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Französisches Kino

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Die Filme des Regie- und Drehbuchduos Gustave Kervern und Benoît Delépine leben von einer kuriosen Mischung aus deftigem, mit Überzeichnungen gespickten Humor und zarten, poetischen Zwischentönen. Für Mammuth (2000) fanden Kervern und Delépine mit dem massigen, ebenso grantligen wie zartbesaiteten Gérard Depardieu einen kongenialen Interpreten ihres proletarischen Antihelden, der mit seiner sturen, bodenständigen Art und seinem vormodernen, erdverbundenen Lebensstil nicht so recht in die fluide digitale Lebens- und Arbeitswelt passen wollte. In der neuen Kervern-Delépine-Tragikomödie mit dem vielsagenden Titel Saint Amour legt Déardieu die Rolle des gemütlichen, leicht stupiden Urviechs noch einmal neu auf und spielt einen Bauern alten Schlages, Jean. Dessen ganzer Stolz ist der hofeigene Zuchtbulle, den er auf der Pariser Landwirtschaftsmesse den Preisrichtern vorführt.

Weniger vorzeigbar ist hingegen Jeans alkoholabhängiger, notgeiler Sohn Bruno, der sich zwar vom Hof des Vaters lossagen will, aber nicht recht weiß, wo er seinen Platz in der Welt findet. Offenkundig wollten die Regisseure einen möglichst kräftigen Kontrast zwischen Vater und Sohn illustrieren, aber Belgiens Superstar Benoît Poelvoorde zeichnet den orientierungslosen Bruno mit derartig kräftigen Strichen, dass es an Kasperletheater grenzt. In diesem Bunde der Dritte (und dritter Jahrgang, wenn man dem deutschen Untertitel folgt) ist Mike (Vincent Lacoste), der junge Taxifahrer, der Vater und Sohn zur Klärung familiärer Konflikte aus Paris heraus- und kurz und quer durch die französische Provinz kutschiert, auf dass sich die allgemeine Stimmung hebt.

Der phlegmatisch agierende Mike wirkt nur auf den ersten Blick als cooler, emotional gefasster und zielstrebiger als die beiden tapsigen Landwirte, die sich eher mit Bauernregeln als mit Bauernschläue mühselig über die Runden retten. Doch auch Mike ist nur hinter dem Lenkrad so souverän wie er behauptet. Hinter der nächsten Kurve wird deutlich, dass auch er sein Päckchen zu tragen hat und ähnlich glücklos und chaotisch agiert, wenn es darum geht, das schöne Geschlecht zu beeindrucken. Wenn die drei Musketiere von der Tankstelle ein Abbild der gallischen oder gar westeuropäischen Männerwelt sein sollen, könnte sich jeder urbanen Sexismusforscherin angesichts der folgenreichen Kombination aus Landluft, schwerem Essen und Alkohol das Schamhaar kräuseln. Doch letztlich sind die Machoattitüden und Prahlereien von Bruno und Mike lediglich gutartige Symptome einer zunehmend deklassierten sozialen Spezies. Und der gutmütige Jean ist ohnehin ein armer Hund.

Außerdem haben die meisten Frauenfiguren, die den drei abgehalfterten Romantikern auf ihrem Roadtrip begegnen, einen noch größeren Knall als sie selbst. Nur eine alternde Diva (eine tolle Gastrolle für Das große Fressen-Girl Andréa Ferréol) und eine Art Einsiedlerin mit Baumhaus und Kinderwunsch (Céline Sallette) bescheren dem Trio unverhoffte Triebabfuhr. So kurzweilig und bisweilen auch amüsant diese Farce insgesamt daherkommt, enttäuscht doch oft die Oberflächlichkeit und Albernheit, mit der viele interessante und existentielle Themen abgehandelt werden. Der Bulle immerhin erhält am Ende eine Prämie. Aber für den ersten Preis hat es auch bei ihm nicht gereicht.




Gérard Depardieu in Saint Amour - Drei gute Jahrgänge | (C) Concorde Filmverleih

Max-Peter Heyne - 10. Oktober 2016
ID 9616
Weitere Infos siehe auch: http://www.saintamour-film.de


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