Jens Kloppmann oder macht man Kunst um geliebt zu werden?
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Ein Künstlerporträt mit Interview
anlässlich der Ausstellung Diktatoren mit Tieren in der Galerie reiner Tisch in Berlin
Jens Kloppmann, geboren 1969 in Witten, gaukelt uns nichts vor. Auch wenn es so aussieht. Er bringt uns die Realität zurück durch die Impertinenz des Normalen bis hin zum Kuscheligen – in Serie.
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„Diktatoren mit Tieren“ in der Galerie „reiner Tisch“, Februar 2005
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„Diktatoren mit Tieren“ ist seine aktuelle Arbeit, ausgestellt bis zum 13.03.05 in der Galerie „reiner Tisch“.
Die Arbeit schockiert nicht, nicht im ersten Moment. Sie scheint einfach nur da zu sein, in aller Bescheidenheit. Besser könnte man die Person Jens Kloppman selbst nicht beschreiben.
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Adolf Hitler, Deutschland 1933-1945
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Und so scheint es fast folgerichtig, dass er sich mit Diktatoren des 20.Jahrhunderts befasst.
Diktatoren, wie Mussolini oder Hitler, wurden nach ihrem Ende kaum mehr als Menschen wahrgenommen.
Hitler als Person war ein Tabuthema. Allerdings hat sich in letzter Zeit einiges verändert. Hitler wird wieder entstaubt und es darf auch bei ihm gemenschelt werden.“ Hitlers Sekretärin“, „Hitlers letzte Tage“, man kann darüber denken, was man will, mit kritischer Geschichtsaufarbeitung hat das alles jedenfalls nichts zu tun. Manchmal kann einem sogar angst und bange werden.
„Diktatoren mit Tieren“ reiht sich keineswegs ein in den menschelnden Diskurs. Ganz im Gegenteil, Hitlers Rehkitzfütterung oder Pinochet im Rollstuhl mit Hund auf dem Schoss sind menschliche Momentaufnahmen. Und genau diese Reduktion auf das Menschliche macht die Fotografien auf kleinformatigen Leinwänden so absurd. Das Menschliche wird zur Darstellung des Grausamen. Die Fotografie aus dem Zusammenhang einer Zeitung oder eines Buches gerissen wirkt klar und ohne Umschweife. Die Botschaft ist einfach: Auch ein Mann, der ein Rehkitz füttert, kann Millionen von Menschen auf dem Gewissen haben.
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Augusto Pinochet, Chile 1973-1990
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Jens Kloppmann war schon immer ein politischer Mensch: im Alter von 15 Jahren setzte er sich zum ersten Mal intensiv mit dem Nationalsozialismus auseinander. Dabei war es noch nicht mal die Geschichte, die ihn zu dieser Serie trieb, sondern die mysteriösen Wege der deutschen Grammatik: „Diktatoren mit Tieren klingt grammatikalisch falsch, ist aber richtig.“
Der Titel und dessen falscher Klang wurden zum Programm seiner Arbeit und das Resultat verdient Beachtung.
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Benito Mussolini, Italien, 1922-1945
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Fernando Marcos, Philippinen 1965-1986
Saddam Hussein, Irak 1979-2003
Radovan Karadzic, serbische
Republik Bosnien, 1992-1996
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Streiten muss man sich allerdings über die Auswahl der Herrscher.
Mao Tse-Tung und Fidel Castro in einer Reihe mit Hitler und Mussolini. Die Auswahl scheint eher willkürlich als durchdacht. Dennoch übernimmt der Künstler mit der Ausstellung seiner Arbeit auch die politische Verantwortung für deren Inhalte. Was bleibt ist ein bitterer Beigeschmack des Betrachters, der die herausragende Arbeit trübt.
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Links: Mao Tse-Tung, China, 1949-1976
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Rechts: Fidel Castro, Cuba
Seit 1959
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Jens Kloppmann. Ein Interview.
Kultura-extra: Du arbeitest viel mit der Fotografie, auch „Rache für Trotzki“ war ein fotografisches Projekt.
Was reizt dich an dieser Arbeit?
Jens Kloppmann: Die Fotografie war ja innerhalb der bildenden Kunst ein revolutionärer Einschnitt. Sie ist in der Lage Dinge eins zu eins abzubilden. Auch wenn die Fotografie eine subjektive Abbildung ist, je nach Perspektive des Betrachters, ist sie in der Lage Dinge tatsächlich abzubilden.
Mich interessiert weniger die künstlerische Fotografie als die historisch-politische Fotografie. Es gibt fotografische Ikonen, die allen noch im Gedächtnis sind, zum Beispiel das Bild des Jungen im Warschauer Ghetto 1944. Dieses Bild hat eine Intensität, so dass es im Gedächtnis der Allgemeinheit haften bleibt.
Kultura-extra: also der journalistische Fotograf als Künstler.
