Französisch-belgisches Kino
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Bilder einer
"unsichtbaren"
Welt
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Bewertung:
Für die französische Regisseurin Fabienne Berthaud war es das erste Mal, dass nicht sie ein Thema aussuchte, sondern dass sie vom Sujet gewählt wurde. Das Buch Mein Leben mit den Schamanen von Corine Sombrun packte sie dermaßen, dass sie es verfilmte und mit Eine größere Welt eine Mischung aus Fakten und deren teils fiktiver Umsetzung in die Kinos brachte. Corine (Cécile de France) hat ihren Mann verloren und sich noch nicht von dem Trauma erholt. Sie ist Musikerin und arbeitet für den BBC World Service an musikwissenschaftlichen Projekten. In ihrer Trauer kommt das Angebot, in der Mongolei ethnographische Tonaufnahmen zu machen, gerade recht. Die Gegend ist zwei Tagesritte von der nächsten Straße entfernt, es gibt keine Elektrizität oder anderen Luxus, nur die Steppe, die Menschen und die Rentiere.
Der Weg in die abgelegene Region ist beschwerlich, doch das ist nicht das Einzige, was Corine an ihre Grenzen bringt: Während sie rituelle Gesänge, Trommeln und Tierlaute aufzeichnet, fällt sie während einer schamanischen Zeremonie in Trance. Für die Schamanin Oyun (Tserendarizav Dashnyam) ist klar, dass Corine über die Gabe des Schamanismus verfügt, was alle überrascht, dass das nun ausgerechnet auf die Fremde zutreffen soll. Doch Corine geht noch nicht auf das Angebot ein, als Schamanin ausgebildet zu werden, und kehrt erst einmal nach Frankreich zurück. Sie hat noch sehr viel an Schmerz und Trauer zu verarbeiten, doch nicht einmal ihr soziales Umfeld kann ihr helfen. Ihre Schwester Louise (Ludivine Sagnier) würde Corine am liebsten in Watte packen, vor allem nachdem sie sich vor ihr durch das Abhören der Trommelaufnahmen in einen Trancezustand versetzt hat. Die ekstatischen Bewegungen wirken wie eine Naturgewalt, und Louise hat berechtigte Angst um ihre Schwester.
In Frankreich kann Corine niemand helfen, also kehrt sie in die Mongolei zurück und lässt sich acht Jahre lang zur Schamanin ausbilden, denn die Eintritte in jene „größere Welt“ birgt durchaus Gefahren, die man durch Erfahrung und Übung zu meistern lernen kann. Mit der Schamanin Oyun als Ausbilderin und der Übersetzerin Naraa (Narantsetseg Dashnyam) an ihrer Seite besteht sie das Abenteuer ihres Lebens.
Zurück in Frankreich stellt sich die echte Corine Sombrun seit 2006 der Wissenschaft zur Verfügung, die feststellt, dass sich durch Trance die Hirnströme verändern. Schamanische Trance kann zur Entspannung, gesteigerter Kreativität, Gefühlen der Glückseligkeit und verminderter Schmerzwahrnehmung führen. Man stellte fest, dass sie bei vielen Menschen ausgelöst werden kann, es braucht also keine Erwählten oder Erweckten, dass dies ein Potential ist, das vermutlich jedem Menschen innewohnt, aber nicht genutzt wird. Durch diese „kognitiven Trancen“ ergeben sich noch unausgeschöpfte Therapiemöglichkeiten, die Sombrun bis heute unterstützt.
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Fabienne Berthaud ließ sich von Sombrun eingehend beraten und ihr ist zusammen mit ihrer Kamerafrau Nathalie Durand ein bildgewaltiger Kinofilm gelungen, der die schamanischen Riten und Klänge möglichst wahrheitsgemäß wiedergibt, aber auch dem Medium Film gerecht wird. Die wunderbaren Landschaftsaufnahmen der Berge und der Steppe, das intensive Spiel von Cécile de France (Rebellinnen – Leg' dich nicht mit ihnen an , 2019) , die Faszination des Agierens der mongolischen Laiendarsteller und die Inszenierung der schamanischen Trance machen den Film zu einem cineastischen Genuss.
Berthaud erklärt: „Ich wollte mit Texturen arbeiten; mit Schatten, Unschärfen und Verzerrungen realer Abbildungen... Auch der Ton spielt eine maßgebliche Rolle im Film. Die akustischen Schwingungen der schamanischen Trommel, die Atemgeräusche der Tiere... Ich habe versucht, dem Zuschauer etwas Physisches zu vermitteln, ihn mehr spüren als sehen zu lassen. Ich habe nie versucht, etwas zu erklären. Vielleicht ist es das, was die unsichtbare Welt ausmacht.“
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Corine (Cécile de France) und die Schamanin Oyun (Tserendarizav Dashnyam) | © 2019 Haut et Court, 3x7 Productions, Tel France, Scope Pictures
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Helga Fitzner - 10. Juli 2020 ID 12346
Weitere Infos siehe auch: https://www.einegroesserewelt.de/
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