Bilderserien
von Ingo Schmid |
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KÜNSTLERPORTRÄTS:
Ingo Schmid
"TÜRKISCH
ROT"
- Rauminstallation |
Die
Rauminstallation von Ingo Schmid befaßte sich 1998 mit der ursprünglichen
Nutzung der Gebäuden der Freien Kunsthochschule Nürtingen, in denen
sich im vorigen Jahrhundert eine Türkischrotfärberei befand. In
der heutigen “Galerie in der Fabrik” war früher der Maschinensaal,
in dem Spinn- und Kämmaschinenen untergebracht waren.
Mit
Türkischrot ist kein bestimmter Farbton gemeint, sondern ein eigentümliches
Verfahren, das allerdings prächtige rote Nuancen ergibt:
Die
mit Tonerde gebeizten und anschließend mit verseiftem Rizinusöl,
Kuhblut und -dung vorbehandelten Baumwollfasern wurden dann mit
Alizarin (Farbstoff der Krappwurzel) gefärbt und zuletzt gedämpft.
Das davon gefertigte Gewebe war wasch-, licht-, säure- und alkaliecht.
Zur
Jahrhundertwende wurde die Färberei zu einer Spinnerei/Kardiererei
erweitert. Die Produktion fand in dem oben abgebildeten Raum der
Galerei statt, der sich bis heute nur unwesentlich verändert hat.
In
dieser Arbeit von Ingo Schmid, der sich über Wochen mit Spinnerei,
Färberei und Kämmerei auseinandersetzte, begegnete die Farbe Türkischrot
kubischen und diagonalen Konstruktionen, deren Abmessungen und Richtungen
im Raum weitgehend von der Form und den Maßen der Kardier- und Spinnmaschinen
bestimmt waren.
Dadurch
entstand in dem 18 x 12 m großen Raum ein Raumbild, das auf visuellem
Weg einen emotionalen Zugang zur damaligen Arbeitsatmosphäre ermöglichen
konnte, gleichzeitig aber auch eine Verbindung zur heutigen Nutzung
als Kunstraum herstellte.
Die
ineinandersgesteckten Holzleisten griffen orginalgetreu die Proportionen
der ehemals im Raum befindlichen Maschinen auf. Die ursprünglich
acht Kämmaschinen wurden durch Quader von 3 x 3 m und einer Höhe
von 1,85 m und die fünfzehn Spinnmaschinen durch aufgestellte
Rechtecke dargestellt.
Die
Diagonalen sind die abstrakte Interpretation der Maschinentriebriemen
- wie sie auf der historischen Abbildung des Raumes ebenfalls zu
sehen sind.
Die
Besucher konnten die Installation von verschiedensten Standpunkten
aus betrachten und auch durch “die Maschinen” hindurchgehen.
Die
obigen Innenaufnahmen zeigen die Installation aus unterschiedlichen
Betrachterstandpunkten. Die Modellansicht unten veranschaulicht
das Gesamtbild des Konzeptes.
Die
Elemente des skultpuralen Enviroments - Dimension, Farbe und Anordnung
- waren weder intuitiv entstanden, noch das Ergebnis eines autonomen
plastischen Prozesses. Vielmehr basierte die Arbeit auf eingehender
Faktenrecherche und stellte somit erfolgreich einen Bezug zur Geschichte
des Hauptgebäudes der Freien Kunstschule Nürtingen her.
Damit
war Ingo Schmid eine Gratwanderung gelungen: Einer sinnlichen Erfahrbarkeit
wurde ein dokumentarischer Inhalt zur Seite gestellt und die Arbeit
somit um eine historisch-politische Komponente bereichert.
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