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Rezension

Der fiese Spießerchef Stromberg tritt nach – und das auf großer Leinwänden




Er ist wieder da!

Das Spießertum in Deutschland übt auf bissige Komödienautoren einen besonderen Reiz aus. Nachdem Wolfgang Menge mit dem Ekel Alfred in der ARD-Serie Ein Herz und eine Seele den Prototyp des vorurteilszerfressenen Kleinbürgers der Sechziger Jahre aufs Korn genommen hatte, entwarf Ralf Husmann eine ähnliche Figur für die Pro7-Serie Stromberg. Die Ressentiments, die Menge seinem Antihelden in den Mund gelegt hatte, sind bei Husmanns Stromberg fast dieselben geblieben. Nach außen hin muss der männliche Kleinbürger der Jahrtausendwende zwar eine Art grüner Sozi-Toleranz gegenüber Jedermann und –frau zur Schau stellen. Aber insgeheim fühlt er sich durch die sich verschärfenden Kämpfe um lukrative und sichere Arbeitsplätze im spätkapitalistischen Zeitalter in seinen Vorurteilen bestätigt: Die ganze Frauen-, Fremden- und Schwulenemanzipation führt aus Spießersicht nur dazu, sich mit komplizierten Kollegen und Begriffen herumschlagen zu müssen.

Ralf Husmann, der jahrelang auch für die Late-Night-Show mit Harald Schmidt Texte geschrieben hat, wusste, worüber er schrieb: Als „Arbeiterkind aus dem Ruhrgebiet“ kannte er sich mit Spießbürgerlichkeit aus, „die Humor oft als Waffe gegen die tristen Verhältnisse verwendet“, wie Husmann im Interview sagt. Außerdem mache es vielen Menschen Spaß, „politisch unkorrekt zu sein“, und sei es aus dem Grund, „nicht zwanghaft jede neue Entwicklung für gut zu halten“. Eine Ekelfigur zu entwerfen, sei für ihn kein Selbstzweck gewesen, sondern „der Versuch, zu zeigen, wieso Spießer wie Stromberg so sind wie sie sind“, so Husmann. Machosprüche hin oder her – eigentlich sei die Serie „ja männerfeindlich“, meint Husmann, „denn die Männer sind allesamt bekloppt oder durchgeknallt“.

Wesentlichen Anteil an der Popularität des Konzeptes hatte die ganz normale Hölle des Büroalltags, aus deren Intrigen- und Kabale-Konstellation Husmann viel Komik gezogen hat. Für das Format des Kinofilms, der von besonders treuen Fans mit einer Million Crowd-Investing mitfinanziert wurde („um die Freiheiten zu behalten, die man beim Fernsehen auch hatte“), hat Husmann drei Kniffe angewendet, die hervorragend funktionieren: Zum einen erzählt er die Geschichte eines Betriebsausfluges, sodass die ganze Bürobagage sich auf eine – selbstredend holprig verlaufende – Reise begeben muss. Dies gibt Gelegenheit die etablierten Figuren „in einem anderen Kontext zeigen zu können“ (Husmann), der für sie ungewohnt ist und komische Situationen provoziert. Zweitens ist die gesamte Handlung in Form eines Erinnerungsvideos gefilmt, sodass alle Beteiligten sich Mühe geben, gut rüberzukommen, aber beim Scheitern im wahrsten Sinne des Wortes vorgeführt werden. Drittens hat Husmann eine Dramaturgie entwickelt, die in ihrer Abgründigkeit an die bittere 80er-Jahre-Groteske Kehraus mit Kabarettist Gerhard Polt erinnert, nicht zuletzt auch bei der Schilderung der Fete im Konferenzhotel – ein grausiger Spießerhöhepunkt. Danach wird Stromberg vorübergehend selbst zum Intrigenopfer, bevor er in gewohnter Opportunistenmanier die Chance nutzt, um sich als Occupy-Protestler zu stilisieren. Da auch die Dialoge und Pointen punktgenau wie in der Serie treffen, ist auch der Stromberg-Film ein rundum bissiges Vergnügen, bei dem einem die Lacher oft im Halse stecken bleiben.




Stromberg - Der Film - Foto © NFP Verleih



Bewertung:    

Max-Peter Heyne - 20. Februar 2014
ID 7620
Weitere Infos siehe auch: http://www.stromberg-der-film.de/


Interview mit Stromberg-Darsteller
Christoph Martia Herbst

Post an Max-Peter Heyne



 

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