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Hollywood

„Gottes Kinder

sind un-

verkäuflich“



Bewertung:    



Es hat lange gedauert, bis der 2019 produzierte Film Sound of Freedom in die Kinos kam, aber er fegte dafür im Jahr 2023 in einem wahren Siegeszug durch die Kinolandschaft in den USA. Nun kommt der umstrittene Streifen auch in Deutschland heraus, sodass sich das Publikum selber eine Meinung bilden kann, ob die Anschuldigungen sich aufrecht erhalten lassen, dass es darin verschwörungstheoretische Inhalte gäbe. Der mexikanische Drehbuchautor und Regisseur Alejandro Monteverde bestreitet dies und war entsetzt, als sich 2019 einige Kinos deshalb weigerten, seinen Film zu zeigen. So viel vorab: Die Sichtung von Sound of Freedom ergab, dass es sich um einen klassischen Thriller nach wahren Begebenheiten handelt, in dem es um das sensible Thema Sexhandel mit Kindern geht und der keine Verschwörungstheorien aufgreift.

Erzählt wird die Geschichte des real existierenden US-amerikanischen Spezialagenten Tim Ballard (James Caviezel), der Pädophile jagt. Eines Tages wird ihm klar, dass er zwar einige Täter verhaften konnte, aber noch kein einziges Kind aus den Fängen derer befreien konnte, die Kinder entführen, in die Sexsklaverei verkaufen und ihnen Unsägliches antun. Nach der Verhaftung des Triebtäters Ernst Oshinsky (Kristopher Avedisian) erschleicht er sich dessen Vertrauen, behauptet, selbst pädophil zu sein und lässt sich von ihm ein Kind vermitteln. Er schafft es, Zugang zu dem kleinen Miguel (Lucás Ávila) zu bekommen und ihn zu befreien. Der Junge war zusammen mit seiner Schwester und anderen Kindern zu einem Fotoshooting eingeladen worden mit dem Versprechen, Verträge als Kindermodells bekommen zu können. Die vorgezeigten Kataloge der vermeintlichen Agentur und die Täuschung waren so echt, dass der verwitwete Vater keinen Argwohn hegte. Erst als er seine Kinder später wieder abholen wollte, waren diese und alle anderen spurlos verschwunden. Um so glücklicher war er, dass Miguel nach Monaten befreit werden konnte, vermisste aber immer noch seine Tochter Rocía (Cristal Aparicio). Ballard schrieb es sich nun auf seine Fahnen, dieses einzelne Mädchen zu befreien, was ihn bis tief in den kolumbianischen Dschungel führte: ein selbst gewähltes Himmelfahrtskommando...

*

Sound of Freedom ist ein Realfilm und nutzt z.B. keine Animationen, um sexuelle Straftaten der Kinderschänder anzudeuten. Am Anfang sehen wir Dokumentaraufnahmen von echten Überwachungskameras, in denen Kinder auf offener Straße oder aus Hauseingängen gekidnappt werden. Der eigentliche Missbrauch findet nur jenseits der Filmbilder statt, wenn wir die Reaktion von Timothy Ballard sehen, als er die entsprechenden Videos sichtet und das Entsetzen sich in seinem Gesicht widerspiegelt. Einige Kinder werden zwar Männern zugeführt, aber dann schließen sich Türen oder Vorhänge. Monteverde verzichtet hier konsequent auf spannungssteigernde Momente auf Kosten der Minderjährigen und ist damit „harmloser“ für die Kinderdarsteller als so mancher Märchenfilm. Das geht so weit, dass die Kinder nach ihrer Befreiung singen und trommeln und keinerlei Anzeichen einer Traumatisierung zeigen. Als Thriller wird der Film von den meisten Kritikern als nur mittelmäßig bewertet, was aber der Sache geschuldet ist und dafür eigentlich gewürdigt werden sollte. Die Zustimmung für den Film auf Portalen mit Meta-Kritiken liegt da bei knapp 60 Prozent, was in Diskrepanz zu der positiven Publikumsbewertung mit 99 Prozent liegt.

Ein weiterer Kritikpunkt ist das Evangelikale, die religiöse Motivierung Ballards. Die ist aber dessen Triebfeder, denn der Mormone handelt in der tiefen Überzeugung, sich in göttlicher Mission zu befinden. Nur so erklärt sich, dass er seinen Job kündigt, zehn Monate, bevor er die Anwartschaft auf eine Rente bekäme und diese damit verliert, um in Kolumbien ein einzelnes Mädchen zu retten, während er zu Hause fünf eigene Kinder zu versorgen hat (mittlerweile sind es neun). Das erklärt sich nur aus Ballards Glauben heraus, dass Gott für ihn und die seinen sorgen wird, während er Gottes Werk auf Erden verrichtet. Und das machte er erfolgreich, denn es gelingt ihm tatsächlich, eine ganze Reihe von Kindern zu befreien. Monteverde konnte das Evangelikale deshalb nicht aussparen.

Ballard hat sich sehr stark dafür eingesetzt, dass James Caviezel seine Rolle spielt, der im Jahr 2004 als Jesus in Mel Gibsons Film Die Passion Christi zu sehen war, in der die Leiden und die Kreuzigung in all ihrer Brutalität gezeigt wurden. Caviezel wiederum ist ein kompromissloser Katholik, Unterstützer von Donald Trump und Anhänger der Qanon-Bewegung, die als verschwörungstheoretisch eingestuft wird. Daher wurde der Film anfangs wohl in diesem Zusammenhang wahrgenommen, was sich innerfilmisch aber widerlegen lässt. Nachdem Sound of Freedom dann auch noch durch die Lockdowns bedingt auf Eis lag, wurde er danach so bejubelt und unterstützt, dass er den Mega-Blockbuster Indiana Jones und das Rad des Schicksals beim US-Kinostart überholte.

Der Film verdient den Erfolg. Die schauspielerische Leistung von Caviezel ist mehr als nur respektabel, er geht völlig in der Rolle auf, die Kinderdarsteller machen ihre Sache hervorragend, und das überwiegend lateinamerikanische Ensemble hat ein ganz eigenes Flair. Der Showdown im Dschungel kann sich sehen lassen, die Aufnahmen von den Städten und vom Regenwald sind ein Augenschmaus. Man muss vor allem den Mut honorieren, sich mit dem brisanten Thema an ein Kinopublikum zu wenden.

Im Abspann erfahren wir, dass der echte Tim Ballard in Kolumbien danach noch 120 Kinder rettete und über ein Dutzend Kinderhändler verhaften konnte. Zum Schluss kommt dann noch James Caviezel in einer emotionalen Ansprache als er selbst zu Wort. Man merkt ihm an, dass ihm das Thema unter die Haut geht, er jammert gar nicht herum, dass er von seinen Gegnern im übertragenen Sinne für diese Rolle „gekreuzigt“ wird. Es geht ihm allein um die Kinder und dass deren Schicksal im Bewusstsein der Öffentlichkeit sein sollte: „Gottes Kinder sind unverkäuflich“, sagt er, zumindest hat er seinen Beitrag dazu geleistet, dass dies eines Tages vielleicht so sein wird, denn die Anzahl der sexuell ausgebeuteten Kinder geht in die Millionen mit einer Dunkelziffer, die sich nicht einmal schätzen lässt.



Tim Ballard (James Caviezel) eröffnet dem kleinen Miguel (Lucás Ávila), dass er frei ist und wieder nach Hause kommt | © 24 Bilder

Helga Fitzner - 7. November 2023
ID 14462
Weitere Infos siehe auch: https://www.24-bilder.de


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