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22. März bis 4. August 2013, Bundeskunsthalle Bonn

AUF DEN SPUREN DER IROKESEN






Dies ist überraschenderweise die erste Gesamtschau über die Irokesen, obwohl diese seit der Besiedelung, unter hunderten unterschiedlicher Indianerstämme, eine herausragende Rolle spielen, insbesondere in der europäischen Wahrnehmung. Sie gelten als Erfinder der Demokratie, Meister der Kriegskunst, als ökologische Pioniere, Anhänger des Matriarchats und vieles mehr. Die Kuratorin Sylvia S. Kasprycki hat in ihren jahrelangen Recherchen herausgefunden, dass Vieles davon hochstilisiert und romantisiert wurde. Die Gesellschaft der Irokesen war sehr viel differenzierter. Mit 500 Exponaten aus 65 Ländern kann die Ausstellung [Auf den Spuren der Irokesen] nur ein kleines Schlaglicht auf diese Kultur setzen sowie deren Wandel im Verlauf der vergangenen 400 Jahre. Es wurde Wert darauf gelegt, dass sich auch irokesische Künstler am Konzept beteiligen und die Ausstellung mitgestalten konnten. Es sind Kunstwerke, Alltagsgegenstände, Rituelles, Gemälde, moderne Kunst und auch ein wenig kommerzieller Kitsch ausgestellt, der für viele Indianer aber eine Lebensgrundlage darstellt.

Die Irokesen lebten nicht in Tipis oder Wigwams, sondern in bis zu 60 Meter langen Langhäusern. Sie nennen sich selbst deshalb auch „Haudenosaunee“, was „Leute des Langhauses“ bedeutet. Diesen Langhäusern standen die rangältesten Frauen vor, Matronen, die im Hause und innerhalb der Dorfgemeinschaft das Sagen hatten. Für die Außenwelt waren allein die Männer zuständig, die als Jäger, Händler und Krieger unterwegs waren und auch für den Kontakt zu spirituellen Wesenheiten sorgten. Dazu gehörten Rituale zur Krankenheilung und Traumdeutung.




Schöner wohnen und besser essen auf Irokesenart: Nachbau eines irokesischen Langhauses - Foto (C) Helga Fitzner



Ab dem 13. Jahrhundert ahmten die Irokesen eine symbiotische Anbauart von Grundnahrungsmitteln nach, die von den Mayas in Mittelamerika stammte. Die „drei Schwestern“ sind Mais, der zuerst angebaut wird. Wenn er groß genug ist, werden Bohnen angebaut, denen der Mais als Rankhilfe dient. Die Bohnen wiederum versorgen den Mais mit Stickstoff. Dazu wird Kürbis angepflanzt, der den Boden vor Erosion und Austrocknung schützt. Damit war die Grundnahrung gesichert, und die Irokesen wurden sesshafter. Im 14. Jahrhundert kam es deswegen zu einem Sprung im Bevölkerungswachstum und Konflikten mit anderen irokesischen Völkern. Es folgten grausame Bruderkriege, die vor allem durch den Einsatz zweier herausragender Persönlichkeiten beendet wurden, durch die visionären Außenseiter Deganawida und Hiawatha, die fünf verfeindete Stämme im „Bund der Fünf Nationen“ vereinten. Dazu zählten die Mohawk, Oneida, Onondaga, Cayuga und Seneca. Das „Große Gesetz des Friedens“ trug zur inneren Sicherheit bei und lud weitere Völker ein, sich der Irokesenliga anzuschließen. Der Bund weitete sich bis zum 17. Jahrhundert aus. Wer sich ihm nicht freiwillig anschloss, wurde vertrieben, vernichtet oder unterworfen. Die Matronen der verschiedenen Matrilinien ernannten die 50 im Ligarat vertretenen Häuptlinge. Entscheidungen konnten nur einstimmig und durften nur ohne Ausübung von Druck gefällt werden.

Bei der Politik waren Wampumgürtel von Bedeutung, die aus weißen und violetten Muschelschalenperlen gewebt wurden. Sie wurden als Beleg bei Verträgen untereinander ausgetauscht und werden heute noch als modernes Kunsthandwerk nachgeahmt.




Denise White Pigeon (Seneca), Einigkeit – der Gürtel, der die Nation zusammenführt, Cattaraugus Reservation, New York, USA, 2012, Maisstroh, Federn, Leder, Filz, Glasperlen, Holz - © Besitz Sylvia S. Kasprycki


Mit dem Auftauchen der ersten Siedler begann ein großer Wandlungsprozess. Die Weißen brachten das Rad, Pferde, Metall, Feuerwaffen und Feuerwasser. Glasperlen wurden zu einem wichtigen Grundstoff indianischer Kunst. Durch die Missionierung wurden die Völker in Traditionalisten und Christen gespalten. Die Siedler schleppten auch Krankheiten ein, wie Masern und Pocken, an denen die Indianer in großer Zahl zugrunde gingen. Die indianischen Kulturen wurden weitgehend verdrängt, die Indianer, die sich nicht assimilierten, lebten in Reservaten.





Wayne Eagleboys Bild We the People von 1971 zeigt sehr anschaulich die Situation der Indianer - Foto (C) Helga Fitzner



Es gibt in heutiger Zeit eine Wiederentdeckung der indigenen Kulturen, die mehr und mehr für ihre Rechte eintreten. Fragen des Landrechts sind aber bis heute nicht hinlänglich geklärt. Die Ausstellung zeigt, dass die Irokesen den Siedlern, wie den Europäern Anregungen boten in Sachen Demokratie, Frauenrechte, Friedensbewegung, Ökologie und sogar der Jugendkultur, die den Irokesenhaarschnitt bis heute nachahmt.

In Bonn ist neben der Ausstellung ein Langhaus nachgebaut, die Schildkröteninsel geht auf den Schöpfungsmythos der Irokesen ein, die weiße Kiefer ist zu betrachten, die als Friedensbaum gilt, und es wird auch intelligente Landwirtschaft in Form der „Drei Schwestern“ gezeigt.


Helga Fitzner - 24. März 2013
ID 6639
Vom 18. Oktober 2013 bis zum 6. Januar 2014 wird die Ausstellung im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen sein, allerdings ohne das Langhaus und die irokesische Gartenlandschaft.

Weitere Infos siehe auch: http://www.bundeskunsthalle.de/


Post an Helga Fitzner



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