Auftrag, die Musik für ihr nächstes Ballett zu komponieren. Sie wünscht sich etwas Sinnliches und Betörendes. Ravel sieht sich zunächst nicht in der Lage, etwas zu Papier zu bringen. Er sucht Inspiration in seinem Alltag und taucht tief in sein Innerstes ein, setzt sich mit den Misserfolgen seiner frühen Jahre, dem Bruch durch den Ersten Weltkrieg und der unmöglichen Liebe zu seiner Muse Misia Sert auseinander. Eine scheinbar zufällige Idee wird die Grundlage für seinen größten Erfolg, ein faszinierendes und einzigartiges Werk, das dem Komponisten zu Weltruhm verhelfen wird: der Bolero.” (Quelle: X Verleih)
Im Mittelpunkt der Filmgeschichte stehen sonach der (von der Filmemacherin gewagtermaßen als a-sexuell vermutete) Ravel und vier bzw. fünf Frauen, die sein von 1903 bis 1937 behandeltes privates als wie künstlerisches Leben begleiteten, beeinflussten oder gar bestimmten – an vorderster Stelle freilich die den Bolero (Ravels berühmtestes Werk; “alle 15 Minuten ist irgendwo auf der Welt der Bolero zu hören”, lesen wir im Filmabspann) in Auftrag gegebene und ihn tänzerisch uraufgeführt habende Ida Rubinstein (1863-1960), eine der schillernsten und einflussreichsten Künstlerinnen bis zur Mitte des vorigen 20. Jahrhunderts; und verkörpert wird sie von keiner Geringeren als Jeanne Balibar!
Dass ich ihren Namen kürzlich in einer der Filmankündigungen entdeckte, war und ist der eigentliche Anlass, weswegen ich Bolero unbedingt dann sehen wollte – ich erlebte sie live in Berlin, Hamburg und Köln, wo sie in einigen Inszenierungen von Frank Castorf (mit dem sie liiert war) die jeweilige Hauptrolle spielte; ja und sie dort gesehen und gehört (!) zu haben, war ein Fest an sich, unvergesslich diese Frau!!
Ihre Interpretation der exzentrischen wie “gefräßigen” Rubinstein vereint all das, was ich paar Jahre vorher (live! wie schon erwähnt) an ihrer extrovertierten Schauspielkunst wahrnehmen konnte: eine das Mannsgeschlecht durch und durch durchschaut und benutzt habende Grand Femme Fatale.
Zudem tanzt sie höchstselbst Ravels Bolero, und das gar nicht mal so schlecht – die belgische Tänzerin Michèle Anne De Mey (eine ehemaligen Schülerin von Maurice Béjart) hat hierzu die Choreografie beigesteuert; und so ungefähr soll das dann anno 1928 ausgesehen haben...
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Jeanne Balibar tanzt (als Ida Rubinstein) Ravels Bolero in dem gleichnamigen Film von Anne Fontaine. | Bild: X Verleih
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Die andern drei bzw. vier Frauen, die in dem Biopic eine Ravel-tangierende Rolle spielen, sind Ravels Mutter (gespielt von Anne Alvaro) sowie Ravels Muse, die Millionärsgattin Misia Sert (gespielt von Doria Tillier) und Ravels Pianistenkollegin Marguerite Long (gespielt von Emmanuelle Devos) – darüber hinaus werden wir Zeuge, wie Ravel von seiner langjährigen Haushälterin oder Wirtschaftsdame Madame Revelot (gespielt von Sophie Guillemin) liebevoll umsorgt und behütet wird.
Ja und der Hauptakteur des Ganzen?
Es ist Raphaël Personnaz.
Die Regisseurin lässt ihn in den von ihr abgehandelten 34 Lebensjahren nicht oder so gut wie nicht altern - außer den weißlichen Haaren zum Filmende hin, wo wir ihn als neurologisch Erkrankten (vergesslich, unmotorisch) dezent vorgeführt bekommen, deutet wenig darauf hin; sie erklärt das gar damit, dass Ravel “etwas von Dorian Gray” hätte.
Personnaz (als Ravel) kommt in dem Film verhältnismäßig klein (und nicht allein von seiner Körpergröße her) herüber, blickt überwiegend traurig und ist, dies vor allem, unsicher und meistens abgeneigt, was seine ihm von der Fontaine unterstellte (a-)sexuelle Geschlechtlichkeit betrifft – und demnach scheitern oder unterbleiben diesbezügliche Sex-Szenen im Film; schade eigentlich, aber schlussendlich konsequent vom Anfang bis zum Ende konzipiert.
Fontaine begründet ihre Sicht der Dinge so:
“Einige Biografen spekulieren, dass Ravel homosexuell war, aber ich denke, er war einfach ein Mensch, der sich von Sexualität distanzierte. Seine Musik wurde zu seinem emotionalen Ausdruck, zu einer Form der Liebe. Diese Idee, dass Kunst Liebe ersetzen kann, finde ich unglaublich bewegend.” (Quelle: X Verleih)
Ein dennoch schöner und mitunter ziemlich trauriger Film.
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Andre Sokolowski – 7. März 2025 ID 15177
Weitere Infos siehe auch: https://www.x-verleih.de/filme/bolero/
https://www.andre-sokolowski.de
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