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Feuilleton


Noch bis zum 31. August 2012, Kommunale Galerie Berlin

SCHÖNHEIT DES KOLLEKTIVEN

Poduktgestaltung in der DDR



Schlichte Eleganz - eine Ausstellung über DDR-Gebrauchsdesign im Westteil Berlins

Im Alltag der Deutschen erinnern heute nur noch wenige optische Spuren an den Alltag in der DDR. Dass ausnahmslos alle DDR-Gebrauchsgegenstände hässlich und unpraktisch gewesen wären, ist dafür jedoch keine hinreichende Begründung. Im Gegenteil: So manches Produktdesign made in DDR wirkt auch heute noch unverwüstlich und wird wegen seiner schlichten Eleganz in Zukunft zumindest musealen Bestand haben. Davon können sich erstmals auch eingefleischte Westberliner in einer kleinen, aber feinen Ausstellung in der Kommunalen Galerie in Schöneberg-Wilmersdorf überzeugen, die mit einer Schau an die Schönheit des Kollektiven, die Produktgestaltung in der DDR, erinnert.

Die von den Kuratoren zusammen mit dem Verein „form:ddr“ zusammengetragenen, von der Industrie mittlerweile komplett ausrangierten Produkte werden früheren DDR-Bürgern bekannt und typisch vorkommen. Allzu üppig war die Auswahl an verschiedenen Marken zu sozialistischen Zeiten ja nicht gerade. Umso mehr verblüfft, wie zeitlos modern viele der ausgestellten Objekte auch heute noch wirken, und zwar nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer auf praktische Herstellung und Handhabbarkeit zielenden Gestaltung: Das Pressglassortiment Europa und das Porzellan-Pendant Rationell, das Margarte Jahn und Erich Müller 1964 für die DDR-Gastronomie entwarfen und im VEB Glaswerk Schwepnitz produziert wurde, ist erkennbar funktionell ausgerichtet, um es leichter stapeln zu können. Entstanden sind einfache, aber überzeugende Formen, die auch das Camping-Plastikgeschirr von Designer Hans Merz prägten: Tassen, Untertassen, Zuckerdose und Milchkännchen konnten in der Art russischer Matrjoschka-Puppen in eine einzige große Kaffeekanne ineinander gestülpt werden. Picknickfreunde würden sich die Hände reiben.

Ebenfalls praktisch gedacht, aber gleichwohl von geradezu pittoresker Erscheinung, ist der kleine Handwerkskasten mit Farbbehältern und Rollen zur Strichmarkierung aus den siebziger Jahren: ein Schmuckkästchen für den DDR-Malerberuf. Dank ihrer reduzierten, elegant geschwungenen Linienführung dürfen der von Otto Bengtson 1962 gestaltete Kaffeekocher Moccadolly aus Aluminium, Margarete Jahns schlanke, silberne Thermoskanne von 1959 und die einfarbig-schwarze, längliche Lederhandtasche aus dem Hause „Intermod“ von 1960 als Highlights der Ausstellung gelten. Die an das Erbe der Bauhaus-Designer erinnernden Objekte könnten ohne weiteres als zeitgemäße Alessi-Produkte durchgehen. Auch die von Lutz Rudolph 1961 für ein Besteckensemble gestaltete Geflügelschere, bei der Mittelschraube und -Feder im Korpus integriert sind, bietet eine makellose Silhouette.

Mit ihrem künstlerischen Anspruch, der hinter einigen Entwürfen klar zu erkennen ist, sind die DDR-Produkte in einer Schau der Kommunalen Galerie Berlin gut aufgehoben, die sich ansonsten vornehmlich zeitgenössischer Kunst widmet. Der Einbezug des Sonderbereichs Design ist eine breitere Ausrichtung, die sicherlich helfen kann, den Bedeutungsverlust zu kompensieren, der mit der Abwanderung der Kunstszene in die Ostberliner Bezirke während der neunziger Jahre verbunden war, und die Kommunale Galerie wieder zu dem werden zu lassen, was sie zu Zeiten der Teilung Berlins gewesen war: eine der vorzüglichsten Adressen des (West-)Berliner Kunstlebens.




Luth Rudolphs Besteckensemble von 1961 - Foto (C) Max-Peter Heyne


Max-Peter Heyne - 21. Juli 2012
ID 6104
Schönheit des Kollektiven

Kommunale Galerie Berlin
Hohenzollerndamm 176
10713 Berlin

Di – Fr, 10 – 17 h
Mi, 10 – 19 h
So, 11 – 17 h

Eintritt frei!


Weitere Infos siehe auch: http://www.kommunalegalerie-berlin.de


Post an Max-Peter Heyne



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