Kreuzfahrt-
schiffe
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Bewertung:
Die "Peninsular and Oriental Steam Navitation Company" erfand im 19. Jahrhundert das Konzept Kreuzfahrt. Die Route führte damals von England zur Iberischen Halbinsel. Mark Twain unternahm 1867 eine mehrmonatige Kreuzfahrt von New York zum Mittelmeer. Die "Quaker City" konnte 100 Passagiere aufnehmen. 1891 entwickelte Albert Ballin das Konzept Vergnügungsreise per Schiff in südlichere Gefilde. Damit reaktivierte er Schiffe, die im Winter nur in der Werft lagen und keinen Gewinn brachten. Die "Augusta Victoria" konnte 240 Passagiere aufnehmen. Ihr Ziel war Konstantinopel. Das erste echte Kreuzfahrtschiff hieß "Prinzessin Victoria Luise" und wurde als solches von der Hamburger Reederei HAPAG im Dezember 1900 gebaut.
Der Exodus Anfang des 20. Jahrhunderts in die USA spornte die großen Werften und Kompanien in ganz Europa an, schnellere, schönere und bequemere Luxusdampfer zu konstruieren, die sehr viel mehr Menschen aufnehmen konnten. Zeit ist Geld, und die Reichen und Schönen sollten in Rekordzeit über den Atlantik gebracht werden. Die aus Italien avantgardistische Motoren und Geschwindigkeit verherrlichende Futurismus-Bewegung sowie die Ästhetik des Art Déco waren die Inspirationsquellen für diese faszinierenden, eleganten Kreuzfahrtschiffe. Die 1. Klasse so eines Atlantik-Riesen glich einem schwimmenden Palast mit Tanzsälen und Luxusrestaurants. Die Reisenden warfen sich zum Abendessen in große Garderobe. Angesagte Designer wie Le Corbusier oder Eileen Gray entwickelten bequeme Liegestühle für das Sonnendeck und elegantes Geschirr für die Gala-Diners mit Fünf-Gänge Menus.
Diese Schiffe hießen unter anderem "Europa", "Bremen", "Normandie" oder "Queen Mary". Sie brachten Anfang des 20. Jahrhunderts in Rekordzeiten Vergnügungsreisende in der 1. Klasse und Immigranten (meist in der 3.) von Europa nach New York.
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Eine interessante und umfangreiche Ausstellung im Musée d´arts de Nantes befasst sich zur Zeit in der Schau Paquebots 1913-1942. Une esthétique transatlantique (dt.: Kreuzfahrtschiffe 1913-1942. Eine transatlantische Ästhetik) mit diesem Phänomen.
180 Gemälde, Poster, Fotos, Objekte, Filme von vielen zum Teil bekannten Künstlern wie Marcel Duchamp, Fernand Léger, Albert Gleizes, Eileen Gray, Walker Evans oder Charles Sheeler begleiten den Besucher durch die Ausstellung und erklären, wie faszinierend Schiffsschrauben und ineinander verschlungene Rohre sein können, wie beeindruckend die Silhouette eines Schiffsmastes mit den geometrisch verlaufenden Schiffsleinen ist und welche Faszination von der geschwungenen Linie des Buges ausgeht. Eine neue Ästhetik war entstanden. Diese modernste und bahnbrechende Technik beeinflusste und inspirierte ihrerseits wieder Künstler und Architekten sowie Filmemacher und Fotografen.
Das Kreuzfahrtschiff "France" transportierte 1913 DIE Exponate für die bahnbrechende Armory-Show nach New York. Der französische Konzeptkünstler und Surrealist Marcel Duchamp überquerte den Atlantik zwischen 1915 und 1955 insgesamt 19 mal. Die Nachbildung seiner "Schachtel im Koffer" (original: La Boîte-en-valise) aus dem Jahre 1934 ist in der Ausstellung zu sehen. Damit konnte er immer in Begleitung, wenn auch nur in Miniatur, seiner wichtigsten Werke reisen. Marlene Dietrich ließ sich 1933 auf der "Europa" in Männerkleidung und rauchend auf einem Liegestuhl fotografieren und riskierte ein Problem bei ihrer Einreise nach Frankreich, wo Hosen für Frauen verboten waren.
