Berliner
Maskenbälle
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Bewertung:
Stanley Kubricks Eyes Wide Shut (1999) galt nicht gerade als erotischster Erotikkracher aller Zeiten, dafür sorgte schon sein Protagonistenpaar Tom Cruise & Nicole Kidman; beide (damals noch verheiratet) kamen in den "pikanteren" der Szenen irgendwie verkrampft und viel zu eingeübt herüber, dass man es als Zuschauer kaum noch erotisch hätte nennen wollen, kurz und gut: ihr Anblick, und das nicht allein bezüglich des gelegentlichen Nacktseins ihrer Auftritte, war unspektakulär und langweilte doch ungemein. Der letzte Film des Meisters galt und gilt im Allgemeinen - aber nicht nur deshalb - als einer seiner größten Flops.
Jetzt hat der deutsche Jung-Autorenfilmer Florian Frerichs eine weitere Version nach Arthur Schnitzlers Traumnovelle (und zwar als Regisseur, Drehbuchautor und Schnittmeister in Personalunion) gefertigt und sie von dem für seinen Film zuständigen Management wie folgt beschreiben lassen:
"Jakob wähnt sich als Arzt, Mann und Intellektueller vollständig Herr seiner Lebenswelt, muss aber feststellen, dass er die Realitäten hinter den Fassaden, die Identitäten hinter den Masken nicht beherrscht. Das gilt umso mehr, als er seine eigene Maske aus Gutbürgerlichkeit und Moral abzunehmen versucht. Sein Scheitern wird ihm aber letztlich zur Rettung, denn die Heimkehr von der glücklosen Reise durch Berlins erotischen Untergrund wird ihm eigentlich erst zum Aufbruch auf den rechten Weg, denn die Nacht und ihre Erlebnisse waren nur ein Traum. Was jetzt anbrechen kann, ist das wahre Leben..." (Quelle: barnsteiner-film.de)
Zum Vergleich das Schnitzler'sche Original, das die StudyMarter-App knackig wie folgt zusammenfasste:
"Die 1925 erschienene Novelle handelt von dem Arzt Fridolin und seiner Ehefrau Albertine. Trotz ihres sonst harmonischen Ehelebens träumen sie von sexueller Ausschweifung und wünschen sich, aus dem Alltag auszubrechen. Fridolin macht sich auf zu nächtlichen Abenteuern und Albertine lässt den Frust in ihrer Traumwelt ab." (Quelle: studysmarter.de)
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Nikolai Kinski spielt den Arzt Jacob und Laurina Price seine Frau Amelia; beide hatten seit 4 Monaten keinen Sex mehr und zweifeln nun an sich als Paar; eine gewissen Abwechslung täte vielleicht ganz gut, nur was und wie konkret so etwas sein könnte, wissen sie augenblicklich nicht... Ihre gemeinsame Tochter heißt Henny und hat einen besonderen Narren an Verdis Un ballo in maschera gefressen - diese Leidenschaft teilt sie mit ihrem Vater, der (während des ganzen Films) besagte Oper in seine Ohren und sein Unterbewusstsein infiltriert; das scheint manisch zu sein, auch weil er sich selbst als singender Akteur "dort" sieht, ja und am Schluss des Ganzen, wenn die Eheleute aus ihren tag- wie nachttraumatischen Verzückungen und Leiden wieder einigermaßen zu sich gekommen sind, hört/ sieht sich die Kleinstfamilie Verdis Ein Maskenball live in der Oper an.
Kinski & Price wirken übrigens (ohne ihnen auch nur im Entferntesten nahe treten zu wollen) zwar nicht annähernd so langweilig wie ihre beiden großen Film-Vorgänger Cruise & Kidman, machen ihnen allerdings in puncto "erotische Ausstrahlung" relativ Konkurrenz, was insgesamt dann nicht verwundert und von ihrem Filmautor durchaus beabsichtigt gewesen sein könnte, denn sonst hätte sich das Paar letztendlich nicht in es erotisierendere Parallelwelten geflüchtet: er mehr oder weniger real auslebend (mit der Prostituierten Mizi, gespielt von Nora Islei), sie schlafwandlerisch im Traum (mit dem schönen Piloten, gespielt von Patrick Mölleken).
Das vielleicht Interessanteste und Sehenswerteste des Films ist sein direkter Berlin-Bezug - so erkenne ich beispielsweise das originale Connection wieder (in dem Detlev Buck als versiffter Geschäftsführer Gibiser zwei Super-Extraauftritte hinlegt); dort war ich, als ich deutlich jünger war, um mich gelegentlich "erotisch zu vergnügen". Diese eigentlich mehr ekelerregende Stadt war, ist und bleibt ein Sünden-Babel sondergleichen.
Der Cast vereint v.a.bisher unbekanntere Namen.
Ja und um von dieser Maskenball-Masche à la Verdi abzulenken oder wegzukommen, gibt es außerdem noch tolle Musik- und Showeinlagen von und mit Sharon Brauner & Sharon Kovacs (letztere als Priesterin in der Brockmann-Villa am Wannsee) zu hören und zu sehen.
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Nikolai Kinski und Nora Islei in Traumnovelle von Florian Frerichs | (C) Warnuts Entertainment
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Andre Sokolowski - 16. Januar 2025 ID 15104
https://barnsteiner-film.de/traumnovelle/
https://www.andre-sokolowski.de
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