Ein Wrack
im
Gasometer
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Bewertung:
Wer ein Faible für alte Industrieanlagen pflegt, kommt allein schon vom Ausstellungsort her gesehen auf seine Kosten. Die Ausstellung findet im historischen Gasometer in Leipzig statt, 1910 wurde der runde Gigant gebaut, umgeben ist er mit einer grünen Fernwärmeleitung und nennt sich nun Panometer.
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Das Panometer in Leipzig | Foto (C) Zaubi M. Saubert
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Die Ausstellung greift die vorgegebene Architektur auf, zunächst mit einem Rundgang, dann mit dem Panoramabild selbst, eine 360°-Darstellung des Meeresbodens mit den Wrackteilen der Titanic. Die begleitende Ausstellung über die Industrialisierung und die Bedeutung von „König Stahl“ führt zum Thema hin, denn erst mit diesem Werkstoff wurde es möglich, einen Giganten wie die Titanic zu bauen. Filmsequenzen in Schwarz-Weiß illustrieren die damalige Bearbeitung der glühenden Rohlinge, beeindruckende Bilder dokumentieren die Produktion von Stahl.
„Wenn morgen meine Hämmer wieder gehen, habe ich mehr Musik, als wenn alle Geigen der Welt spielen“, wird Alfred Krupp (1812 – 1887) zitiert.
Und während ich noch ganz fasziniert zwischen den Bilder einher gehe, lugt auf einmal ein immenser Schiffsbug um die Ecke. Der Bug der Titanic, im Maßstab 1:1, fast dreißig Meter hoch.
Ein paar Schritte weiter, im Innenraum des Panometers, wird die Faszination für die Konstruktion jäh zerstört. Da liegt das Wrack des stolzen Schiffes geborsten am Meeresgrund. Im April 1912 brach das als unsinkbar geltende Schiff nach der Kollision mit einem Eisberg auseinander und rauschte in 3.800 Meter Tiefe hinab. 1.514 Menschen kamen ums Leben, die Wrackteile liegen noch heute am Meeresboden. Das Heck sank beinahe senkrecht und ist fast völlig zerstört, doch der Bug legte ca. 600 Meter seitlich zurück und steht auf dem Meeresgrund.
Man kann die Titanic besuchen, die Fahrt mit dem Tauchboot dauert etliche Stunden und ist kaum bezahlbar – oder ich gehe einfach ein paar Schritte weiter und bewege mich hier zwischen den kolossalen Wrackteilen, die immer noch einen Eindruck des gesamten Schiffes vermitteln. Fast unheimlich ist es, wenn leise die Musik des Orchesters erklingt, dessen Musiker bis zuletzt spielten, wenn wir Gabeln, Teller, Vasen, Koffer und Taschen und sogar einen Puppenkopf auf dem Meeresboden entdecken, dazwischen schwimmen Fische.
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Koffer und Fisch am Meeresboden | Foto (C) Zaubi M. Saubert
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Dann geht es hinauf auf dem Beobachtungsturm, auf dem sich das gesamte Panorama gut erfassen lässt. Da liegt er, der Riese; und die Löcher, die beim Aufprall auf dem Meeresboden entstanden sind, geben den Blick auf das Deck der Passagiere der dritten Klasse frei. Die Kommandobrücke mit der ganzen vorderen Schiffshälfte breitet sich vor dem Besucher aus. Daneben das Tauchboot „Alvin“, mit dem die erste bemannte Exkursion zur Titanic unternommen wurde. Das Boot liefert eine Lichtquelle auf dem Bild, und weitere Scheinwerfen strahlen das Szenario an, das sich nun rund um mich herum ausbreitet.
Die meisten Menschen stehen schweigend auf der Aussichtsplattform, die Faszination und der Respekt vor der Katastrophe sorgen für Ruhe unter den Besuchern.
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Schiffswrack der Titanic | Foto (C) Zaubi M. Saubert
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Yadegar Asisi hat dieses phänomenale Panoramabild geschaffen, es ist eine Kombination aus Digitaldruck und Malerei, die auf riesigen Stoffbahnen angebracht ist. Der aus Wien stammende Künstler hat bereits eine Reihe von Panoramabildern erzeugt, von historischen Momenten der Zeitgeschichte über Naturräume bis hin zu Stadtansichten.
Und wer erfahren möchte, wie dieses riesige Panoramabild entstanden ist, kann dies im Auditorium erfahren, ein ausführlicher Film zeigt die Arbeitsweise des Künstlers.
Das Panometer in Leipzig - wie auch das in Dresden - zeigt wechselnde Ausstellungen. Beim nächsten Mal werde ich mit Sicherheit wieder dabei sein.
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Ellen Norten - 24. Februar 2017 ID 9870
Yadegar Asisi, Titanic
360° Panorama
Öffnungszeiten:
Di - Fr | 10 - 17 h
Sa, So, feiertags | 10 - 18 h
Panometer Leipzig
Richard-Lehmann-Straße 114
04275 Leipzig
Weitere Infos siehe auch: http://www.panometer.de
Post an Dr. Ellen Norten
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