Jim Jarmush ist nun mal kein Actionregisseur – aber musste sein Vampirfilm Only Lovers Left Alive deswegen derartig uninspiriert ausfallen?
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Vorsicht, tranige Untote!
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Vampire in Detroit? Das passt! Wo sonst als in einer untoten Metropole, deren ehemals repräsentative Gebäude nur noch aus Gewohnheit stehen und große Teile der Stadt wie eine abgenutzte Kulisse für einen Endzeitfilm aussehen, sollte ein zeitgenössischer Blutsauger sich zurückziehen, wenn er unerkannt bleiben möchte?
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Only Lovers Left Alive - Foto (C) Pandora Film
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Die Ausgangssituation im neuen Film von US-Kultregisseur Jim Jarmush erinnert vor allem an Tony Scotts Debütfilm The Hunger von 1983, in welchem Catherine Deneuve eine ebenfalls sehr aristokratisch-blasse, im Laufe der Jahrhunderte melancholisch und müde gewordene Vampirin spielte wie nun Tilda Swinton, die statt ins Mondäne eher ins Britisch-Exzentrische tendiert. Auch Swinton hat als Vampirin einen Dauerliebhaber wie weiland die Deneuve mit David Bowie, aber damit sind die Parallelen leider auch schon am Ende. Bei Jarmush bleibt alles in einem überschaubaren, überraschungsarmen Rahmen. Only Lovers Left Alive entbehrt komplett jener vibrierenden Unruhe und ästhetisierenden Bebilderung, die Scotts Film auszeichnete. Dem Vampirmythos kann Jarmush außer ein paar platt eingestreuten, dramaturgisch oberflächlichen Anspielungen nicht viel Originelles abringen.
Angeblich haben die Vampire in seinem Film seit Jahrhunderten selbst verfasste, literarische oder musikalische Werke anderen Künstlern untergeschoben, die damit dann weltberühmt wurden (darunter Shakespeare und Schubert). Sein Film zeigt jedoch keine kreativen Untoten, denen die Ruhelosigkeit quasi im Blut liegt, sondern abgehalfterte, depressive, von der Menschheit enttäuschte Drogenabhängige, als handele es sich um zugedröhnte Althippies auf der Suche nach den guten alten Zeiten. Den jungen Geliebten der Obervampirin hat es passenderweise nach Detroit verschlagen, eine gespenstisch vor sich hin sterbende Stadt, die seinem eigenen Zustand entspricht. Dort hat sich der Berufsmelancholiker mit Steam-Punk-Spielzeug eingedeckt und verschanzt sich mit seiner Gitarrensammlung in einer verfallenen Villa. Erst als die Geliebte heranfliegt (per Flugzeug, nicht auf Schwingen!) rafft sich der im Selbstmitleid suhlende, verkannt bleiben wollende Künstler-Vampir zu nächtlichen Autofahrten durch die urbane Ruinenlandschaft auf – die einzige wirkliche Bewegung, die Jarmushs Films zu bieten hat, aber leider keine dramaturgische Fortbewegung.
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Only Lovers Left Alive - Foto (C) Pandora Film
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Auch ein Zusammentreffen der Vampire mit den von ihnen als „Zombies“ verachteten Menschen, das Reibung und Spannung hätte verursachen könnte, bleibt bei Jarmush anämisch: Der einzige Außenkontakt des Langzahnpaares ist eine Art Dealer, den der russischstämmige Jungschauspieler Anton Yelchin spielt (und selbst kurz zuvor im Remake des 80er-Jahre-Horoorklassikers Fright Night einen Vampir verkörperte). Einzig der Konflikt zwischen der Vampir-Swinton und ihrer jungen, ungestümen Schwester sorgt bei Jarmush buchstäblich für den einzigen Biss in der ansonsten mit somnambuler Trägheit vor sich hin dümpelnden Story.
Der mit bewährter deutscher Ko-Finanzierung inszenierte Film des US-Indie-Veterans – sieht man von kommerziellen Vehikeln wie den Twilight, Blade und Underworld Serien ab – bleibt deutlich hinter vergleichbaren Filmen der letzten Dekaden zurück; darunter Dennis Gansels Wir sind die Nacht (2010), aber auch US-Produktionen wie The Hunger (1983), Vamp (1986), The Lost Boys (1987), Near Dark (1987), Vampire’s Kiss (1989), Innocent Blood (1992), vor allem aber Titeln wie The Addiction (1995), Daybreakers (2009), Dark Shadows (2012), Vamps (2012), der koreanische Thirst (2009), dem schwedischen Let The Right One In (2008) und seinem US-Remake Let Me In (2010) sowie die US-Fernsehserie True Blood (seit 2008) – und zwar sowohl in Sachen Originalität oder Witz, aber auch in Hinblick auf die zeitgenössischer Modernisierung der scheinbar nicht tot zu kriegenden Legende um die zweibeinigen Blutsauger. Schade drum.
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Only Lovers Left Alive - Foto (C) Pandora Film
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Bewertung:
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Max-Peter Heyne - 18. Dezember 2013 ID 7475
Weitere Infos siehe auch: http://only-lovers.pandorafilm.de/
Post an Max-Peter Heyne
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