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Unerwünschtes

Lachen



Plakatmotiv der Wiener ALBERTINA modern, darauf: Erwin Wurm, Hoody I, 2023 © Erwin Wurm / Bildrecht, Wien 2024 | Foto: Markus Gradwohl

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Wo Betrachter, beiläufig oder gezielt, Werken von Erwin Wurm begegnen, ist ihre Reaktion stets die gleiche: sie lachen. Offensichtlich erzeugen überdimensionale Gurken, deformierte Autos oder entstellte Körper zwischen Giacometti und Botero einen komischen Effekt. Dabei gehören Wurms Verfahren seit je zur Kunst: Entfernung aus dem gewohnten und Schaffung eines neuen Kontexts; Verzerrung und Eingriff in die Dimensionen; Aufladung von Alltäglichem mit (scheinbarer) Bedeutung. Erwin Wurm selbst versichert denn auch, dass seine Objekte nicht komisch seien. Es nützt nichts. Die Leute lachen.

Jetzt hat die Wiener ALBERTINA in ihrer Dependance für die Moderne im Künstlerhaus zum 70. Geburtstag Erwin Wurms eine große Retrospektive zusammengestellt. Der Hirmer Verlag hat dazu einen prachtvollen Katalog herausgegeben.

Erwin Wurm ist für seine raumgreifenden Plastiken bekannt. Man begegnet ihnen in Ausstellungen und Museen, aber auch im öffentlichen Raum. Oft integriert er lebende Menschen in kuriosen Haltungen in seine Kunstwerke. Die Jubiläumsaustellung bietet Gelegenheit, auch Wurms grafisches Werk zu bestaunen, das teilweise ebenfalls einen Zug ins Groteske, zugleich aber ein starkes Talent für „akademische“ Techniken aufweist, sowie Fotoserien. In Wurms Werk treffen Disziplin und Anarchie aufeinander. Zum Effekt des Komischen tragen oft auch die Titel bei, die in einer sehr wienerischen Tradition stehen.

Bei der Hose, die als Urinal dient, mag man an einen anderen Einfluss denken, an Marcel Duchamp und den Dadaismus. Der transparente leere Kubus mit dem Titel Ohne Titel wiederum erinnert an Timm Ulrichs. Pullover lassen die verschiedenartigsten Formen zu: Material statt Kleidungsstück.

Und dann, klar doch, die Wurmschen Gurken in allen Größen und an allen unpassenden Orten. Aus Würsten entwirft Erwin Wurm einen Turm der Sozialistischen Internationalen (hallo, Wladimir Tatlin), einen Hund oder ein küssendes Paar. Aufsehen erregend: die rundlich aufgeblasenen Großobjekte, ein Hot Dog Bus, ein Convertible, ein Haus, die Schöpfungen legendärer Architekten.

Zwei Bildfolgen mit den Titeln Thinking about Kant und Thinking about Montaigne ähneln sich bis ins Detail. Ob sich der Modephilosoph und Universalspezialist Konrad Paul Liessmann, der zum Katalog einen umfangreichen Text beigesteuert hat, veräppelt fühlt? Wohl kaum. Dafür fehlt ihm der Humor. Und Erwin Wurm will ja auch gar nicht komisch sein.
Thomas Rothschild – 28. Oktober 2024
ID 14989
Weitere Infos siehe auch: https://www.albertina.at/albertina-modern/


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