Kannibalismus
als Sozialkritik
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Bewertung:
Die deutsche Schauspielerin und Drehbuchautorin Nele Mueller-Stöfen (57) hat jetzt mit Delicious (dt.: “Lecker”) ihren ersten Spielfilm – dieses Mal als Regisseurin – vorgelegt; seit Anfang März ist er auf Netflix streambar.
Gestern Nacht hatte ich ihn mir (Dauer: 100 min) reingezogen, und ich langweilte mich nicht .
Delicious vermittelt die meiste Zeit über – also vom Anfang bis zum ersten wahrheitlich-realen “bösen Knall” - ein wohltuendes Urlaubsfeeling und kommt daher unhektisch und atmosphärisch rüber; seine Außenaufnahmen entstanden an Originalschauplätzen in Südfrankreich, auch in Avignon wurde gedreht (Kamera: Frank Griebe).
Als Genre wird (Achtung!) “Horrorfilm” vermerkt:
“Eine vierköpfige deutsche Familie verbringt die Ferien in ihrer Villa. Der Urlaub scheint perfekt zu sein, ehe sie eines Abends nach einem Unfall auf der Landstraße eine junge Frau bei sich aufnehmen. Die Familienmitglieder zeigen sich dem Gast gegenüber hilfsbereit. Im Laufe der Zeit will jeder die Frau für seine eigenen Zwecke nutzen. Aber auch sie verfolgt ihre eigenen Ziele. Daraufhin beginnt sich das Leben der Familie dramatisch zu verändern.” (Quelle: Wikipedia)
Das [s.o.] liest sich freilich überhaupt nicht horrormäßig – daher bräuchte es hier ein paar zusätzliche Plotergänzungen, um die Behauptung einigermaßen dingfest machen zu können:
Ein Quintett von jugendlichen Domestiken mit Miveck Packa (als Prince), Nina Zem (als Estelle), Carla Díaz (als Teodora), Julien de Saint Jean (als Lucien) und Tom Rey (als Bojan), die als Servierkräfte in einem Nobelrestaurant - unweit der Luxusvilla unserer vier wohlsituierten Deutschen mit Valerie Pachner (als Familienmutter Esther), Fahri Yardım (als Familienvater John), Naila Schuberth (als Töchterchen Alba) und Caspar Hoffmann (als Sohn Philipp) – im Niedriglohnsektor beschäftigt sind, haben’s auf Reiche abgesehen; die gibt’s in dem Nobelrestaurant wahrscheinlich zur Genüge, und so fokussieren sich die höchstwahrscheinlich arg sozial Benachteiligten angelegentlich auf die dort zufälligerweise eingekehrt habende Nobel-Family aus Allemagne.
Teodora spielt im Auftrag der Clique den Lockvogel - sie sitzt (selbst-)verletzt am Straßenrand und behauptet vom Auto der reichen Deutschen, die vom Nobelrestaurant auf der Fahrt zurück in ihre Luxusvilla waren, angefahren worden zu sein; da ist guter Rat teuer… Die Deutschen stellen die junge Andalusierin für die restliche Zeit ihres Urlaubs als Hausmädchen und Köchin ein und wollen sie auch angemessen hierfür bezahlen; damit meinen sie das Problem mit dem von ihnen unangezeigten Verkehrsunfall clever umschifft zu haben.
Tage vergehen – Teodora hat sich prima eingelebt und zu den Familienmitgliedern unterschiedliche Beziehungen aufbauen können - - schließlich kommt ihre Clique [s. obiges Quintett von jugendlichen Domestiken] zu Besuch - - - und die Vermischungen oder Verschwisterungen der sozialen Klassen wird bedrohlich offensichtlicher.
Aber (und wieder Achtung!): Ziel der Clique ist eine Verspeisung der sie als soziale Unterschicht dominieren und beherrschen wollenden kapitalistischen Oberschicht sprich: gelebter Kannibalismus.
Und schon haben wir die Erklärung des Genres “Horrorfilm”, denn:
Vater und Mutter der vier Reichen werden bei lebendigem Leib gefressen.
Die beiden Kinder allerdings werden (hoffentlich!) verschont; das kommt zwar nicht eindeutig raus, ist/ wäre aber wünschenswert bei all dem kannibalistischen Treiben rund um das soziale-asoziale Ungleichgewicht auf dieser Welt.
Nicht übel zubereitet.
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V.l.n.r.: Die jugendlichen Kannibalen Prince (Miveck Packa), Estelle (Nina Zem), Teodora (Carla Díaz), Lucien (Julien de Saint Jean) und Bojan (Tom Rey) in dem deutschen Horrorfilm Delicious | (C) Netflix
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Andre Sokolowski – 20. März 2025 ID 15194
Weitere Infos siehe auch: https://www.netflix.com/de/title/81653495
https://www.andre-sokolowski.de
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