Überragender Eddie Marsan in seiner ersten Hauptrolle
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Bewertung:
Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit ist eine Geschichte über einen Verwaltungsbeamten der Londoner Stadtverwaltung. In deren Namen kümmert sich John May (Eddie Marsan) um die Beisetzung von einsam verstorbenen Menschen. Mr. May tut dies mit Liebe, Hingabe und großer Sorgfalt. Er nimmt sich für jeden seiner Fälle Zeit und ist erfüllt von seinem Job. Als sein Vorgesetzter ihm kündigt, ist John entsetzt. Mit umso größerem Eifer stürzt er sich in seinen letzten Fall.
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Mr. May (Eddie Marsan) bei der Arbeit in seinem überschaubar eingerichteten Büro. © Piffl Medien GmbH
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Uberto Pasolini ist bei diesem Projekt Drehbuchautor, Produzent und Regisseur. Er ist auf die Geschichte der Beamten dieser Art durch ein Zeitungsinterview aufmerksam geworden. Der gebürtige Römer hat sich daraufhin mit einigen der sogenannten „Funeral Officers“ getroffen und den Film entwickelt. Für die Hauptrolle schwebte dem 57jährigen von Beginn an Eddie Marsan vor. Diesen setzte er gegen viele Widerstände durch. Denn das Besondere an der Sache: Eddie Marsan hat sich in den vergangenen Jahren zwar einen guten Ruf erarbeitet - allerdings als Nebendarsteller. In Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit spielt der Londoner zum ersten Mal eine Hauptrolle – und wie! Der 46jährige beweist in seiner Rolle als Mr. May seine Fertigkeiten. Mit einem Understatement, einer Ruhe und einer Ausdrucksstärke in seiner Mimik spielt Marsan die Rolle nicht, er IST Mr. May! Eine großartige Leistung von Marsan, der damit seinen endgültigen Durchbruch geschafft haben dürfte. In Filmen wie Gefährten, The Illusionist, Happy-Go-Lucky, Spurlos – Die Entführung der Alice Creed, Sherlock Holmes und Drecksau stellte er seine Wandlungsfähigkeit bereits mehrfach unter Beweis. Für Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit wurde er auf dem Edinburgh Film Festival bereits mit dem Preis als Bester Darsteller ausgezeichnet. Weitere Ehrungen dürften folgen.
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John May (Eddie Marsan) auf dem Friedhof, wo er seinen Liegeplatz nach dem irdischen Leben testet. © Piffl Medien GmbH
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Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit ist ein zutiefst bewegender, aufwühlender, berührender Independent-Film der besten Sorte. Eben solch ein Film, für den Cineasten ins Kino gehen. Denn Mr. May ist gut ausbalanciert, obwohl er einen Hang zur Melancholie hat. Diese wird allerdings immer wieder von amüsanten Szenen und den herausragenden, witzigen Kameraeinstellungen durchbrochen und aufgelockert. Diese Einstellungen, in denen Eddie Marsan perfekt in Szene gesetzt wird, bleiben nachhaltig im Gedächtnis haften.
Bei all diesen Stärken verzeiht der Zuschauer dem Film auch einen etwas schleppenden, ereignisarmen Beginn, wo eine Straffung dem Film zugutegekommen wäre. Dafür nimmt Mr. May nach und nach gehörig Fahrt auf. Denn mit dem Gefühl von Einsamkeit kennt sich wohl jeder Mensch auf seine Art und Weise aus. Deshalb kann sich der Zuschauer mit John May, der so viel Liebe in seine Arbeit steckt und im Privatleben genauso einsam ist wie seine Fälle, vollauf identifizieren. Am Ende gibt es sogar noch einige überraschende Wendungen in der intelligenten Geschichte.
Neben Eddie Marsan kann auch der Rest des Castes überzeugen. Joanne Froggatt (Drecksau, Downtown Abbey) hat die größte Nebenrolle und verkörpert diese mit einer Wärme und Tiefe, die beeindruckt. Selbst in kleinen Nebenrollen finden sich bekannte Schauspieler wieder. Paul Anderson III (The Firm – die dritte Halbzeit, Sherlock Holmes – Spiel im Schatten, The Crime), der ein unverwechselbares, markantes Gesicht hat, ist sich für eine Minirolle als Obdachloser nicht zu schade.
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Nachforschungen: John May (Eddie Marsan) bei zwei Obdachlosen (Tim Potter links, Paul Anderson III rechts). © Piffl Medien GmbH
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Die passend-trüben, eingängigen Landschaften und die feinfühlige Musikuntermalung tragen ihren Teil zur dichten Atmosphäre dieses Ausnahmefilmes bei. Ebenso die bestens ausgesuchten Kostüme und die beeindruckende Farbgebund des Filmes, die sich mit der Zeit verändert. Man beachte hier die Details.
Ein starker Kinofilm mit Herz und Liebe!
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Stefan Bröhl - 31. August 2014 ID 8052
Post an Stefan Bröhl
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