Grafikstiftung
Neo Rauch
in Aschersleben
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Der Maler und seine Frau
Es war einmal vor gar nicht allzu langer Zeit, da liebte ein junger Malersbursche eine schöne Maid, die ihm sehr zugetan war. In jenen Tagen heirateten die Menschen sehr jung, so auch die beiden. Des Malers Glück ward vollkommen, als ihm ein Knäblein geboren wurde. Doch ihnen stand ein arges Schicksal bevor. Eines Tages trug es sich zu, dass zwei Eisenrösser aufeinanderprallten und großen Jammer über das Reich brachten, denn viele Menschen kamen dabei ums Leben. Auch dem Malersburschen und seiner Frau war ein Leids geschehen, und das Knäblein blieb ohne Eltern zurück. So kam es fort aus der großen Stadt und lebte bei Großmütterchen und Großväterchen auf dem Lande. Dort lernte es die Mythen und Sagen der Gegend kennen, und er wuchs zu einem prächtigen Burschen heran. Er wurde Maler, wie sein Vater vor ihm, und gehört zu den angesehensten Künstlern seiner Zeit. Und da er nicht gestorben ist, so malt er auch noch heute.
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Die Werke des 1960 in Leipzig geborenen Neo Rauch könnten am treffendsten als magischer Realismus bezeichnet werden, wo sich Wirklichkeit und Fantasie überschneiden und eine Synthese zu einer dritten Realität schaffen. Rauchs Bilder sind sehr ansprechend, auch wenn sie schon ziemlich düster sind, scheinen aus einer anderen Welt zu stammen und doch viel mit der unseren zu tun zu haben.
Insbesondere in den USA werden Millionensummen pro Bild bezahlt.
Nach dem frühen Tod seiner Eltern wuchs Neo Rauch in Aschersleben bei seinen (noch sehr jungen) Großeltern mütterlicherseits auf, und die mitteldeutsche Landschaft im Harz hat ihn sehr geprägt. Er lebt heute in der Nähe von Leipzig, ist aber dem Ort seiner Kindheit Aschersleben treu geblieben, indem er ihn regelmäßig besucht. Mit der Gründung der GRAFIKSTIFTUNG NEO RAUCH im Jahr 2012 dort hat er eine wichtige künstlerische Begegnungsstätte geschaffen, die in einem architektonisch sehr gelungen Anbau an eine historische Papierfabrik untergebracht ist. Die Stiftung wurde von Rauch selbst sowie Gerd Harry Lybke und Kerstin Wahala von der Galerie EIGEN + ART gegründet.
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Das Gebäude der Grafikstiftung Neo Rauch in Aschersleben | © Stadt Aschersleben
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Sieben Ausstellungen hat es seit 2012 gegeben, in jedem Jahr eine, und die ersten drei widmeten sich ausschließlich dem grafischen Werk Rauchs, das in der nach ihm benannten Grafikstiftung eine dauerhafte Heimstatt gefunden hat und durch jeweils ein Exemplar neuerer Schöpfungen weiterhin ergänzt wird.
2015 stellte er seine Grafiken den Pflanzenfotografien Karl Blossfeldts (1865-1932) gegenüber, der ebenfalls im Harz lebte. Im Jahr 2016 zeigte er einige seiner Werke zusammen mit 40 Arbeiten seines Vaters Hanno Rauch (1939-1960). Hanno Rauch und seine Frau Helga studierten beide in Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst, bevor ein Zugunglück sie aus dem Leben riss. - Die sechste war eine Doppelausstellung von Neo Rauch und seinem Professor Arno Rink (1940-2017), der als Wegbereiter für eine ganze Generation von Malern gilt. Da Neo Rauchs Frau, die Künstlerin Rosa Loy, 2018 ihren 60. Geburtstag feierte, „schenkte“ er ihr Die Strickerin, eine Ausstellung mit Bildern von sich, ihren eigenen und gemeinsam erschaffenen. Auf dem Cover des Katalogs ist ein Ausschnitt des gemeinsam gemalten Bildes Der Saum zu sehen (Rosa Loy & Neo Rauch, Am Saum, 2018, Faber Castell: Bleistift, Tusche, Acryl, Gouache auf Papier, 39 x 53 cm)
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Cover des Katalogs zur Ausstellung „Die Strickerin“ von 2018 | © Uwe Walter, Grafikstiftung Neo Rauch
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Besucher der Bayreuther Festspiele konnten im vorigen Jahr die von beiden Künstlern kreierte Ausstattung zum neuen Lohengrin bewundern. Ihre Kunst passt zu Wagner, der sich vor allem der Sagenwelt verschrieben hatte.
Die Bildmotive von Rauch und Loy erscheinen vertraut und fremd zugleich. Waldgeister und Elfen sind Loys Spezialität, die gerne Sagenfiguren malt, sie aber sehr eigen interpretiert. Da wird ein Fliegenpilz schon mal als Sonnenschirm benutzt, und bei ihr ist alles beseelt. Rauch erfindet gerne mythische Mischwesen zwischen Mensch und tierähnlichen Gestalten. Seine Figuren sind meist sehr kontemplativ auf sich selbst bezogen, aber da herrscht oft eine bedrohliche Atmosphäre um sie herum. Beide, Loy und Rauch, entwerfen dabei eine Welt, in der sich Raum, Zeit, Proportionen und die Realität auflösen. Sie arbeiten mit Hell und Dunkel, Buntheit, aber manchmal auch nur mit wenigen Farben, sie schaffen Nähe und Distanz, Unruhe und innere Einkehr. Ihre Bilder lassen sich nur schwer erklären und interpretieren, entziehen sich der Ratio und geben ihre Rätsel und Geheimnisse nicht völlig preis.
Es gibt eine filmische Dokumentation von Nicola Graef über Neo Rauch – Gefährten und Begleiter (2017), wo Rauch beim Malen beobachtet wird. Es sind viele seiner Werke zu sehen, und er steht seinem internationalen Ruhm sehr zurückhaltend gegenüber. Am liebsten arbeitet er in seinem Atelier und setzt die Ideen in seinem Kopf um, die ein Eigenleben führen und ihn nach eigenen Angaben erst zur Ruhe kommen lassen, wenn sie Bild geworden sind.
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Mit Spannung wird die Eröffnung der achten Ausstellung am 25. Mai 2019 erwartet. Das Kollegium vereint ihn mit 19 weiteren KünstlerInnen (Jahrgänge 1934 – 1982) , die dort vorrangig ihre druckgrafischen Werke ausstellen.
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Helga Fitzner - 23. Mai 2019 ID 11429
GRAFIKSTIFTUNG NEO RAUCH
Wilhelmstr. 21–23
D-06449 Aschersleben
mail@grafikstiftungneorauch.de
Tel.: +49(0)3473-9149344
Öffnungszeiten
Februar – Oktober, Mi - So | 11 - 17 h
November – Januar, Mi - So | 10 -16 h
Ausstellungspause vom 29. April bis 24. Mai 2019
Eintritt
4,00 EUR | erm. 2,50 EUR
Weitere Infos siehe auch: https://www.grafikstiftungneorauch.de/
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