Erhabenheit
im Orient
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Bewertung:
Beispiellose Gewandtheit, Selbstbewusstsein und Eleganz verkörpert Nicole Kidmans Figur der Diplomatin Gertrude Bell vor der exotischen Kulisse des Nahen Ostens zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Werner Herzogs 128minütiger Abenteuerfilm Königin der Wüste schwelgt in Bildern malerischer Schauplätze, wie etwa von Kamelkarawanen in Salz- und Sandwüsten, von Oasen, Basaren und kostbar geschmückten Festsälen. Gleichzeitig feiert der Film stets auch in langen Einstellungen seine Titelfigur, diese einzigartige Frau mit ihrer exklusiven Aura unantastbarer Erhabenheit, und das in einer Zeit, in der Frauen im Nahen Osten wenig zu sagen haben, sich verschleiern und beinahe ausschließlich der Familie widmen müssen.
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Nicole Kidman als Forscherin Gertrude Bell mit Eingeborenen in Werner Herzogs Königin der Wüste - Foto © Prokino
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Gertrude Bell, ledige Tochter eines Industriellen und Oxford-Absolventin, locken 1892 ferne, exotische Länder wie Indien und Arabien. Ihr Onkel (Mark Lewis Jones), britischer Botschafter in Persien, lädt sie zu sich ein, auch als Umgang für seine junge Tochter. Doch Gertrude locken die Abenteuerlust und Expeditionsfreude in noch fernere Länder. Sie dringt mit treuen Dienern ins bisher unerforschte Territorium Jabal Al-Druze, ins Tal der Drusen, und später sogar in die Nefud-Wüste vor. Bald wird sie von Beduinen-Scheichs und Stammesführern als Ehren-„Mann“ akzeptiert und geachtet. Als Archäologin, Forscherin, Schriftstellerin, politische Beraterin und Diplomatin des britischen Königreichs im Nahen Osten wird Getrude Bell (1868-1926) schließlich zu Gertrude von Arabien, einer der mächtigsten Frauen ihrer Zeit.
Leider schafft es Regisseur Werner Herzog nicht, die auf einer realen Biographie beruhende Geschichte der sogenannten „Königin der Wüste“ in ein nachvollziehbar authentisches Licht zu tauchen.
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Nicole Kidman als Forscherin Gertrude Bell und Robert Pattinson als Colonel T.E. Lawrence in Werner Herzogs Königin der Wüste - Foto © Prokino
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Bei langen Exkursionen durch die Wüste stets adrett und vornehm ausstaffiert, wirkt Nicole Kidmans Figur mit alabasterfarbener Haut allzu oft wie ein Fremdkörper, dem dunkelhäutigere Einheimische stets zu ungläubig ehrfurchtsvoller Huldigung verpflichtet scheinen. Auch in der Gefangenschaft oder bei einem Angriff eines kriegerischen Stammes in der Wüste lässt sich Getrude nicht aus der Ruhe bringen und triumphiert letztendlich stets mit wohlüberlegtem Kalkül und vornehmer Grazie. Hier zelebriert Herzog seine Figur allzu sehr, reiht sich gar in den Reigen der Huldigungen um Gertrude ein.
Insbesondere die kitschige Romanze mit James Francos Figur des attraktiven Botschaftssekretärs Henry Cadogan, aber auch später die zarte Liasion mit dem britischen Vizekonsul in Damaskus, Major Charles Doughty-Wylie (Damian Lewis) wirken aufgesetzt gewollt, überzeugen nicht und ermüden den Betrachter zusehends. Vielleicht, weil die Sympathieträgerin der Geschichte einfach viel zu stolz, unnahbar und weltenthoben scheint, als dass man ihr das Begehren nach einem anderen Menschen und die leidvolle Erfahrung unerfüllter Sehnsucht als Stimulanz für ihre Expeditionsfreude abnimmt.
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Wüstenzug mit Dromedaren in Werner Herzogs Königin der Wüste - Foto © Prokino
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Eine gänzlich überzeichnete, unzeitgemäße und unfreiwillig komische Figur gibt schließlich Robert Pattinson als Colonel T. E. Lawrence. Er begegnet Gertrude Bell mehrfach unter anderem an einer archäologischen Ausgrabungsstätte. Wenngleich seine schuljungenhaften, großspurigen Anbiederungsversuche von ihr nur belächelt werden, wird er später ihr Verbündeter – übrigens wird hier eine weitere reale Legende bemüht – besser bekannt als „Lawrence von Arabien“.
Ein langatmiger, vorhersehbarer und seichter Film mit wenig Spannung, trotzdem sind einige lange Einstellungen mit Bildern von exotischen Orten, Dromedaren und wandernden Sand in der Wüste sehenswert (Kamera: Peter Zeitlinger).
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Ansgar Skoda - 4. September 2015 ID 8848
Weitere Infos siehe auch: http://www.koenigin-der-wueste.de
Post an Ansgar Skoda
http://www.ansgar-skoda.de
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