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Saalansicht zur Ausstellung Paquebots 1913-1942 im Musée d´arts de Nantes Foto: Jean-Noel Pettit
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Schon ab Mitte der 1930er Jahren wurde diese Überquerung des Atlantiks per Schiff für immer mehr Passagiere zu einer Reise ohne Rückfahrkarte.
Das französische Passagierschiff "Normandie" war seinerzeit das größte Schiff der Welt, ganz im Art-Déco-Stil gehalten. Es galt als Meilenstein in der Schiffswelt. Im Zweiten Weltkrieg wurde es von der US Marine konfisziert und verbrannte 1942 unter dem Namen "Lafayette" am Kai des New Yorker Hafens.
Die "Bremen" und ihr Schwesterschiff "Europa" waren Luxus-Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyds. Die "Bremen" gewann 1929 das Blaue Band des schnellsten Schiffes auf der Transatlantik-Route nach New York. Während ihrer Überfahrt 1939 bekam sie den Befehl den Funkverkehr einzustellen. Kaum in New York angekommen, wurde sie ohne Erklärung und ohne Passagiere nach Deutschland zurückgeschickt. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges lag sie im sowjetischen Hafen Murmansk. Dort wurde sie grau gestrichen und Instrument der Geheimdiplomatie. Über Umwegen kam sie im Dezember 1939 in Wesermünde an. Aufgrund der grauen Farbe konnte sie von den britischen Schiffen nicht gesichtet werden. 1940 wurden die "Bremen" und die "Europa" zum Truppentransporter für das Unternehmen Seelöwe umgerüstet. 1941 brach auf der "Bremen" ein Feuer aus, das nicht gelöscht werden konnte. Das Schiff wurde auf Grund gesetzt, alle brauchbaren Teile ausgebaut, der Rest verschrottet.
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Saalansicht mit dem Liegestuhl Transat (1926) von Eileen Gray - in der Ausstellung Paquebots 1913-1942 im Musée d´arts de Nantes | Foto: Jean-Noel Pettit
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Die "St. Louis" fuhr normalerweise die Route Hamburg – New York/Halifax. 1939 stach sie von Hamburg aus mit 937 Passagieren, nahezu ausnahmslos deutsche Juden, mit dem Ziel Havanna in See. Ihre Irrfahrt hatte begonnen. Die kubanische Regierung verweigerte ihr das Anlegen am Pier. Erst nach langwierigen Verhandlungen des Kapitäns mit den Regierungsverantwortlichen konnten 29 Passagiere von Bord gehen. Die verbleibenden durften das Schiff nicht verlassen, das daraufhin sein Glück in den Vereinigten Staaten versuchte. Präsident Roosevelt verweigerte auf innenpolitischen Druck ebenfalls ein Anlegen der "St. Louis" in den USA. Sie musste umkehren und wieder nach Europa zurückfahren. Dort wurden die Flüchtlinge schließlich von Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien aufgenommen. Mit der Besetzung 1940 von Frankreich, Belgien und den Niederlanden kamen die Flüchtlinge allerdings wieder unter den Herrschaftsbereich des NS Regimes, was 254 Passagieren das Leben kostete.
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Christa Blenk - 3. Januar 2025 ID 15085
Die Ausstellung dauert noch bis zum 23. Februar 2025. Sie ist eine Koproduktion des Kunstmuseums Nantes mit dem MuMa, dem Museum für moderne Kunst André Malraux in Havre und auf jeden Fall sehenswert und sehr informativ.
https://museedartsdenantes.nantesmetropole.fr
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