Kino
statt
Fernweh
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Bewertung:
Die Verschiebung des Kinostarts dieses vergnüglichen Spielfilmdebüts vom letzten, mit Filmstarts gespickten Herbst in das Frühjahr war grundsätzlich eine richtige Entscheidung. Wer konnte auch eine solche Situation vorhersehen? Die derzeitige Weltgesundheitskrise vermag sogar Liebeskummer zu relativieren, der für den oder die Betroffene(n) mitunter ein Weltuntergang im Kleinen ist. Vielleicht tut der Film von Erec Brehmer auch deswegen so gut, weil er an eine Welt erinnert, in der man zu zweit einfach so ans azurblaue Meer mit Sonne und Palmen entfliehen konnte, die aber jetzt mit jedem Tag weiter entfernt scheint.
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Das bereits drei Jahre zusammenlebende Paar Sanne („Cleo“ Marleen Lohse) und Markus (Daniel Strässer, aus der TV-Serie Charité) fliegt zu einem einwöchigen Urlaub auf die Kanaren, um ihrer kriselnden Beziehung neuen Schwung zu verleihen. Doch schon die Ankunft sorgt für neue Missstimmung und gegenseitige Vorwürfe, denn Markus hat aus Versehen nicht den Flug nach Gran Canaria mit seiner Hauptstadt Las Palmas, sondern auf die Insel La Palma gebucht. Um die schlechte Laune seiner Freundin zu neutralisieren, okkupiert der findige Markus kurzentschlossen eine verlassene Ferienwohnung. Eine Verlegenheitslösung, mit der sich auch Sanne nach einer unbequemen Übernachtung im Leihwagen anfreundet. Der folgende Handlungsverlauf ist kapitelhaft in die folgenden sechs Tage aufgeteilt, an denen das Pärchen zwischen erotischen und störenden Spannungen hin- und hergerissen ist. Sonne und Meeresrauschen sorgen nur kurzzeitig für gute Laune. Verlorene Shorts und Autoschlüssel, männliche Macken und weibliche Ungnädigkeit strapazieren die Harmonie.
Zuschauern, die schon über die eine oder andere Erfahrung mit Beziehungen verfügen, werden einige der Situationen bekannt vorkommen. Das spricht für die besondere Beobachtungsgabe Erec Brehmers und die Authentizität und Präzision seiner Dialoge. Zudem gelingt es ihm als Regisseur, gegenüber beiden Hauptfiguren gerechte Milde walten und die Sympathien des Publikums hin und her schwanken zu lassen. Dafür nutzt Bremer diverse Nebenfiguren, deren Verhalten deutlich befremdlicher und skurriler wirkt als das von Sanne und Markus, obwohl diese gelegentlich in ein bizarres Rollenspiel flüchten. Dann gibt Markus den feurigen Latino, der seine Freundin erfolgreich blendet, und Sanne spielt ihm zuliebe Alba, die nicht so leicht genervt ist. Marleen Lohse und Daniel Strässer bringen dafür jeweils eine überzeugende Verletzlich- und Sinnlichkeit ins Spiel.
So wie Erec Brehmer im Beziehungsmanöver stets den richtigen Ton trifft, nutzt er auch die traumhafte Kulisse der Kanareninsel geschickt, stellt sie aber nicht selbstzweckhaft aus. Der Autorenfilmer hatte nach Beendigung des Films eine persönliche Tragödie zu verkraften. Diese Erfahrung beraubt ihn hoffentlich nicht der spielerischen Leichtigkeit und des lebensbejahenden Humors, den seinen Debütfilm vor allem auszeichnet.
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La Palma | (C) FOUR GUYS Film Distribution
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Max-Peter Heyne - 10. Juni 2020 ID 12291
Weitere Infos siehe auch: https://www.fourguysfilm.de/filme/la-palma/
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