Jens Kloppmann: Wobei mich das weniger interessiert. Allerdings verbergen sich da ja interessante Biografien, wie zum Beispiel die von Robert Capa. Er ist 1944 mit der ersten Welle der Alliierten in der Normandie gelandet, während Granaten um ihn flogen hat er mehrere Filme verschossen, die in der Dunkelkammer verhundst worden sind. Es gibt nur noch 11 tatsächliche Bilder davon.
Superinteressante Biografien, interessanter ist aber das, was tatsächlich abgebildet ist.
Kultura-extra: In deiner Arbeit, die hier ausgestellt ist, Diktatoren mit Tieren, hast du Diktatoren aller Couleur miteinbezogen, Du hast Stalin und Hitler in eine Serie gesetzt.
Würdest du dein Verhältnis zur Politik als zynisch bezeichnen?
Und was bedeutet für dich Politik in der Kunst?
Jens Kloppmann: Lass mich zuerst mit meinem Verhältnis zur Politik anfangen: Grundsätzlich habe ich ein sehr starkes Interesse an Politik. Das mag biographische Gründe haben, weil ich aus einer Generation komme, in der die Großeltern und Eltern den Krieg tatsächlich noch erlebt haben und dann teilweise auch berichtet haben, über Ereignisse, die wir uns heute gar nicht mehr vorstellen können.
Mit 15 habe ich mich intensiv mit dem Nationalsozialismus beschäftigt. Vor dem Studium der freien Kunst hab ich Geschichte und Politik studiert, weil mich das sehr stark interessiert hat.
Kultura-extra: Und trotzdem siehst du keinen Widerspruch darin Stalin und Hitler in einer Serie zu nennen?
Jens Kloppmann: Stalin und Hitler gehören definitiv in eine Serie. Hitler hat natürlich noch eine Sonderposition, selbst Stalin verblasst da ein wenig, aber nur ein wenig.
Interessant sind auch die merkwürdigen Details in manchen Biografien. Gepasst hat bei Stalin sein Tod: allein im Bett röchelnd, um Hilfe schreiend, niemand traute sich das Zimmer zu betreten aus Angst.
Stalin ist einsam und jämmerlich verreckt.
Kultura-extra: Was hast du für eine Beziehung zum Betrachter deiner Arbeiten?
Jens Kloppmann: Ein Freund von mir hat vor Jahren ein Symposion in Kassel abgehalten, wo er einen Kurzfilm gezeigt hat, die Filmemacher waren anwesend. Mein Freund war so sehr beeindruckt von diesem Film, dass er die Filmemacher fragte: „Warum habt ihr diesen Film gemacht? Wollt ihr geliebt werden?“ Das finde ich eine sehr amüsante Herangehensweise.
Die Frage, warum macht man Kunst, ist kaum ehrlich zu beantworten. Es ist zum einen das ,was man kann, womit man sich auseinandergesetzt hat, und natürlich ist die Wirkung auf das Publikum wichtig, man darf dem Publikum aber auch nicht nach dem Mund reden oder sich ranschmeißen.
Kultura-extra: Ist es für dich wichtig, dass die Leute verstehen was du tust?
Jens Kloppmann: Es ist wünschenswert, aber man kann es schwer beeinflussen. Es gibt in der Postmodernen Diskussion den Begriff der Mehrfachcodierung, der mir sehr gut gefällt. Je nach Wissensstand hat er verschiedene Möglichkeiten sich mit dem Werk auseinanderzusetzen. Das unterste Level kann der Blick eines Kindes sein bis hin zur Einordnung in die Systematik der Kunstwissenschaft - Faktoren, die beim Betrachten von Kunst eine Rolle spielen.
Kultura-extra: Wie kamst du zu der Arbeit „Diktatoren mit Tieren“?
Jens Kloppmann: Es ist eine Arbeit, die ich schon lange im Kopf habe. Auf die Idee kam ich durch den Titel, der ist mir zuerst eingefallen. Er ist sehr interessant, weil er grammatikalisch falsch klingt aber richtig ist. Das hat es für mich erstmal auf der sprachlichen Eben interessant gemacht. Das Feld der Herrschaftsbilder ist sehr groß, mit Tieren allerdings reduziert, weil sich der Diktator ja lieber mit einem Pferd oder mit einem Löwe fotografieren lässt, also mit Tieren , die Stärke und Macht demonstrieren, weniger mit einer Hyäne oder einem Koalabär.
Das 20.Jahrhundert ist ja ein wahnsinniges Jahrhundert. Da ist soviel an Mord und Totschlag passiert.
Das Thema Diktatoren ist ja deshalb auch so schwer abzubilden. Niemand kann sich wirklich vorstellen wie es ist in einem Gulag, in einem KZ, in einem Arbeitslager zu sein, wenn er es nicht selbst erlebt hat.
Die Liste ist natürlich auch unvollständig, zum Beispiel ist Franco nicht dabei.
Der Betrachter soll sich überlegen wie es weitergeht.
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