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Kurzportrait

EREZ

ISRAELI



Das ist der Künstler Erez Israeli. | (C) Erez Israeli



Über Schwänze und andere Witze


In den zwei Ausstellungsebenen der Berliner Galerie Crone, wo derzeit [leider nur noch bis 25. April!] die Einzelschau The Difference Between OOOOH and AAAAH des 1974 in Beer Sheva geborenen Erez Israeli zu besichtigen ist, sind vorranig - und sehr, sehr, sehr ironisch - Männerschwänze optisch auszumachen: mal am Mann, mal "separat" also vereinzelt, mal als Möhre oder Möhrennase... Es gibt kleine oder große und v.a. erigierte Schwänze, es gibt Mehrfachschwänze, es gibt Schwanzmetapheriges (Möhre = Nase, wie bereits erwähnt) zu sehen. Um das Männerteil an sich - den Schwanz als maskulines Selbstverständnis also Hauptidentifikationsmerkmal der Spezies Mann - scheint es demnach ganz unverschämt und unversteckt im ausgestellten Israeli-Werk-Ausschnitt zu gehen:

"Warum war Viagra bei Hitler so beliebt? Damals hatte es die Nebenwirkung, dass die Hände steif standen." Das wiederum, als Beispiel unter 80, ist dann neben einem der diversen Jokes (mit Tinte auf Papier) quasi von Hand geschrieben - - so wie unten abgebildet [s. Joke No. 5] sieht das halt meistens aus; links das Gemalte, rechts sein Text. Die Installation wirkt wie ein illustrierter Kehrreim; ja und wer bis da vom sagenumwobenen Jüdischen Witz noch nie etwas gehört oder gelesen haben sollte: Hier steht eine explizite Lern- und Lehrwand diesbezüglich zur betrachtenden Verfügung!



Erez Israeli, Joke No 5, 2015 | Bildquelle: Galerie Crone


"Erez Israeli zählt zu den bekanntesten Künstlern der jüngeren Generation in Israel. In seinen Arbeiten beschäftigt er sich mit dem Antisemitismus, dem Holocaust, der Beziehung zwischen Deutschland und dem Judentum, aber auch mit der politischen Situation in seiner Heimat.

Beispielweise nähte er sich für seine Video- und Fotoarbeit
Jewish Lessons (2009) mit Nadel und Bindfaden einen Davidstern in die Brust, um ihn in seiner grausamen, im wahrsten Sinn des Wortes schmerzhaften Bedeutung zu versinnbildlichen. An diese Arbeit knüpft er jetzt in seiner aktuellen Ausstellung bei Crone an, allerdings indem er die Konnotation genau ins Gegenteil verkehrt. Acht Wochen lang besuchte er an jedem Sonntag den Berliner Techno-Klub Berghain. Am Eingang erhielt er wie üblich jedes Mal einen Einlassstempel. Diesen Stempel wusch er am nächsten Tag nicht ab, sondern ließ ihn sich in die Haut eintätowieren. Den Vorgang hielt er in zehn Photographien und einer Video-Arbeit fest. Sie bilden ein zentrales Element der Ausstellung und verbinden kollektive Erinnerung mit kollektiver Ektase: Unweigerlich wird dem Betrachter vor Augen geführt, dass selbst das radikalste Bekenntnis eines jungen Israeli zum heutigen, kontemporären Deutschland mit seiner faszinierenden Tanz- und Nachtclubkultur nicht ohne Bezug zu den historischen Gegebenheiten gesehen werden kann, dass also beim freiwilligen Eintätowieren von Einlassstempeln des erklärten Lieblingsclubs sofort auch die Erinnerung an das Eintätowieren der Häftlingsnummer in den Vernichtungslagern der Nazis mitschwingt."

(Quelle: Galerie Crone)



Erez Israeli, Stempelwald, No.5, 2015 | Bildquelle: Galerie Crone


Die Schau hat eine zweiseitige, schöne Vorgeschichte:

Erez Israeli sowie Norbert Bisky [dessen Einzelausstellung BALAGAN noch bis 30. August Auf Bötzow sehbar ist] kannten sich schon was länger; und sie tauschten dieses Jahr für die drei ersten Wintermonate ihre privaten Ateliers - Israeli bezog Biskys Friedrichshainer Arbeitsräume in der Boxhagener Straße (400 Quadratmeter), und Bisky zog nach Tel Aviv in Israelis Domizil (18 Quadratmeter). Die Zwei wollten es also - so gesehen - räumlich schon extrem; der eine "vergrößerte", der andere "verkleinerte" sich...

Während Bisky am Mittelmeer eine Reihe neuer Riesenformate (so wie bei ihm üblich) kreierte, wusste Israeli erst mal nicht so recht, was er in diesem für ihn irrsinnsgroßen Atelier von Bisky anfangen oder beginnen sollte - erst mal nicht. Und so verinnerlichte er zunächst, wie nebenbei, Berlin als Party-, Kneipenstadt und Freiheitspuls. Wahrscheinlich, wie er mehrfach schon verlauten ließ, will er demnächst hierher ziehen...

Room [s.u.] ist dann eines dieser freiheitlichen Resultate: Männer (in großformatigen Tusche-Malereien auf Holz), die in verfänglich anmutenden Posen, Stellungen und sexuellen Interaktionen zu beäugen sind. Alles ist dunkel gehalten - - und so kann man es im Berghain miteinander treiben; sehr authentisch alles Das [der Schreiber dieser Zeilen kennt sich da, aus eigenem Erleben dort, ganz hochvorzüglich aus]. Und Israeli hat dem ganzen Treiben zusätzlich noch Marionetten-Fäden beigefügt, d.h. zieht man an diesem oder jenem Faden, heben oder senken sich die Schwänze, beispielsweise: Überraschung! :-)



Erez Israeli, Room, 2015 | Bildquelle: Galerie Crone


Nach der sog. Last der Vergangenheit befragt, äußerte Erez Israeli sich wie folgt: "Sie hat so wenig mit der eigenen Gegenwart zu tun, 70 Jahre, das ist eine lange Zeit." (Quelle: Berliner Morgenpost)

Natürlich stellt er sich auch diesem schweren Erbe: Auf zwei Bildern sind brennende Häuser (könnten sogar Synagogen sein) zu sehen. Vor dem einen, links und winzig klein, ein Feuerzeug aufs Bild geklebt, welches auf Brandstiftung und Brandanschlag verweisen könnte - vor dem andern Bildmotiv er selbst, mit überlanger Möhrennase (etwas "hilflos") karikiert.

Wer's bis zum nächsten Samstag also hoffentlich noch zeitlich schaffen sollte: Nichts wie hin zu The Difference Between OOOOH and AAAAH!!


Andre Sokolowski - 18. April 2015
ID 8581
Erez Israeli, The Difference Between OOOOH and AAAAH (Galerie Crone, 28.03.-25.04.2015)

Öffnungszeiten:
Di - So | 11 - 18 h
Mo | geschlossen

Galerie Crone
Rudi-Dutschke-Straße 26
10969 Berlin

Tel: +49-30-2592449-0
Fax: +49-30-2592449-16


Weitere Infos siehe auch: http://www.cronegalerie.de


Post an Andre Sokolowski

http://www.andre-sokolowski.de

Siehe auch: Norbert Bisky's BALAGAN



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