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Filmkritik

Pokerface

oder

Psycho-

pathin?



Bewertung:    



Der niederländische Regisseur Paul Verhoeven machte 1992 mit seinem Erotikthriller Basic Instinct die US-Amerikanerin Sharon Stone weltberühmt, die als geheimnisvolle und gefährliche Mordverdächtige den ermittelnden Kriminalbeamten verführte. Mit Elle hat er nun Isabelle Huppert eine abgründige, unnahbare und faszinierende Rolle auf den Leib geschnitten, die ihre Zuschauer über die gesamte Filmlaufzeit von 130 Minuten zu fesseln vermag. Huppert zeichnet sich, wie bereits in früheren Filmen wie Die Klavierspielerin (2001) oder Biester (1995), durch eine elegante, salopp-kalte Aura aus, die fasziniert. Nun spielt sie in einem schwarzhumorigen Rape-Revenge-Thriller höchst glaubwürdig ein Opfer sexueller Gewalt, das sich von ihrem traumatisierenden Erlebnis nicht einschüchtern lässt, sondern sich gewandt für eine mögliche Rache wappnet.

Michèle (Huppert) ist Chefin einer erfolgreichen Firma, die sexuelle Gewalt verherrlichende Videospiele entwickelt. Als sie selbst zum Opfer einer brutalen Vergewaltigung eines maskierten Mannes in ihren eigenen vier Wänden wird, geht sie nicht zur Polizei. Scheinbar versucht sie die Gewalttat zunächst auszublenden. Nachdem sie sich auf sexuell übertragbare Krankheiten durchchecken hat lassen und sich u.a. Pfefferspray besorgt hat, geht sie zur Arbeit, als wäre nichts vorgefallen. Nur ihren überraschten engsten Vertrauten erzählt sie beim Abendessen nebenbei von dem Erlebten. Ebenso wachsam, wie sie sich nun durch ihren Alltag bewegt, verdächtigen auch die Zuschauer den einen oder anderen grobschlächtig aggressiven Mann in ihrem unmittelbaren Umfeld.

Michèle wird bald sowohl von ihrer tragischen Vergangenheit als auch von den gegenwärtigen Ereignissen eingeholt. Die Titelheldin wirkt stets emotional gefasst und undurchschaubar, wenn sie etwa ihre Familienmitglieder oder langjährige Freunde konfrontiert.

In einem Katz-und-Maus-Spiel, das provokant Täter- und Opferrollen in Frage stellt, reagiert Michèle mindestens ebenso unvorhergesehen wie der mögliche Täter. Auch im Alltag neigt sie ihrerseits zu unerwartet aggressiven oder bösartigen Ausbrüchen, wobei sie als Firmenchefin trotzdem intellektuell zu brillieren vermag.

*

Elle greift provokant viele Themen unserer Zeit auf: Videospiele, soziale Medien, Hackings und ihre Auswirkungen auf unser Leben. Die verschachtelte Handlung überrascht immer wieder mit unvermuteten, spannenden Wendungen. Gleichzeitig kommt auch das Komische nicht zu kurz, sondern wächst oftmals ins Groteske. So geben sich skurrile Figuren und überspitzte Personenkonstellation die Klinke in die Hand, und die Dramaturgie wird durch allerlei hintergründigem Wortwitz befeuert. Neben Huppert glänzen Laurent Lafitte als ihr attraktiver Nachbar Patrick, Anne Consigny als ihre langjährige Freundin und Kollegin Anna, Charles Berling als ihr beruflich erfolgloser Ex-Mann Richard, Judith Magre als ihre liebestolle Mutter Irène sowie Jonas Bloquet als ihr leicht überforderter Sohn Vincent in interessanten Nebenrollen. Kameramann Stéphane Fontaine überrascht mit ungewöhnlichen Kameraeinstellungen, wenn er etwa Michèles beobachtende Katze im Großformat während der Übergriffe in ihrem Haus zeigt.



Elle | © 2016 SBS Productions, Twenty Twenty Vision Filmproduktion, France 2 Cinéma & Entre Chien et Loup


Der auf den Roman Oh... (2012) des Franzosen Philippe Djian (auch der Roman Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen wurde 1986 preisgekrönt verfilmt) basierende Film ist für zahlreiche Preise nominiert.
Ansgar Skoda - 15. Februar 2017
ID 9841
Weitere Infos siehe auch: http://elle.mfa-film.de/


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http://www.ansgar-skoda.de



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