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Rezension


Filmstart: 15. August 2013

Gold (2012)

Ein Film von Thomas Arslan 



Der deutsch-türkische Regisseur Thomas Arslan hat in seinen Filmen bisher immer wieder Außenseiterfiguren aus der Berliner Postmigrantenszene (Geschwister, Dealer, Der schöne Tag) in den Mittelpunkt seiner Filme gestellt. In seinem neuen Spielfilm Gold - Weltpremiere war bereits im Februar auf der BERLINALE - folgt er nun einem Treck deutscher Auswanderer auf ihrer Reise quer durch British Columbia bis ins Yukon-Territorium. Ihr Ziel ist Dawson City, die berühmte Goldgräberstadt im hohen Norden Kanadas. Sehnsuchtsort all jener, die, dem Lockruf des Goldes folgend, ab 1896 die angestammte Heimat und ihr bisheriges Leben hinter sich ließen, um im hohen Norden Kanadas Glück und Reichtum zu finden. Inspiriert durch alte Fotografien deutscher Auswandererfamilien hat Arslan nun deren Schicksal in der neuen Welt genauer unter die Lupe genommen. Und wie heute viele aus der dritten Welt oder dem Süden unseres Kontinents der Armut ihrer Heimat entfliehen wollen, taten dies bereits am Ende des 19. Jahrhunderts die Verlierer der industriellen Revolution im alten Europa.

Die Deutsche Emily Meyer (Nina Hoss), ein ehemaliges Dienstmädchen aus Chicago, schließt sich 1898 allein einer Gruppe deutscher Goldsucher um den zwielichtiger Treckführer Wilhelm Laser (Peter Kurth) an. Sie wählen die billige Landroute und vertrauen den angeblichen Wegkenntnissen Lasers, was sich schnell als großer Fehler erweisen soll. Emily gibt wenig über sich Preis, macht sich, wo sie kann, nützlich und ist so etwas wie der ruhende Pol der Gruppe. Ganz im Gegensatz zum selbstgefällig schwafelnden Journalisten Gustav Müller (Uwe Bohm), der an einem Reisebericht schreibt, dem Whiskey verfallen ist und ansonsten gern den Beschützer spielen möchte. Damit blitzt er allerdings schnell bei Emily ab.

Ruhe ist auch das entscheidende Element des Films. In sparsamen, fast elegischen Bildern sieht man die Truppe durch die unbekannte Wildnis streifen, immer wieder aufgehalten durch stürzende Pferde, Achs- und Schlüsselbeinbrüche, erschöpfte Reisende oder andere Unwägbarkeiten des beschwerlichen Weges. Die Weite der Landschaft öffnet sich nur selten für ein paar kurze Augenblicke. Nichts Heroisches hat der Film an sich. Die Motivationen und Sehnsüchte der Menschen beschränken sich auf das Blinken des Goldes in Lasers Hand. Ihre Vergangenheit behalten sie größtenteils für sich. Ob nun der vierfache Familienvater Joseph Rossmann aus New York (Lars Rudolph), das ehemalige Restaurantbesitzerpaar Maria und Otto Dietz (Rosa Enskat und Wolfgang Packhäuser) oder der Packer Carl Boehmer (Marko Mandić), der von zwei Viehdieben wegen des Mordes an ihrem Bruder verfolgt wird, ihre Einzelschicksale werden lediglich gestreift.

Den Weg der sieben Glücksucher kreuzen nur ein paar Indianer, die sie für Geld kurze Zeit führen, ein irrlichternder Rückkehrer oder gar ein Gehängter, der es allein in der Wildnis nicht mehr ausgehalten hat. Einer nach dem anderen gibt schließlich auf, bleibt zurück, verfällt dem Wahnsinn oder tritt in eine Bärenfalle. Allein Emily behauptet sich an der Seite Boehmers, zu dem sie sich immer mehr hingezogen fühlt. Und so bekommt der Film doch noch so etwas wie einen Showdown in Telegraph Creek, der allerdings auch recht unspektakulär und vorhersehbar ausfällt. Dabei glänzt Nina Hoss mit stoischer Ernsthaftigkeit und einem Blick, der ihr bereits in den Filmen von Christian Petzold die Aura der geheimnisvollen Unnahbarkeit verlieh.

Relativ unentschieden zwischen Fiktion und unbedingtem Willen zur detailgetreuen Dokumentation eines Goldsuchertrecks pendelnd, tappt der Film aber nicht nur in Bärenfallen, sondern auch in jede Menge Wild-West-Klischees. Allerdings ohne daraus wenigstens einen kleinen Funken Spannung schlagen zu können. Arslan geht es offensichtlich auch nicht um die unbedingte Erzeugung von genrebedingter Suspense, auch wenn er mit an Neil Young erinnernden, schräg zerrenden Gitarrenriffs den Film immer wieder vorantreiben will. Hier wirkt selbst das eindrucksvoll in Echtzeit gezeigte Absägen eines Fußes auf den Zuschauer wie das Verschwenden der teuer erworbenen Whiskyvorräte des jämmerlichen Probanden zum Versuch der Desinfektion und Narkotisierung.

Phasenweise scheint es, als wolle Arslan an Michael Ciminos epischen und illusionslosen Spätwestern Haevens's Gate (1980) oder den lakonischen Dead Man (1995) von Jim Jarmus andocken. Letzterer hat trotz seiner mystischen Symbolik zumindest einen durchaus ähnlichen Ausgangspunkt. Wie Arslans Film zeigt er die Orientierungslosigkeit und Verlorenheit eines Menschen aus der Stadt, ausgespien von der technischen Revolution (Zugmotiv zum Beginn des Films), und sein Scheitern in einer ihm völlig fremden Welt. Leider schlägt in Gold die Berliner Schule immer wieder gnadenlos durch. Von der banalen Darstellung des Alltags, der auch oder gerade in den Weiten Kanadas kaum Abwechslung verheißt, bis zu den fast ebenso peinlich banalen Dialogen kommt das Ganze am Ende eben doch zu bieder, kleinlich genau und eben deutsch daher.



Foto (C) Patrick Orth | Schramm Film



Bewertung:    


Stefan Bock - 14. August 2013
ID 7055
GOLD (D 2012)
Buch & Regie: Thomas Arslan
Kamera: Patrick Orth
Schnitt: Bettina Böhler
Szenenbild: Reinhild Blaschke
Kostüm: Anette Guther
Mit: Nina Hoss, Marko Mandić, Uwe Bohm, Lars Rudolph, Peter Kurth, Rosa Enskat und Wolfgang Packhäuser


Weitere Infos siehe auch: http://www.piffl-medien.de/film.php?id=131&kat=aktuell#zumfilm


blog.theater-nachtgedanken.de



 

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