Gutes Essen
macht glücklich
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Bewertung:
Den chinesischen Küchenchef Master Cheng (Pak Hon Chu) hat es auf der Suche nach einem Freund nach Finnland verschlagen. Er stammt aus der Millionenmetropole Shanghai und steht nun verwundert auf einem Berg in Lappland: Weit und breit nur Landschaft, keine anderen Menschen als er und sein Sohn Nunjo (Lucas Hsuan). Auch an einem See ist er ganz fasziniert, denn er kann hören, wie leise es hier ist. Das ist Balsam für die Seele, denn Cheng hat seine Frau verloren, und der junge Nunjo will wieder nach Hause. Da ist seine Mutter aber nicht mehr. Die alleinstehende Restaurantbesitzerin Sirkka (Anna-Maija Tuokko) hat sich der beiden angenommen. Als er für eine unangemeldete Gruppe von chinesischen Touristen als Koch einspringt, wird das Mittagessen ein voller Erfolg, kulinarisch wie finanziell. Die beiden gehen einen Deal ein: Cheng kocht, und Sirkka sucht nach seinem Freund.
Die Story zu Master Cheng in Pohjanjoki ist bewusst überschaubar gehalten, der finnische Regisseur Mika Kaurismäki baut ganz auf sein Schauspielteam. Er schildert detailliert und sehr entschleunigt, wie die finnischen DorfbewohnerInnen auf die beiden Fremden reagieren. Eigentlich lassen sie sich nicht so gerne in ihrem Alltagstrott stören, aber Master Cheng kocht so unverschämt gut, dass da kaum Vorurteile hochkommen können. Er bereitet die Speisen nach den Prinzipien der Traditionellen Chinesischen Medizin zu, und die ist nicht nur sehr schmackhaft, sondern auch gesund, denn bei den Zutaten orientiert man sich an den Menschen und deren Befinden. So gerät am Anfang das Dorf Pohjanjoki ins China-Fieber, aber die Finnen neigen nicht zur Selbstaufgabe. Master Cheng wird in die echt finnische Sauna geschleppt und muss anschließend in den kalten See eintauchen. Der Gesundheitsbewusste muss auch das ein oder andere Glas mit hochprozentigem Inhalt leeren und Foxtrott für das bevorstehende Dorffest lernen. Sirkka und Cheng entwickeln Gefühle füreinander, und für Nunjo wird sie zur weiblichen Bezugsperson. Doch dann läuft Chengs Aufenthaltsgenehmigung ab...
Kaurismäki erläutert:
„Auch wenn die Geschichte... einfach erscheinen mag, steckt in ihr doch das Potential, über die komplexe Gegenwart nachzudenken. In Zeiten, in denen mächtige Diktatoren die Welt zu entzweien versuchen, wollte ich einen Film machen, der die Menschen wieder zusammenbringt... 'Master Cheng' ist in gewisser Weise ein Film über Globalisierung – jedoch im positiven Sinne: Eine zufällige Begegnung zwischen zwei gewöhnlichen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, die sich und ihre Umwelt gegenseitig bereichern und anerkennen, spiegelt den eigentlichen Geist der Globalisierung wider. - Die Narration ist bewusst minimalistisch gehalten... und verzichtet auf unnötige Plot-Twists. Stattdessen lebt der Film von seiner Atmosphäre, den liebevollen Details und einer subtilen Schwingung unter der Oberfläche. Seine Einfachheit macht ihn universell begreifbar, seine bedingungslose Herzlichkeit hat eine mitreißende Energie.“
Die drei Hauptdarsteller haben zwei finnische Urgesteine an ihrer Seite, die seit Jahrzehnten aus dem finnischen Kulturleben nicht wegzudenken sind: Kari Väänänen und Vesa-Matti Loiri. Väänänen ist auch Regisseur und unterrichtete in den 1990er Jahren an der Theater-Akademie in Helsinki. Loiri ist auch Kabarettist und Musiker, er vertrat Finnland 1980 beim Eurovision Song Contest. Die beiden älteren Herren agieren mit sichtbarer Spielfreude und machen viel vom Flair aus. Für diejenigen, die sich auf die Bedächtigkeit und Eigenwilligkeit einlassen können, ist es der perfekte Sommerfilm: Sympathische SchauspielerInnen, wunderschöne Landschaften und einzigartige Charaktere. Einfach zum Wohlfühlen, wie nach einem guten Essen.
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Der kleine Nunjo (Lucas Hsuan) kann gar nicht hinsehen, wie ungeschickt sich sein Vater Cheng (Pak Hon Chu) beim Foxtrott-Training mit der Finnin Sirkka (Anna-Maija Tuokko) anstellt | © 2019 Marianna Films Oy, BY Media, Han Ruan Yuan He
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Helga Fitzner - 29. Juli 2020 ID 12374
https://www.mfa-film.de/kino/id/master-cheng-in-pohjanjoki/
Post an Helga Fitzner
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