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Filmkritik

Märchen aus

1000 und einem

Krieg



Bewertung:    



Noch heute ist es so, dass man im australischen Outback vielfach auf sich selbst gestellt ist. Da gibt es keinen Supermarkt an jeder Ecke oder nahe gelegene Autowerkstätten, Baumärkte oder sonstiges wie in städtischen Ballungsräumen. Die Erfindung des Flugzeugs, Internetverbindungen und GPS haben im Laufe des letzten Jahrhunderts zur Erleichterung beigetragen, aber ein großes Problem, der Wassermangel, konnte nicht behoben werden. Der Film Das Versprechen eines Lebens beginnt um 1900, als das Leben in den kargen Regionen Australiens noch etwas für Pioniere und „echte Männer“ war. Joshua Connor (Russell Crowe) ist so ein ganzer Kerl. Er schafft es, in dieser Zeit seine Frau und seine drei Söhne durchzubringen, und eine Begabung hilft ihm ganz besonders dabei. Joshua ist Wünschelrutengänger, d.h. er kann mit der Rute unterirdische Wasserquellen aufspüren. (Der englischsprachige Titel The Water Diviner [= Der Wünschelrutengänger] macht wesentlich mehr Sinn als der schwammige deutsche Verleihtitel.) Als vorbildhafter Vater lehrt er seine Söhne das Überleben im Outback, z.B. bei einem Sandsturm, aber er regt auch ihre Fantasie an, indem er ihnen Märchen aus Tausendundeine Nacht vorliest.

Das Versprechen eines Lebens ist das Regiedebüt des Schauspielers Russell Crowe, der einen im positiven Sinn altmodischen Film inszeniert hat, der publikumswirksam ist, wunderbar gefilmt und ausgeleuchtet, und in dem Russell Crowe sich als Hauptdarsteller und Regisseur mal richtig austoben darf.

Die Schatten des Ersten Weltkrieges breiten sich bis in die australische Wüste aus. Großbritannien ist an diesem Krieg beteiligt, und als treue Bündnispartner entsenden 1915 auch Neuseeland und Australien 30.000 junge Soldaten nach Gallipolli, das in der heutigen Türkei liegt. So reiten eines Tages alle drei Söhne der Connors davon, um im Orient Abenteuer zu bestehen. - 1919 ist der Krieg schon zu Ende, aber keiner der Söhne ist zurückgekehrt. Während Joshuas Frau vor Schmerz den Verstand verliert, versucht er in der unwirtlichen Gegend zurecht zu kommen. So sucht er nach Wasser und baut alleine und eigenhändig einen Brunnen.



Joshua (Russell Crowe) hat es geschafft. Ohne Wasser ist ein Überleben im Outback nicht möglich | © Universal Pictures International


Das ist aber nur ein kurzer Moment der Erleichterung. Als Joshuas Frau sich das Leben nimmt, bleibt ihm nichts mehr. Und so macht er sich auf, seine Söhne zu suchen. Ein Unterfangen, das aussichtsloser nicht sein könnte, da in Gallipolli insgesamt 100.000 Soldaten gefallen sind und das Gebiet groß und gesperrt ist. In Istanbul angekommen, taucht er in die bunte und unübersichtliche Welt der orientalischen Großstadt ein. Das riesige Osmanische Reich ist zusammengebrochen, die Machthabenden schachern um das Land, es gibt Aufstände und immer noch kriegerische Auseinandersetzungen. Der türkische Offizier Major Hasan (Yılmaz Erdoğan), der an der Schlacht von Gallipolli teilgenommen hat, erbarmt sich des verrückten Australiers und hilft ihm, durch die Unruhen im Lande hindurch von Istanbul bis nach Gallipolli zu kommen. Dort haben Türken und Briten angefangen, gemeinsam die Gefallenen beider Seiten zu bergen und zu bestatten, ein Projekt, das auf viele Jahre angelegt ist. Doch Joshua Connor will nicht warten. Er begeht das Schlachtfeld, nutzt seinen Instinkt als Rutengänger und schafft das Unmögliche – er findet die Leichen von zweien seiner Söhne. Doch wo ist sein Ältester, Arthur (Ryan Corr)? Arthur hätte seine beiden jüngeren Brüder niemals allein gelassen. Für Joshua steht fest, dass er noch leben muss. Also geht die Odyssee weiter, Joshua sucht in Lazaretten und Gefangenenlisten nach seinem Sohn. Er könnte es sich leichter machen, denn in Istanbul hat er die junge Witwe Ayshe (Olga Kurylenko) kennengelernt, die ebenfalls über übersinnliche Gaben zu verfügen scheint und mit der er sich gut versteht.



Zarte Bande: Ayshe (Olga Kurylenko) und Joshua (Russell Crowe) mögen sich | © Universal Pictures International


Crowe hat die grausame Kriegsgeschichte in einen märchenhaften Mantel gehüllt. Offensichtlich ging es ihm nicht darum, ausschließlich die Gräuel des Krieges zu thematisieren, sondern wie man mit Verlust und Traumatisierungen umgeht. Die Trauer und Verzweiflung des Vaters inszeniert er mit großer Emotionalität, ohne dabei in die Melodramatik abzugleiten. Obwohl er aus einem selbst sehr patriarchalischen Australien stammt, stößt Joshua sich an den Restriktionen, denen Ayshe als muslimische Frau ausgesetzt ist. Der islamischen Religion gegenüber zeigt er sich insgesamt aber sehr respektvoll. Im Laufe der Suche entsteht zwischen den „Feinden“, Joshua und Major Hasan, sogar etwas wie Freundschaft. Es finden keine Verteufelungen der Kriegsgegner statt. Das Versprechen eines Lebens ist eine Fabel über Aussöhnung, der Überwindung von Hass, Feindschaft und Schuld.



Ziehen gemeinsam durchs Land: Major Hasan (Yılmaz Erdoğan) und Joshua (Russell Crowe) | © Universal Pictures International


Im Film wird Joshua gefragt, wieso sich die Australier an einem Krieg beteiligt haben, von dem sie gar nicht betroffen waren... Das militärische Desaster in Gallipolli beschwor aber in Australien etwas herauf, was man eine nationale Verbundenheit nennen könnte, die es vorher in der Form nicht gab. Der Kriegseintritt des ANZAC (Australian and New Zealand Army Corps) war am 25. April 1915. Das wird seitdem als Nationalfeiertag zelebriert, der am 25. April 2015 sein 100jähriges Jubiläum hatte und groß gefeiert wurde. Seltsam ist das schon.

Die Botschaft des Films, so es eine gibt: Man soll seinem Herzen folgen, sich nicht von Beschränkungen dabei aufhalten lassen und an seine eigenen Fähigkeiten und Kräfte glauben. Vielleicht wird man dann ja auch von einer höheren Macht getragen. - Nachdem die junge Scheherazade 1000 und eine Nacht lang dem Sultan spannende Geschichten erzählt hat, ist dieser von seiner Rachsucht befreit.

*

Die Opulenz der Bilder und die fantastische Ausleuchtung ist dem begnadeten Kameramann und Oscar-Preisträger Andrew Lesnie zu verdanken, der durch seine Kameraarbeit für Peter Jackson Herr der Ringe – Die Gefährten und die Hobbit-Trilogie am bekanntesten sein dürfte. Er starb am 27. April 2015 an einem Herzinfarkt. Das Versprechen eines Lebens ist sein letzter Film.


Helga Fitzner - 7. Mai 2015
ID 8626
Weitere Infos siehe auch: http://www.upiapphosting.com/waterdiviner/de/


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